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Neue und vertraute Therapieoptionen
Leading Opinions
Autor:
OÄ Dr. med. Julia-Tatjana Maul
Leiterin der Psoriasis-Sprechstunde<br> Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich<br> E-Mail: julia-tatjana.maul@usz.ch
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02.05.2019
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<p class="article-intro">Mit den Fortschritten der Immunologie im Verständnis der Pathogenese der Psoriasis, der Technologie in der Entwicklung von Medikamenten mit erhöhter Selektivität und der Erkenntnis des Systemcharakters der Psoriasis hat sich die Therapie verbessert, ist aber auch komplexer geworden. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über Vor- und Nachteile aktuell verfügbarer sowie einen Ausblick auf kommende Therapeutika.</p>
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<p class="article-content"><h2>Systemische Therapie</h2> <p>Bei den mittelschweren bis schweren Fällen von Psoriasis, die mittels lokaler Massnahmen und Phototherapie nicht hinreichend kontrolliert werden können, sowie bei Psoriasis-Arthritis sind systemische Therapien indiziert. Man unterscheidet die Standardsystemtherapien Methotrexat, Acitretin, Ciclosporin A und die Fumarsäureester von den neueren Biologika.</p> <p><strong>Methotrexat eine günstige Option</strong><br /> Das Methotrexat (MTX) stellt eine günstige und kosteneffektive Option dar mit allerdings begrenzter Langzeitperspektive. Niedrig dosiert (7,5 bis max. 30 mg / Woche) zeigt MTX besonders gute Wirkung bei allen pustulösen Formen der Psoriasis, der psoriatischen Erythrodermie sowie der Psoriasis-Arthritis, aber auch bei der ausgedehnten Plaqueform-Psoriasis. MTX wirkt antiproliferativ und antiinflammatorisch durch Hemmung des Enzyms Dihydrofolatreduktase, womit die Bildung des wichtigen Metaboliten Tetrahydrofolsäure aus der Folsäure verhindert wird. Es führt in ca. 60 % der Fälle zu einer Verbesserung des Oberflächenbefalls der Psoriasis um 75 % (60 % PASI 75).<sup>1, 2</sup> Ein Ansprechen ist innerhalb von 2 – 6 Wochen zu verzeichnen. Die initiale Gabe ist 7,5 mg pro Woche, aufgrund der variablen Absorptionskinetik bei oraler Gabe ist die parenterale Form zu bevorzugen. Innerhalb der ersten 2 Wochen soll die Dosis auf die normale Erhaltungsdosis von wöchentlich 10–15 mg gesteigert werden, die Dosis ist alle 3 – 4 Wochen anzupassen. Die Gabe von 5 mg Folsäure p. o. 24 – 48 h später verbessert die Verträglichkeit. Der hauptsächliche Nachteil des MTX ist die begrenzte Kumulativdosis von ca. 1,5 g, welche typischerweise nach 2 – 4 Jahren erreicht wird. An dieser Grenze werden heute Prokollagen- III-Bestimmungen (Laboratoires Viollier) oder Leberbiopsien empfohlen, um eine Leberfibrose auszuschliessen.<sup>3</sup></p> <p><strong>Acitretin häufig als Kombinationspräparat</strong><br /> Diese Vitamin-A-Analoga wirken antiproliferativ und immunmodulierend. Das meist verwendete systemische Retinoid Acitretin (Neotigason<sup>®</sup>) zeigt in einer Dosierung von 20–75 mg 25 – 41 % einen PASI 75 innert 8–12 Wochen.