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Praxisorientierte Therapie der chronischen spontanen Urtikaria (CSU)
Jatros
Autor:
Dr. Tamara Quint
Universitätsklinik für Dermatologie, <br> Klinische Abteilung für Immundermatologie und infektiöse Hauterkrankungen, <br> AKH Wien<br> E-Mail: tamara.quint@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
23.11.2017
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<p class="article-intro">Die chronische spontane Urtikaria ist eine häufige Erkrankung, die aufgrund ihrer Unberechenbarkeit an Schüben, des massiv ausgeprägten Juckreizes und des Auftretens von Angioödemen mit einem massiven Leidensdruck verbunden ist.<sup>1</sup> Sie stellt somit eine Herausforderung für den Patienten und den behandelnden Arzt dar.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die chronische Form wird definiert als Auftreten von Quaddeln und/oder Angioödemen über mehr als 6 Wochen ohne erkennbaren Auslöser (Tab. 1).<sup>1</sup> Man unterteilt die chronische Form in chronische induzierbare (CIU) und chronische spontane Urtikaria (CSU). Allergien sind nur selten die Ursache für eine Urtikaria. Eine Durchuntersuchung führt meistens zu keinem Ergebnis, im Vordergrund sollte eine effiziente Therapie mit dem Ziel vollständiger Symptomfreiheit und einer Verbesserung der Lebensqualität stehen.<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s46_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="838" /></p> <h2>Beeinträchtigung der Lebensqualität – „die quälende Quaddel“</h2> <p>Die chronische spontane Urtikaria führt zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität, insbesondere für jene Patienten, bei denen die Symptome über mehrere Jahre persistieren. Die meisten Patienten klagen nicht nur über unerträglichen Juckreiz, sondern auch über Schlaf- und Konzentrationsprobleme sowie Einschränkungen in Alltag und Beruf (Abb. 1).<sup>3, 4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s46_abb1.jpg" alt="" width="684" height="1251" /></p> <h2>Leitliniengerechte Therapie</h2> <p>Die Therapie der chronischen spontanen Urtikaria sollte gemäß den aktuellen S3-Leitlinien nach einem 3-stufigen Therapiealgorithmus erfolgen.<sup>1</sup><br /> Die Basistherapie beinhaltet den Einsatz nicht sedierender H1-Antihistaminika (2. Generation) in der normalen Tagesdosis. Bei unzureichender Wirkung kann man die Dosis auf das bis zu Vierfache der Standarddosierung erhöhen (Abb. 2). Aufgrund der neuen Datenlage sind alle Alternativmedikationen aus der neuen Leitlinie herausgefallen.<sup>5</sup><br /> Bei Versagen der konventionellen Therapie steht Omalizumab, ein humanisierter monoklonaler Antikörper zur Verfügung. Omalizumab bindet das freie IgE und bewirkt eine Reduktion der IgE-Rezeptorexpression auf Mastzellen und basophilen Granulozyten.<sup>6</sup> Aufgrund der guten Wirksamkeit und des günstigen Sicherheitsprofils ist Omalizumab in Österreich zugelassen, aber für diese Indikation durch die Krankenkassen nicht registriert, weshalb für jeden Patienten eine individuelle Chefarztverschreibung notwendig ist.<br /> Der einfach zu bestimmende Urtikaria- Aktivitäts-Score über 7 Tage (UAS7) ist sinnvoll in der Führung des Patienten und gibt sowohl dem Verordner als auch dem Patienten einen guten Überblick über den Verlauf der Erkrankung. Ein hoher UAS<sup>7</sup> – >16 – impliziert eine unzureichende Symptomkontrolle und stellt die Indikation für eine weiterführende Behandlung.<br /> Die zugelassene Dosierung zur Therapie der CSU mit Omalizumab beträgt 300mg (2 Fertigspritzen zu je 150mg) als subkutane Injektion alle 4 Wochen.<sup>7</sup> Im Gegensatz zur Therapie beim allergischen Asthma bronchiale ist die Dosis nicht abhängig von Gesamt-IgE und Körpergewicht.<sup>7</sup><br /> Eine seltene Nebenwirkung ist die protrahiert verlaufende Anaphylaxie, daher ist eine Observanz von 30 Minuten nach Verabreichung aus meiner klinischen Erfahrung empfehlenswert. Laborkontrollen sind nicht erforderlich.<br /> Der Eintritt der Wirkung von Omalizumab wird oft bereits 1 Woche nach der ersten Injektion beobachtet. Aufgrund der Möglichkeit einer verspäteten Wirkung sollte eine Kontrolle des Behandlungserfolges mindestens 6 Monate nach Therapiebeginn erfolgen.<sup>8</sup> Im Falle einer verspäteten Wirkung kann die Therapie mit einem Antihistaminikum bis zur vollständigen Symptomfreiheit fortgeführt werden. Alle Patienten, die auf Omalizumab eingestellt werden, sollten in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.<br /> Da es bei der chronischen spontanen Urtikaria zu einer spontanen Remission kommen kann, sollten alle 6 Monate ein Auslassversuch und eine erneute Therapieevaluierung erfolgen.<sup>8</sup> Bei Wiederauftreten von Beschwerden sollte die Therapie wieder aufgenommen werden.<sup>9</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1704_Weblinks_s46_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="1179" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Das Ziel der Therapie der chronischen spontanen Urtikaria sollte eine vollständige Unterdrückung der Krankheitsaktivität sein. Eigene Case Reports unterstützen die bislang in der Literatur beschriebenen Erfolge von Omalizumab bei Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Zuberbier T et al.: The EAACI/GA2LEN/EDF/WAO Guideline for the definition, classification, diagnosis, and management of urticaria: the 2017 revision and update. Allergy 2014; 69(7): 868-87 <strong>2</strong> Maurer M et al.: Revisions to the international guidelines on the diagnosis and therapy of chronic urticaria. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11(10): 971-7 <strong>3</strong> Thomsen SF et al.: Chronic urticaria in the real-life clinical practice setting in Sweden, Norway and Denmark: baseline results from the non-interventional multicentre AWARE study. J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31(6): 1048-1055 <strong>4</strong> Maurer M et al. : The burden of chronic spontaneous urticaria is substantial: real-world evidence from ASSURE-CSU. Allergy 2017; doi: 10.1111/all.13209. [Epub ahead of print] <strong>5</strong> Maurer M: CliniCum 2017; 2: 41 <strong>6</strong> Beck LA et al.: Omalizumab-induced reductions in mast cell Fce psilon RI expression and function. J Allergy Clin Immunol 2004; 114(3): 527-30 <strong>7</strong> Aktuelle Fachinformation zu Xolair <strong>8</strong> Kaplan et al.: Timing and duration of omalizumab response in patients with chronic idiopathic/spontaneous urticaria. J Allergy Clin Immunol 2016; 137: 474- 481 <strong>9</strong> Maurer M et al.: Omalizumab treatment in patients with chronic inducible urticaria: a systematic review of published evidence. J Allergy Clin Immunol 2017; doi: 10.1016/j.jaci.2017.06.032. [Epub ahead of print]</p>
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