Prozedurale Therapien in der Dermatologie
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Prozedurale Dermatologie ist ein Teilbereich, der sich aufdiagnostische und therapeutische Methoden konzentriert, die physikalische Techniken und Eingriffe beinhalten. Dieser Artikel beschäftigt sich nur mit den Eingriffen.
Keypoints
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Die prozedurale Dermatologie ist ein wichtiger Bestandteil der Dermatologie.
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Prozedurale Techniken wie Injektionsverfahren, chirurgische Eingriffe, Kryotherapie, chemische Peelings, photodynamische Therapie, Lasertherapien etc. müssen gelernt und geübt werden.
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Die Methoden werden gleichermassen für medizinische wie auch für ästhetische Zwecke eingesetzt.
Übersicht über die wichtigsten prozeduralen Therapien in der Dermatologie
Bereits als junge Assistenzärztin in der Dermatologie am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf faszinierten mich die prozeduralen Therapien sehr. 1989 sah die Welt noch anders aus. Damals wurde in meiner Klinik keine photodynamische Therapie durchgeführt. Es gab eine Laserabteilung, aber als Assistenzärztin war ich nie in diesen Räumen. Wir führten viele Kryotherapien von aktinischen Keratosen, Warzen, Keloiden und auch intraläsionale Kryotherapien mit Spezialsonden durch. Von Fillerbehandlungen oder Botulinumtoxin habe ich während meiner Facharztausbildung nie etwas gehört.
Injektionsverfahren
Mit der Gründung meiner ersten Praxis 1998 entdeckte ich schmerzhaft eine Wissenslücke. Der dritte Patient, der meine neue Praxis aufsuchte, wünschte eine Behandlung gegen Falten. Heute gibt es eine S1-Leitlinie für ästhetische Botulinumtoxin-Behandlung. Damals musste man schauen, woher man Wissen und Erfahrung bekam, insbesondere weil die ästhetische Anwendung von Botulinumtoxin (BTX) lange eine Off-Label-Behandlung war und man sich rechtlich auf unsicherem Terrain befand.
In den 1980er-Jahren wurde BTX von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für die Behandlung von Strabismus und Blepharospasmus zugelassen. Für ästhetische Zwecke erfolgte die Zulassung erst 2002. Dies führte zu einer weitverbreiteten Anwendung in der ästhetischen Medizin.
In Statistiken der letzten Jahre bis einschliesslich 2019 steht die Injektion von BTX eindeutig an der Spitze aller minimalinvasiven ästhetischen Eingriffe.1 Nach der aktuellen Studienlage ist die Behandlung kurz- und langfristig sicher.2
In der Schweiz stehen für die ästhetische Anwendung diverse zugelassene Prdukte zur Verfügung. Die Behandlung kann man während der Facharztausbildung oder in separaten – auch akkreditierten – Kursen erwerben. Die Leitlinie liefert ausreichende anatomische Kenntnisse und bespricht Muskelgruppe für Muskelgruppe. Wichtig ist eine korrekte Aufklärung des Patienten, bei der der zeitlich limitierte Effekt betont wird. Eine Werbung mit Vorher-nachher-Bildern oder die Verwendung von Markennamen im Netz ist verboten und wird von der Swissmedic verfolgt.
Was die sogenannten «Filler» betrifft, so findet während der Facharztausbildung nahezu keine Ausbildung statt.So lernen die meisten Kolleginnen und Kollegen von industriefinanzierten Trainings.
Ich möchte jüngeren Kolleg:innen an dieser Stelle eine weitere Leitlinie ans Herz legen: die S1-Leitlinie «Management von Komplikationen bei ästhetischen Fillerinjektionen». Die Fertigstellung ist für Ende des Jahres 2024 geplant. Während in den 2000er-Jahren noch diverse Fillermaterialien auf dem Markt waren, mit deren Nebenwirkungen wir auch heute noch vor therapeutischen Herausforderungen stehen, gibt es heute fast nur noch Hyaluronsäurefiller, die mit Hyaluronidase wieder aufgelöst werden können.
Die Swissmedic hat am 06.06.2023 ein Merkblatt über injizierbare Produkte zur Faltenbehandlung herausgegeben, welches man auf der Homepage der Swissmedic einsehen kann. Produkte mit Hyaluronsäure, Silikon, Polyacrylamid oder Polymethylmethacrylat fallen hingegen aufgrund ihrer überwiegend physikalischen Wirkung in den Geltungsbereich der Medizinprodukteverordnung (Art.1 Abs.1 der Medizinprodukteverordnung [MepV; SR 812.213]). Sämtliche injizierbaren Stoffe und Produkte zur Faltenbehandlung unterliegen aufgrund ihrer Anwendungsart (Injektion) dem Heilmittelrecht. Sowohl der Vertrieb wie auch die Abgabe und Anwendung dieser Präparate unterliegen demzufolge den Vorgaben der Heilmittelgesetzgebung.3
Kosmetiker:innen sind nicht zur berufsmässigen Anwendung von BTX-Präparaten und weiteren verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der Abgabekategorie A und B berechtigt.