<sup>4, 5</sup> Tiefere Dosierungen zeigen keinen Effekt. Acitretin wird bevorzugt bei pustulösen Formen der Psoriasis und der psoriatischen Erythrodermie eingesetzt. Die Initialdosis beträgt gewöhnlich 0,5 – 1 mg / kg / Tag. Nach Ansprechen kann auf 0,3 – 0,5 mg / kg / Tag als Erhaltungstherapie reduziert werden. Da häufige, wenn auch meist reversible Nebenwirkungen auftreten und das Medikament als Monotherapeutikum den anderen Präparaten unterlegen ist, wird es fast nur als Kombinationspräparat für die Photochemotherapie benutzt. Hier werden Remissionsraten von über 94 % erreicht. In jedem Fall müssen Patientinnen auf die teratogene Wirkung hingewiesen und für 3 Jahre effektive Antikonzeption betrieben werden.</p> <p><strong>Ciclosporin A als Rescue-Therapeutikum</strong><br /> Das aus dem Bodenschimmel Tolypocladium inflatum stammende, magensaftresistente Peptid Ciclosporin A (Sandimmun Neoral<sup>®</sup>) hemmt nukleäre Transkriptionsfaktoren in T-Zellen. Damit wird eine rasche zelluläre Immunsuppression erreicht. Mit einer oralen Gabe von 2,5 – 3 mg / kg / Tag in zwei Einzeldosen (der tiefstbeschriebenen Dosierung für Langzeitbehandlung)<sup>6, 7</sup> wird nach 8 –16 Wochen Therapie in 50 – 70 % der PASI 75 erreicht.<sup>8, 9</sup> Cyclosporin A hat den Nachteil vieler Nebenwirkungen, darunter die Entwicklung arterieller Hypertonie, Niereninsuffizienz, Tremor, Infektionen, Hypertrichose. Meist kann es nicht länger als einige Monate eingesetzt werden, deshalb ist es für die Wahl einer gut verträglichen Langzeittherapie für Psoriatiker normalerweise nicht geeignet. Heute wird es primär als Rescue-Therapie in Situationen benutzt, in denen der Hautstatus rasch (innert 4 Wochen) verbessert werden muss, wie z. B. bei Psoriasis erythrodermatica.</p> <p><strong>Fumarsäureester zur Langzeittherapie</strong><br /> Die Fumarsäureester (Fumaderm<sup>®</sup>) haben seit ihrer Entwicklung durch den selbst von Psoriasis betroffenen Chemiker Schweckendiek ihre Wirksamkeit in doppelblinden Studien unter Beweis gestellt.<sup>10–12</sup> Diese Stoffklasse ist ein Nebenprodukt im Zitratzyklus und hat den Vorteil eines sehr sicheren Wirkungsprofils, obschon es sich beim Therapiestart häufig mit lästigen Nebenwirkungen bemerkbar macht, wie z. B. durch Flush, Kopfschmerzen, Übelkeit, Diarrhö und passagere Lymphopenie. Wird es aber toleriert, kann es über Jahrzehnte eingenommen werden und die Psoriasis vollständig unterdrücken. Der PASI 75 wird nach 16 Wochen von 50 – 70 % der Patienten erreicht.<sup>10–12</sup> Es ist in der Schweiz nicht zugelassen, kann aber nach eingeholter Kostengutsprache der Krankenkasse unkompliziert über internationale Apotheken bezogen werden. Ein anderes Fumarsäure-Präparat ist in der Schweiz neu zugelassen (siehe unten).</p> <p><strong>Dimethylfumarat-Therapie</strong><br /> Die Dimethylfumarat(DMF)-Therapie (Skilarence<sup>®</sup>) hat aktuell im Februar 2019 die Zulassung zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis in der Schweiz erhalten.<sup>13</sup> Das sogenannte Hybrid-Generikum enthält nur DMF, hat aber die Galenik des in Deutschland seit 1994 erhältlichen Fumarsäureester(FAE)- Vielstoffgemisches Fumaderm<sup>®</sup>.<br /> In einer Phase-III-Zulassungsstudie (BRIDGE) wurde gezeigt, dass die Wirksamkeit und Sicherheit von der DMF-Monotherapie dem FAE-Vielstoffgemisch nicht unterlegen war. Die Patienten erreichten in dieser Studie nach der nur sehr kurzen Behandlungsdauer von 16 Wochen einen PGA 0–1 in 33 % der Fälle (PASI ≥ 75 , 37,5 %).