Pädiatrische Dermatologie
Bericht:
Dr.med. Lydia Unger-Hunt
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Bei Psoriasis und atopischer Dermatitis bei Kindern liegt der Fokus klar auf den neuen topischen Therapien, während bei kindlicher Akne in den meisten Fällen keine Behandlung erforderlich ist. Neue Erkenntnisse gibt es zu Patientenpräferenzen (im Sinne einer verbesserten Adhärenz) und zur Verbesserung der Knochengesundheit bei atopischer Dermatitis.
Die Diagnose einer Psoriasis kann auch bei Kindern eine Herausforderung darstellen, erklärt Ass. Prof. Dr. med. Marieke Seyger vom Radboud University Nijmegen Medical Center in den Niederlanden. Als Hilfestellung kann eine Liste von Diagnosekriterien einer britischen Expertengruppe dienen.1 Eine hohe prädiktive Aussagekraft haben demnach – neben den geläufigen Symptomen wie Schuppen und Erythem der Kopfhaut oder schuppenden erythematösen Plaques an Ellbogen und Knien – auch weniger bekannte Kriterien, wie etwa ein persistentes Erythem am Nabel, ein schuppendes Erythem im äusseren Gehörgang sowie ein gut abgegrenzter erythematöser Ausschlag im Windelbereich.
Topika sind in der Behandlung nach wie vor sehr wichtig und sollten immer am Beginn der Therapie stehen, betont Prof. Seyger. Neben den altbekannten Kortikosteroiden, Vitamin-D-Analoga und den besonders im Gesicht effektiven Calcineurin-Inhibitoren sind auch neue Topika am Horizont. Dazu zählt beispielsweise der PDE-4-Hemmer Roflumilast, der derzeit nur in den USA für >12-Jährige zugelassen ist, für den aber zurzeit auch eine Verlängerungsstudie für Kinder zwischen zwei und elf Jahren läuft, «zu welcher hoffentlich bald Ergebnisse verfügbar sein werden». Der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptoragonist Tapinarof wiederum (zugelassen für die Behandlung erwachsener Patient:innen) wird aktuell ebenfalls in einem Trial an Kindern im Alter zwischen zwei und 17 Jahren untersucht; beide Wirkstoffe zeigten eine Verbesserung des PGA- und IGA-Scores2
Neue Wirkstoffe und Risikofaktoren für schweren Verlauf
Die für Kinder zugelassenen Biologika (Etanercept, Adalimumab, Ustekinumab, Ixekizumab, Secukinumab) gelten als «sehr wirksam, gut verträglich und sicher», fasst die Dermatologin zusammen. Ein neuer oraler Wirkstoff (noch nicht von der EMA zugelassen) ist der Phosphodiesterase(PDE)4-Hemmer Apremilast, mit dem in Studien zu 45% ein PASI 75 erreicht wurde.3 Zudem läuft eine Vielzahl von Studien zu Certolizumab, Risankizumab und Bimekizumab sowie zu zwei oralen Medikamenten («für Kinder immer angenehm»): zum IL-23-Rezeptor-Antagonisten JNJ-77242113 und zum TYK2-Inhibitor Deucravacitinib.
Für wen eine systemische Behandlung indiziert ist, «können wir nicht voraussagen», doch laut einer Studie mit einem Follow-up von elf Jahren sind drei Risikofaktoren mit einem schwereren Krankheitsverlauf assoziiert: männliches Geschlecht (HR: 1,88), Nagelpsoriasis (HR: 1,95) und Adipositas (HR: 2,17).4
Patientenpräferenz und gemeinsame Entscheidungsfindung
Die Expertin erinnert zudem daran, dass die Adhärenz der wichtigste Faktor für den Therapieerfolg ist, die zu erhalten vor allem bei Topika sehr schwierig sein kann.5 Daher «müssen wir die Präferenzen der Betroffenen beziehungsweise ihrer Eltern kennen und die gemeinsame Entscheidungsfindung bei der Wahl des Topikums praktizieren». Einer diesbezüglichen niederländischen Studie zufolge ist das wichtigste Ziel von Kindern «keine Läsionen» oder zumindest «eine Reduktion der Läsionslast».6 Ausserdem ist es Kindern wichtig, dass die Topika nicht klebrig oder schmierig sind, schnell Wirkung zeigen und vorzugsweise wenig bis gar kein Bedarf an Blutproben besteht; bei jungen Erwachsenen stehen mehr Selbstbewusstsein und besserer Schlaf im Vordergrund, bei Eltern ist es die Sicherheit der Behandlung.