Kosmetiker:innen ist die berufsmässige Anwendung injizierbarer, der Medizinprodukteverordnung unterstellten Produkte wie z.B. Hyaluronsäure, Silikon, Polyacrylamid oder Polymethylmethacrylat untersagt, es sei denn, es handelt sich um Produkte, deren vollständige nachweisbare Resorptionszeit weniger als 30 Tage beträgt und dies in der Produktinformation ausdrücklich festgehalten ist.3
Alle Ärztinnen und Ärzte dürfen hingegen Filler injizieren. Dennoch ist eine gründliche Ausbildung zur spezifischen Anatomie, Injektionstechniken und Management von Nebenwirkungen dringend zu empfehlen.
Zu den unerwünschten medizinischen Wirkungen gehören Infektionen wie Abszesse, Erysipele oder nach Wochen auftretende granulomatöse Reaktionen. Eine gefürchtete und seltene Nebenwirkung ist der teilweise oder vollständige Verlust der Sehkraft bei Injektionen in der oberen Gesichtspartie durch embolische Verschlüsse retinaler Arterien.
Chirurgische Verfahren
Die Dermatochirurgie spielt in der Ausbildung zum Facharzttitel für Dermatologie eine grosse Rolle. Biopsien sowie Entfernungen von gut- und bösartigen Hautwucherungen gehören zum Alltag. Der Anspruch an ästhetisch einwandfreie Ergebnisse sollte immer hoch sein. Dieser ist aber besonders hoch in Regionen mit hoher Arztdichte.
Nahtmaterial und Nahttechniken sollten sorgfältig gewählt werden und zusätzlich braucht es eine geübte Hand. Die mikroskopisch kontrollierte Chirurgie (Mohs-Technik) hat sich in unseren Breiten zur Standardmethode zur gewebeschonenden und gründlichen Entfernung von komplizierten Tumoren durchgesetzt. Erst nach histologisch gesicherter Tumorfreiheit der Randschnitte erfolgt die optimale Defektdeckung situativ.
Kryochirurgie
Die Kryochirurgie wird zur gezielten Zerstörung von krankhaftem, aber auch ästhetisch störendem Gewebe verwendet. Hierbei findet meist flüssiger Stickstoff Verwendung. Eine optimale Zellzerstörung erreicht man durch schnelles Einfrieren und langsames Auftauen. Die dabei entstehenden intra- und extrazellulären Eiskristalle führen zur Destruktion der Zellmembranen.
Bei malignen Tumoren ist der Nachteil, dass es sich um ein sogenanntes blindes Verfahren handelt. Bioptische Diagnosesicherung und sorgfältige Nachkontrollen sind somit zwingend.
Beim ästhetischen Einsatz, z.B. gegen Altersflecken, sind die modernen «q-switched» Laser sicherer in der Anwendung und damit meist zu bevorzugen.
Chemische Peelings
Bei der Chemexfoliation der Haut wird durch den kontrollierten Einsatz chemischer Agenzien wie Trichloressigsäure, Glykolsäure, Milchsäure, Salicylsäure etc. eine Epithelablation ohne Narbenbildung herbeigeführt. Auch für diese leichten bis starken Behandlungen bedarf es einer guten Ausbildung, die in Spezialkursen erworben werden kann. Die Behandlungen müssen gut vorbereitet sein. Dabei sind die Patientenauswahl und die Nachbetreuung essenziell. Persistierende Erytheme, Pigmentveränderungen und Narben sind mögliche Nebenwirkungen dieser je nach Präparat hochwirksamen Behandlungen. Konsequenter Sonnenschutz nach Peelings ist ein Muss.
Photodynamische Therapie
Für aktinische Keratosen (Feldkanzerisierung), M. Bowen und superfizielle Basalzellkarzinome hat diese Methode gemäss den Leitlinien des European Dermatology Forum den Empfehlungsgrad A zur topischen photodynamischen Therapie. Darüber hinaus ist auch der ästhetische Effekt im Sinne einer Photorejuvenation unumstritten.
Zustätzlich gibt es eine Reihe weiterer Indikationen wie therapieresistente Genital- und Plantarwarzen oder Akne.
Die Behandlung steht in der Schweiz gemäss dem schweizerischen Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdung durch nichtionisierende Strahlung und Schall (V-NISSG) unter Arztvorbehalt,4 die Hautreaktionen sind für die Patient:innen teilweise dramatisch, die Ergebnisse jedoch sowohl medizinisch wie ästhetisch sehr gut. Eine histologische Abklärung vor der Therapie und eine klinische Nachkontrolle sind unerlässlich.
Lasertherapien
Lasertherapien sind zum einen ein weites Feld, zum anderen nun seit 25 Jahren mein Steckenpferd (Abb. 1–6). Neben der bereits mehrfach angemahnten erforderlichen guten Ausbildung kommt hier noch ein hohes finanzielles Investment des Betreibers ins Spiel. Ich empfehle allen Ärztinnen und Ärzten, die sich für die Lasermedizin interessieren, den Erwerb eines Fähigkeitsausweises für Laserbehandlungen der Haut und hautnahen Schleimhäute. Diese Fähigkeitsausweise werden von der Laserkommission FMCH vergeben und sichern nicht nur eine gute Ausbildung, sondern sind für die kassenpflichtige Abrechnung von Laserleistungen meist zwingend.