<sup>14</sup><br /> Langzeitdaten aus einer retrospektiven Studie (FUTURE) über FAE aus Deutschland zeigten weiter eine gute und nachhaltige klinische Wirksamkeit bei gleichzeitig günstigem Sicherheitsprofil, wobei 80 % der Patienten FAEs als systemisches First-Line-Therapeutikum erhalten hatten. Die magensaftresistenten Tabletten, welche in 30 mg und 120 mg erhältlich sind, werden bei Therapiebeginn wöchentlich in 30 mg- Schritten auftitriert (1:1:1), um einen möglichst verträglichen Einstieg zu gewährleisten.<sup>13</sup> Die durchschnittliche Erhaltungsdosis liegt danach bei ca. 3 x 120 mg täglich.<sup>15</sup><br /> Die häufigsten Nebenwirkungen von DMF sind gastrointestinale Ereignisse, Flush-Symptomatik und Lymphopenie. Diese wurden in Studien grösstenteils als leicht bewertet und bilden sich häufig im Behandlungsverlauf zurück. Allgemein müssen Patienten unter FAEs aber regelmässig klinisch und im Labor nachkontrolliert werden, da Leuko- und Lymphopenien auch noch im späteren Verlauf auftreten können.<sup>13, 16, 17</sup><br /> Gemäss europäischem Expertenkonsensus von Ende 2018 erlaubt das günstige Sicherheitsprofil von FAEs zusammen mit ihrer Langzeitwirkung eine therapeutische Option der ersten Wahl, um eine nachhaltige Kontrolle der Erkrankung bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer chronischer Psoriasis zu erreichen, wenn die Erkrankung mit topischen Behandlungen und Phototherapie nicht ausreichend kontrolliert werden kann.<sup>16</sup></p> <h2>Biologika und Small Molecules</h2> <p>Da die Psoriasis als eine T-Zell-vermittelte Immunerkrankung aufgefasst wird, in der auch Zytokine eine wesentliche Rolle spielen, ergeben sich spezifische Ansatzpunkte für eine Therapie. Die Substanzklasse der Biologika, namentlich rekombinanter Antikörper bzw. löslicher Rezeptoren, können T-Zell-aktivierende Zytokine effektiv hemmen. Aktuell in der Schweiz für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Form-Psoriasis im Erwachsenenalter unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen sind die Tumor-Nekrose- Faktor(TNF)-α-Antagonisten Infliximab (Remicade<sup>®</sup>), Etanercept (Enbrel<sup>®</sup>) und Adalimumab (Humira<sup>®</sup>), der IL-12/23- Blocker Ustekinumab (Stelara<sup>®</sup>) und der IL-17A-Antagonist Secukinumab (Cosentyx<sup>®</sup>) und Ixekizumab (Taltz<sup>®</sup>) sowie der IL-23-Antagonist Guselkumab (Tremfya<sup>®</sup>).</p> <p><strong>TNF-α-Blocker</strong><br /> Etanercept (Enbrel<sup>®</sup>) ist ein löslicher TNF-α-Rezeptor, der s. c. gegeben wird. Man benutzt wöchentlich 50 mg, bei schweren Fällen 2 x wöchentlich 50 mg. Das Medikament führt bei 30 % innert 12 Wochen zu einer 75 %-Verbesserung des PASI.<sup>18</sup> Es ist als einziges Biologic auch bei pädiatrischer Psoriasis zugelassen (ab 2 Jahren in einer Dosierung von 10 mg).<sup>19</sup> Für die Zukunft stellt sich insbesondere für die Psoriasis- Arthritis im Kindesalter die Frage, inwieweit eine frühzeitige Behandlung mit Etanercept einen destruierenden und invalidisierenden Verlauf verhindern kann.<br /> Infliximab (Remicade<sup>®</sup>) ist ein chimärer Maus-Mensch-Antikörper gegen TNF-α, der nach der initialen Aufdosierung alle 8 Wochen als Infusion verabreicht wird. Es ist bei schweren Patienten günstig, da es gewichtsadaptiert gegeben werden kann, und ist der aktuell wirksamste TNF-α-Antagonist, hat aber den Nachteil einer nachlassenden Wirkung über längere Zeit wegen einer Antikörper-Bildung.