So weit, so erwartet – als weiteres wichtiges Ziel wurde aber auch das Fehlen von Juckreiz genannt, und das ist bei Psoriasis grundsätzlich noch nicht ausreichend bekannt, betont Prof. Seyger: «Laut einer Untersuchung wurde mehr als ein Drittel der Patient:innen dazu noch nie befragt.»7
Die neuen Topika: effektiv auch gegen Juckreiz
Für die Behandlung der atopischen Dermatitis (AD) bei Kindern sind Roflumilast und Tapinarof ebenfalls als neue Topika in Aussicht, berichtet Univ.-Prof. Dr. Amy Paller von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago. Roflumilast als 0,15%-Creme ist ab sechs Jahren von der FDA zugelassen und hat gute Ergebnisse vs. Placebo für alle üblichen Endpunkte gezeigt.8 Die nur einmal täglich erforderliche Verabreichung «hilft bei der Adhärenz», zusätzlich sind im Vergleich zu Placebo nicht mehr lokale Nebenwirkungen zu beobachten, und das bei Crisaborol und topischen Calcineurin-Inhibitoren bekannte Brennen tritt nicht auf. Für Roflumilast ist ausserdem die (baldige) Einführung einer 0,05%-Creme für AD-Patient:innen im Alter zwischen zwei und fünf Jahren geplant.
Hinsichtlich Tapinarof 1% fanden zwei Phase-III-Trials (ADORING 1 und 2) «ausgezeichnete Ergebnisse» bezüglich der Hautklärung und auch bezüglich der Reduktion des Juckreizes bei 2- bis 17-Jährigen mit AD; die Wirkung trat dabei rasch auf, innerhalb von ein bis zwei Tagen.9,10
Eine Entwarnung gibt Prof. Paller noch für topische Calcineurin-Inhibitoren bei Kindern: Die vor 20 Jahren (bei Einführung dieser Wirkstoffe) ausgesprochene Warnung bezüglich eines erhöhten Risikos für Lymphome und nichtmelanozytären Hautkrebs ist laut aktueller Literatur widerlegt.11
Auch bei bester Adhärenz und optimaler Therapie kann eine systemische Therapie erforderlich sein. Die Erstlinientherapie («der Go-to-Wirkstoff») hier ist Dupilumab, der von der EMA für 6- bis 11-Jährige in einer Dosierung von 300mg alle vier Wochen zugelassen ist.12 «Und auch das ist natürlich ein wesentlicher Vorteil für Kinder, die Injektion nur alle vier Wochen, statt wie für Erwachsene alle zwei Wochen, zu erhalten.» Als zusätzlicher Nutzen ist unter Dupilumab eine Reduktion bakterieller und viraler Hautinfektionen festzustellen, ohne Erhöhung der Rate von H.-simplex-Infektionen – und diese Ergebnisse gelten auch für Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.13,14
Ein «neues Thema» ist der potenzielle Effekt einer effektiven, zeitnahen Therapie auf die Knochengesundheit und das Knochenwachstum: Die zehnjährige PEDiSTAD-Beobachtungsstudie wies bei Kindern mit moderater bis schwerer AD, die nicht mit Topika kontrolliert war, eine niedrigere Körpergrösse als erwartet nach.15 Demgegenüber zeigten Knochenbiomarker unter Dupilumab eine Verbesserung auf normale oder fast normale Referenzwerte, was womöglich auf die «schwächere Entzündung, den besseren Schlaf oder die geringere Menge an topischen beziehungsweise oralen Steroiden zurückzuführen ist», erklärt die Expertin.16
Ein neu aufkommendes Biologikum ist der OX40-L-Inhibitor Amlitelimab. Die Effektivität ist «wahrscheinlich ähnlich wie bei anderen Biologika auch»; als besonders interessanten Aspekt hebt Prof. Paller aber den möglichen Einfluss von Amlitelimab auf die Schnittstelle zwischen Antigen-präsentierender Zelle und T-Zelle hervor. Dies könnte auch mit einem Einfluss auf Gedächtnis-T-Zellen verbunden sein und damit einen längeren Effekt der Medikation bewirken – «ein verlockendes Konzept, das derzeit bei Jugendlichen untersucht wird».
Akne im Kindesalter: meist keine Therapie erforderlich
Einen Überblick zu Akne im Kindesalter gibt nachfolgend Univ.-Prof. Dr. med. Peter Hoeger vom Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg. Am häufigsten ist die neonatale Akne im Alter zwischen zwei und sechs Wochen, was pathophysiologisch verständlich ist: Neugeborene haben mehr Talgdrüsen pro Quadratzentimeter im Gesicht als Erwachsene, und diese werden durch die mütterlichen Androgene bei der Geburt stimuliert. Eine Therapie ist aufgrund der transitorischen Natur meist nicht erforderlich, worüber vor allem die «manchmal nervösen» Eltern zu informieren sind: Cremen, Salben und Öl sind zu vermeiden, die gelegentlich vorgeschlagene Muttermilch ist sogar kontraproduktiv.
Selten kann ein Übergang zur neonatalen cephalen Pustulose erfolgen, deren multiple Pusteln und Krusten (ohne entzündliche Zeichen) «durchaus beängstigend» aussehen können. Pathogenetisch liegt hier zusätzlich zur Stimulation durch die mütterlichen Androgene ein lipophiler Hefepilz vor. Auch in diesen Fällen sind Cremen, Salben und Öle zu vermeiden; bei schwerem Befall werden sowohl die Eltern (als Quelle der Hefepilze) als auch das Kind mit Ketoconazol-Shampoo und falls erforderlich mit Ciclopiroxolamin-Gel behandelt.