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Abb. 1: Ablativer Laser (Resurfacing) |
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Abb. 2: Oberflächlicher fraktionierter Laser (Laserpeel) |
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Abb. 3: Nichtablativer fraktionierter Laser |
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Abb. 4: Ablativer fraktionierter Laser |
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Abb. 5: Fraktionierte Radiofrequenz |
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Abb. 6: Radiofrequenz-Microneedling |
Der Laserfähigkeitsausweis unterteilt sich in die Typen I–VI (Abb. 1–6) und erfordert zwei bis drei Tage Ausbildung in einer anerkannten Weiterbildungsstätte (je nach Typ).
Typ I beinhaltet die ablativen Laser – Erbium und CO2 – deren Einsatz, Indikationen, alternative Techniken sowie die Nachpflege und Wundversorgung nach dessen Anwendung. Als Indikationen sind hier unter anderem Xanthelasmen, Syringome, seborrhoische Keratosen und Verrucae zu nennen. Die Laserablation von melanozytären Naevi wurde 2019 gesetzlich verboten.4
Typ II vermittelt die Anwendung von Lasern im Anogenitalbereich. Neben der Ablation von Kondylomen und nicht-infektiösen Wucherungen im Genitalbereich spielt auch die vaginale und vulväre Laseranwendung eine grosse Rolle und ist zunehmend zur Behandlung von milder Stressinkontinenz und dem genitourethralen Syndrom der Menopause medizinisch anerkannt.
Typ III beschäftigt sich mit fraktionierten Laseranwendungen. Die wichtigsten Wellenlängen haben die CO2-, Erbium- und Thullium-Laser (Abb. 7). Während dieser Ausbildung wird die Behandlung von Narben jeglicher Art, aber auch das Skin Resurfacing vermittelt. Alternative Themen wie BTX-Behandlungen und Fillerbehandlungen, Skin Booster, Peelings und das Spektrum der übrigen Energy-Based Devices (EBD) wird ebenso angesprochen.
Abb. 7: Behandlung mit fraktioniertem CO2-Laser
Typ IV beinhaltet alle vaskulären Laser, die für Behandlungen von Teleangiektasien, Rosacea, Naevi flammei, Besenreiser und weitere vielfältigen Einsatz finden.
Typ V ist unterteilt in Typ V.1 und Typ V.2. Typ V.1 behandelt die Behandlung endogener Pigmente und ist Dermatologen vorbehalten. Typ V.2 beschäftigt sich mit dem exogenen Pigment, bevorzugt mit Tätowierungen und «Permanent Make-up» und deren Entfernung.
Typ VI enthält das gesamte Thema der langanhaltenden Haarreduktion und ist technisch gesehen vielseitig: Blitzlampen, Diodenlaser, Alexandritlaser und Nd:YAG-Laser sind die wichtigsten Kursthemen.
Im Sinne eines guten Patientenschutzes wird den Ärztinnen und Ärzten der gesetzliche Rahmen vermittelt. Was darf delegiert werden und was nicht? Was heisst überhaupt Delegation? Wer erwirbt den Sachkundeausweis und wofür?
Schlusswort
Als nun nicht mehr ganz junge Ärztin ist es mir wichtig, den jungen nachfolgenden Kollegen und Kolleginnen zu vermitteln, wie wesentlich die praktischen Fähigkeiten für unser wunderbares Fach sind. Lernen Sie so viel wie möglich und üben Sie fleissig unter Aufsicht.
Wie schon Konfuzius sagte: «Der Mensch hat drei Wege, klug zu handeln. Erstens durch Nachdenken: Das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmen: Das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung: Das ist der bitterste.»
Ich bin immer wieder erschüttert, wenn ich schlechte Operationsergebnisse durch falsche Techniken oder fatale Laserergebnisse durch missverstandene physikalische Grundlagen sehe und wünsche Ihnen somit eine gute Ausbildung und immer ein gutes Händchen.
Literatur:
1 Gauglitz G et al.: S1-Leitlinie Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie (AWMF-Registernr. 013-077, 202). Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) 2021. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-077l_S1_Aesthetische_Botulinumtoxin_Therapie_2022-07.pdf (zuletzt aufgerufen am 3.9.2024) 2 Cohen JL et al.: An analysis of the long-term safety data of repeat administrations of botulinum neurotoxin type A-ABO for the treatment of glabellar lines. Aesthet Surg J 2009; 29(6): 43-9 3 Swissmedic: Merkblatt: Injizierbare Produkte zur Faltenbehandlung (Identifikationsnr. MU100_00_001_MB, Version 3.1). Swissmedic 2020. Verfügbar unter: https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/pomz/mehr-regulatorisches.html (zuletzt aufgerufen am 2.10.2024) 4 Schweizerische Eidgenossenschaft: Verordnung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (V-NISSG). Fedlex: Die Publikationsplattform des Bundesrechts 2019. Verfügbar unter: https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2019/183/de (zuletzt aufgerufen am 3.9.2024)
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