<br /> Adalimumab (Humira<sup>®</sup>) ist ein vollhumanisierter TNF-α-Antikörper, der alle 2 Wochen s. c. gespritzt wird und eine gute Effektivität mit grosser Patientenautonomie kombiniert. Sowohl Infliximab als auch Adalimumab sind dem Etanercept in der Wirkungsstärke überlegen.</p> <p><strong>IL-12/23-Blocker</strong><br /> Der IL-12/23-Blocker Ustekinumab (Stelara<sup>®</sup>) ist ein vollhumanisierter Antikörper, der die gemeinsame Untereinheit von IL-12 und IL-23 bindet. Beide Zytokine sind in lokalen Immunreaktionen wichtig. Obwohl sie für die Entwicklung psoriatischer Hautveränderungen unabdingbar sind, scheinen sie nicht essenziell zu sein für die normale Immunität, da in Studien keine signifikanten unerwünschten Wirkungen aufgetreten sind im Placebovergleich. Auch in Langzeitstudien zeigten sich keine erhöhten Infektionsraten, was das Medikament zu einer der sichersten Psoriasistherapien überhaupt macht.<sup>20, 21</sup></p> <p><strong>IL-17A-Blocker</strong><br /> Ein weiteres Biologikum, das im Jahr 2015 auf den Markt gekommen ist, ist der IL-17A-Blocker Secukinumab (Cosentyx<sup>®</sup>). IL-17A ist ein Botenstoff, der u. a. von den T-Helferzellen vom Typ 17 (Th17) produziert wird und sehr spezifisch für lokale Entzündungen verantwortlich ist, indem neutrophile Granulozyten und Monozyten lokal an Orte der Entzündung rekrutiert werden. Der Vorteil dieser selektiven Hemmung der Immunantwort ist, dass die Nebenwirkungen aufgrund der Hemmung dieser Zytokine begrenzt sind. Secukinumab wird innerhalb des ersten Monats wöchentlich 300 mg s. c. verabreicht, ab Woche 5 erfolgt eine monatliche Applikation. Zwei Phase-III-Studien über Secukinumab bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis zeigen, dass eine PASI- 75-Verbesserung zu Woche 12 der Psoriasistherapie im Vergleich zum Zustand vor der Therapie 77,1 % bis 81,6 % aller Patienten erreichten. In einer Vergleichsstudie wurde gegen eine Behandlung mit Etanercept verglichen, hier erreichten nur 44 % den PASI 75 zu Woche 12, während Placebo diesen Endpunkt jeweils in weniger als 5 % der Fälle erreichte. Zur Woche 52 zeigte sich ein PASI-90-Ansprechen bei 39 % bei Enbrel, Secukinumab 300 mg war zu diesem Zeitpunkt bei 70,6 %. Die Nebenwirkungen der IL-17-Antagonisten wurden in Phase-III-Studien untersucht.<sup>22</sup> Das Medikament zeigte ein ähnliches Sicherheits- und Nebenwirkungsprofil wie die älteren Biologika. Im Vergleich zu Placebo zeigte sich in der Induktionsperiode eine leicht erhöhte Inzidenz von unerwünschten Wirkungen, insbesondere diejenigen infektiöser Art. IL-17 spielt eine Schlüsselrolle in der Abwehr von mukokutanen mikrobiellen Erregern. Diese werden unter anderem durch neutrophile Granulozyten abgewehrt, für welche IL-17A eine wichtige Rolle für die Migration und Granulopoese spielt. Dies erklärt, warum die Inzidenz von unkomplizierten Candida-Infektionen dosisabhängig erhöht ist. Alle Candida-Infektionen konnten mit Standardtherapeutika behandelt werden und führten nicht zu einer Unterbrechung der Biologika- Therapie. Zusätzlich kam es zu einigen Neutropenien, die sich aber spontan wieder erholten. In Studien konnte gezeigt werden, dass Secukinumab ebenfalls eine gute Therapiealternative bei Psoriasis-Arthritis darstellt. Als Endpunkt wird das ACR-20 benutzt, ein Standard-Score, der die 20 %ige Verbesserung der Symptome der Psoriasis- Arthritis misst. Zur Woche 24 erreichten diesen ca. 50 % der Secukinumab-Behandelten im Vergleich zu 18 % der Placebopatienten. In einer zweiten Studie erreichten 39 % der Patienten, die mit 300 mg Secukinumab behandelt wurden, den ACR-20 im Vergleich zu 15 % der Placebogruppe.