Für Kinder sind neue Topika in Aussicht
Die infantile Akne ist eine eigentliche Akne (neben Papeln und Pusteln treten auch auch Komedonen auf), die meist im Alter ab zwei Monaten auftritt. Die Pathogenese ist nicht vollständig geklärt, wahrscheinlich liegt aber «lediglich eine erhöhte Suszeptibilität der Androgenrezeptoren» vor. Der klinische Verlauf ist meist gutartig, die Läsionen verschwinden ohne Therapie innerhalb von Monaten.
«Besorgniserregend» ist hingegen ein Auftreten von Akne zwischen zwei und sieben Jahren, da sich die Talgdrüsen zu diesem Zeitpunkt eigentlich in der physiologischen Ruhephase zwischen den beiden Aktivitätsphasen gleich nach der Geburt und vor der Pubertät befinden sollten, erklärt Prof. Hoeger.17 Bestimmte Grunderkrankungen müssen in solchen Fällen ausgeschlossen werden, etwa ein atypisches Androgenitalsyndrom, eine vorzeitige Adrenarche oder ein Androgen-produzierender Tumor. Bei Zeichen der Pubertät sollte die sofortige Überweisung an einen Facharzt oder Fachärztin für pädiatrische Endokrinologie erfolgen. Liegt keine Grunderkrankung vor (das ist in der Mehrheit der Fall), ist ein Abwarten mit oder ohne Topika möglich: Die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Klärung innerhalb von zwei bis drei Jahren ist hoch, schliesst Prof. Hoeger.
Quelle:
Session «Paediatric dermatology: Inflammatory Diseases» am 26. September 2024, EADV 2024, Amsterdam
Literatur:
1 Burden-The E et al.: Identifying the best predictive diagnostic criteria for psoriasis in children (< 18 years): a UK multicentre case-control diagnostic accuracy study (DIPSOC study). Br J Dermatol 2022; 186(2): 341-51 2 Lie E et al.: Topical management of pediatric psoriasis: a review of new developments and existing therapies. Pediatr Drugs 2024; 26(1): 9-18 3 Fiorello L et al.: Efficacy and safety of apremilast in pediatric patients with moderate-to-severe plaque psoriasis: 16-week results from SPROUT, a randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol 2024; 90(6): 1232-9 4 Bronckers IMGJ et al.: Identification of children at risk for the development of severe paediatric plaque psoriasis: Findings from the prospective observational long-term Child-CAPTURE registry. J Eur Acad Dermatol Venereol 2023; 37(7): e893-7 5 Aoki KC et al.: Adherence to psoriasis therapies. Dermatol Clinics 2024; 42(3): 495-506 6 Schaap M et al.: Treatment goals and preferences of pediatric psoriasis patients, young adults, and parents. J Dermatol Treat 2022; 33(5): 2527-33 7 National Psoriasis Foundation USA (NPF): Patient survey: impact of pain and itch. NPF 2024; verfügbar unter https://www.psoriasis.org/advance/impact-of-pain-and-itch/ (zuletzt aufgerufen am 10.12.2024) 8 Eichenfield L et al.: Vortrag beim ACAAI Annual Scientific Meeting, 9.–13.11.2023, Anaheim, Kalifornien 9 Silverberg J et al.: Vortrag beim EADV 2023, 11.–14.10.2023, Berlin 10 Simpson EL et al.: Vortrag beim EADV 2023, 11.–14.10.2023, Berlin 11 Paller AS et al.: No evidence of increased cancer incidence in children using topical tacrolimus for atopic dermatitis. J Am Acad Dermatol 2022; 83: 375-81 12 Simpson EL et al.: Efficacy and safety of dupilumab in adolescents with uncontrolled moderate to severe atopic dermatitis: a phase 3 randomized clinical trial. JAMA Dermatol 2020(1); 156: 44-56 13 Paller AS et al.: Infections in children and adolescents treated with dupilumab in pediatric clinical trials for atopic dermatitis–A pooled analysis of trial data. Pediatr Dermatol 2022; 39(2): 187-96 14 Paller AS et al.: Infections in children aged 6 months to 5 years treated with dupilumab in a placebo-controlled clinical trial of moderate-to-severe atopic dermatitis. Pediatr Drugs 2024; 26(2): 163-73 15 Paller A et al.: Children with atopic dermatitis may be smaller and heavier than healthy children. AAD 2024; Poster 5136316 Irvine AD et al.: Vortrag beim Annual Meeting der BAD, 27.–29.6.2023, Liverpool/UK 17 Bree AF, Siegfried EC: Acne vulgaris in preadolescent children: recommendations for evaluation. Pediatr Dermatol 2014; 31(1): 27-32
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