<sup>23</sup></p> <p><strong>PDE-4-Inhibition</strong><br /> Ein weiteres 2015 in der Schweiz erschienenes Medikament ist Apremilast (Otezla®), ein oraler kleinmolekularer Phosphodiesterase- 4(PDE-4)-Inhibitor zur Behandlung der Psoriasis (PsO) und Psoriasis- Arthritis (PsA), der zur Gruppe der «small targeted molecules» gehört. Der PDE-4-Inhibitor Apremilast reguliert intrazellulär die Produktion von inflammatorischen Zytokinen, welche in der Immunpathophysiologie der PsO eine Rolle spielen durch eine intrazelluläre cAMP-Spiegelanhebung. Die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen (wie TNF-α, IL-23, IL- 17) wird reduziert, während die Produktion von antiinflammatorischen Zytokinen gefördert wird. In den Studien ESTEEM 1 & 2 erreichten in Woche 16 rund sechsmal mehr Patienten unter Otezla ein PASI-75-Ansprechen als unter Placebo, trotzdem erreicht nur ein Drittel der Patienten eine 75 %ige Besserung der Psoriasis innert 16 Wochen. Allerdings kann dieses Ansprechen über 52 Wochen aufrechterhalten werden. 22 % der mit Otezla therapierten Patienten erreichten zudem bereits nach 16 Wochen eine fast vollständige Abheilung der PsO (sPGA: 21,7 % vs. 3,9 %). Zudem zeigte Otezla bei schwer zu behandelnden Lokalisationen wie Skalp- (scPGA) und Nagelbefall (NAPSI) bereits in Woche 16 gute Resultate. Der Juckreiz ging bei mit Otezla Behandelten nach 16 Wochen Behandlung stärker zurück als bei Patienten unter Placebo, auch hier wirken allerdings einzelne Biologika rascher und möglicherweise stärker. Die Lebensqualität verbesserte sich unter der Behandlung mit Otezla klinisch signifikant verglichen zur Placebogruppe (DLQI-Response ≥ 5 Reduktion: 70 % vs. 34 %).<sup>24</sup> Die Otezla-Behandlung wurde gut toleriert (kein erhöhtes Risiko für Infektionen) und führte entsprechend zu einer niedrigeren Rate von Therapieabbrüchen. Zu den aufgetretenen Nebenwirkungen zählten: Diarrhö, Nausea, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege meist innerhalb der ersten zwei Behandlungswochen. Die Diarrhö-Symptome verschwanden ohne medizinische Intervention bei fortgeführter Otezla-Therapie im Allgemeinen innerhalb von 4 Wochen.<sup>24, 25</sup> Apremilast wird inital als Titration für 5 Tage mit 30 – 120 mg bis 720 mg (Titrationspackung mit 10 / 20 / 30 mg), dann als Erhaltungstherapie mit 30 mg 2 x täglich verabreicht. Ebenfalls kann es auch zur Behandlung von PsA eingesetzt werden, wie es in der PALACE-1-Studie (n=504) gezeigt wird. Die Behandlung mit Otezla führte im Vergleich zu Placebo in Woche 16 zu einem signifikant höheren ACR-20-Ansprechen (Otezla: 38,1 %, Placebo: 19,0 %). Die ACR-20-Ansprechrate verbesserte sich zunehmend zwischen Woche 24 bis Woche 52 auf 63 % (Apremilast 20 mg BID) bzw. 55 % (Apremilast 30 mg BID). Unter Otezla zeigte sich ebenfalls eine signifikante Verbesserung der Zeichen und Symptome (Schwellung, Schmerz, Enthesitis, Daktylitis) der PsA, der physikalischen Funktionsfähigkeit, der Lebensqualität (SF36, HAQ-DI). Die Verbesserungen der relevanten Parameter konnten bis Woche 52 aufrechterhalten werden.<sup>25</sup><br /> Ixekizumab (Taltz<sup>®</sup>) ist ein für Interleukin 17A selektiver, rekombinanter, humanisierter, monoklonarer Antikörper mit hoher Affinität und Spezifität. Seit Anfang 2017 ist Ixekizumab zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen und seit Ende 2018 auch zur Behandlung erwachsener Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis indiziert. Die empfohlene Dosis beträgt 160 mg als subkutane Injektion (zwei 80 mg-Injektionen) in Woche 0, gefolgt von 80 mg (eine Injektion) alle zwei Wochen bis Woche 12 und danach 80 mg (eine Injektion) monatlich als Erhaltungsdosis.<sup>26</sup><br /> In zwei Phase-III-Studien (UNCOVER-2 und UNCOVER-3) erreichten Patienten über 12 Wochen ein signifikant besseres PASI-75-, PASI-90- und PASI-100-Ansprechen unter Ixekizumab als unter Placebo und Etanercept. Bei Woche 12 erreichten 68 – 71 % der Patienten unter Ixekizumab ein PASI-90-Ansprechen und ca. 40 % einen PASI 100. Unter Ixekizumab wurde ein schneller Wirkeintritt beobachtet, ca. 50 % der Patienten erreichten ein PASI-75-Ansprechen nach 4 Wochen.<sup>27</sup><br /> In einer weiteren Phase-III Studie (IXORA- S) konnte ebenfalls die Überlegenheit von Ixekizumab im Erreichen von PASI-75-, PASI-90- und PASI-100-Antworten gegenüber Ustekinumab gezeigt werden (Woche 12 bis 52).<sup>28</sup> Im Phase-III-Studienprogramm konnte ein vergleichbares Sicherheitsprofil wie das der anderen Biologika gezeigt werden.<sup>27, 28</sup> Reaktionen an der Injektionsstelle gehören zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen unter Ixekizumab, treten jedoch meist am Anfang (mild bis moderat) auf und führen üblicherweise nicht zum Behandlungsabbruch.<sup>27–29</sup> Ixekizumab zeigt ein gutes Wirksamkeitsprofil über drei Jahre, wobei 59 % der Patienten einen absoluten PASI ≤ 1 erzielten.<sup>30</sup><br /> Gutes Ansprechen unter Ixekizumab kann ebenfalls bei «hard-to-treat areas» (wie Nagelpsoriasis und Genitalpsoriasis) gezeigt werden.<sup>31, 32</sup></p> <p><strong>Spezifische IL-23-Blockade</strong><br /> Guselkumab (Tremfya<sup>®</sup>), ein humaner monoklonaler Antikörper mit neuem Wirkmechanismus, der sich gegen das IL-23- Protein richtet, wurde im Juni 2018 für die Behandlung von mittlerer bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen. Aktuell laufen Studien zur Behandlung von moderater bis schwerer PsA, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.<br /> IL-23 ist ein entzündungsförderndes Zytokin, das als wichtiger Botenstoff für die Entstehung von Autoimmunkrankheiten identifiziert wurde. Es spielt vor allem bei der Entstehung der Plaque-Psoriasis eine entscheidende Rolle.<sup>33, 34</sup><br /> Guselkumab wird als subkutane Injektion zu 100 mg alle acht Wochen verabreicht. Zu Behandlungsbeginn werden zwei Startdosen in den Wochen 0 und 4 injiziert. In den VOYAGE-1- und -2-Studien wurde Guselkumab mit Placebo und Adalimumab verglichen. Die Ergebnisse zeigten bereits nach 16 Wochen eine signifikante Verbesserung des Hautzustands: PASI 90 unter Tremfya<sup>®</sup> 73,3 bzw. 70,0 % gegenüber 49,7 bzw. 46,8 % unter Adalimumab (p < 0,001).<sup>35, 36</sup> Schliesslich wurde in der Studie NAVIGATE gezeigt, dass mit Stelara<sup>®</sup> (Ustekinumab) behandelte Patienten, die in Woche 16 ungenügend darauf angesprochen hatten (Investigator’s Global Assessment Score 0 oder 1), signifikant von der Umstellung auf Tremfya<sup>®</sup> profitierten. Unter randomisierten Patienten verzeichnete die Tremfya<sup>®</sup>-Gruppe eine signifikant höhere mittlere Anzahl an Besuchsterminen, bei denen Patienten einen IGA-Score von 0 oder 1 und zwischen Woche 28 und 40 (im Vergleich zu Woche 16) gegenüber der Stelara<sup>®</sup>-Gruppe mindestens eine Verbesserung von zwei Graden erzielten (1,5 vs. 0,7; p < 0,001).<sup>37</sup><br /> Während des klinischen Entwicklungsprogramms von Tremfya<sup>®</sup> bei Psoriasis zeigten sich keine klaren Signale eines erhöhten Risikos von Malignitäten, schweren kardiovaskulären Ereignissen oder schweren Infektionen, einschliesslich Tuberkulose und reaktivierter latenter Tuberkulose.<sup>35–37</sup> Folgende Nebenwirkungen wurden in den Studien VOYAGE 1 und 2 in den ersten 16 Wochen beobachtet: Nasopharyngitis (Erkältungssymptome), Infektionen der oberen Atemwege, Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Juckreiz und Rückenschmerzen. Die Art der gemeldeten Nebenwirkungen blieb während 48 Behandlungswochen konsistent.<sup>35–36</sup></p> <h2>Schlussbemerkung</h2> <p>Insbesondere die Etablierung der Biologika und der Small Molecules in der Behandlung der schweren Psoriasisformen hat in der Dermatologie zum Paradigmenwechsel geführt: Die Haut ist nun wieder Teil des ganzen Körpers. Nicht nur die Haut, sondern auch Psyche, Herz-Kreislauf-System und Bewegungsapparat sind von der Psoriasis gleichermassen betroffen. Nicht zuletzt durch die klinischen Studien mit den Biologika ist die Aufmerksamkeit für Instrumente zur Lebensqualitätsmessung als ein weiteres Mass für Behandlungserfolg geweckt worden, und wir sind überaus gespannt zu sehen, inwieweit der Einsatz der Biologika sich auch längerfristig günstig auf die Komorbiditäten und die Lebenserwartung auswirken wird. Ob in der Klinik oder der dermatologischen Praxis: Entscheidend sind im Einzelfall die medizinische Indikation sowie fehlende preisgünstigere, echte therapeutische Alternativen.<br /> Die Psoriasis, mit ihrer häufigen Schwestererkrankung Psoriasis-Arthritis, sollte im Triangel Dermatologe, Rheumatologe und Grundversorger behandelt werden. Zusammen sind wir heute gefordert, die Verantwortung gegenüber unseren Psoriasispatienten wahrzunehmen, sowohl die Hautmanifestationen als auch die Komorbiditäten frühzeitig zu erkennen und effektiv zu behandeln.<br /> Es werden viele weitere Biologika in den nächsten Jahren eine Zulassung in der Schweiz erhalten, z. B. sind aktuell gleich 3 weitere IL-23p19-Inhibitoren (Mirikizumab, Tildrakizumab [bereits seit September 2018 Zulassung in Europa] und Risankizumab) in der Pipeline. Des Weiteren sind aktuell die JAK-Inhibitoren im Fokus der Psoriasisforschung, sodass den Psoriasispatienten in Zukunft eine noch grössere Vielfalt neuer Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Derma_1901_Weblinks_lo_derma_1901_s7_abb1-7.jpg" alt="" width="400" height="838" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Derma_1901_Weblinks_lo_derma_1901_s10_abb8+9.jpg" alt="" width="550" height="382" /></p></p>
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