RASopathien – ein Überblick
Autorinnen:
Dr. Verena Schremser
Priv.-Doz. Dr. Sonja Radakovic
Universitätsklinik für Dermatologie
Medizinische Universität Wien
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Bei den RASopathien handelt es sich um eine seltene Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen. Sie umfassen die Neurofibromatose Typ 1, das Noonan-Syndrom, das Leopard-Syndrom, das Costello-Syndrom, das Legius-Syndrom sowie das Kardio-fazio-kutane Syndrom. Aufgrund eines erhöhten Risikos für maligne Erkrankungen benötigen die betroffenen Patienten regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.
Keypoints
-
RASopathien basieren auf einer Fehlregulation des RAS-MAPK-Signalweges.
-
Typische Merkmale von RASopathien sind kardiale Anomalien, vermindertes Wachstum, kraniofaziale Dysmorphien und Entwicklungsverzögerungen.
-
Erhöhte Aufmerksamkeit ist bezüglich des Auftretens von Krebserkrankungen geboten.
Jeder RASopathie liegt ein genetischer Defekt zugrunde, dieser führt in der Folge zu einer Fehlregulation des RAS-MAPK(„mitogen-activated protein kinase“)-Signalwegs. Als molekularer Schalter spielt RAS eine zentrale Rolle in der zellulären Signaltransduktionskaskade und der Regulation von zellulärem Wachstum und Differenzierung (Abb. 1).1
Abb. 1: Genetische Mutationen im RAS-MAPK-ERK(„extracellular-signal regulated kinases“)-Signalweg führen zu RASopathien. CFC: kardio-fazio-kutanes Syndrom; GDP: Guanosindiphosphat; SHP: „small heterodimer partner“; SOS1: „son of sevenless homolog 1“; SPRED1: „sprouty-related EVH1 domain-containing 1“. Modifiziert nach Simanshu et al.1
Typische klinische Merkmale von RASopathien sind kardiale Anomalien, vermindertes Wachstum, kraniofaziale Dysmorphien und Entwicklungsverzögerungen (Tab. 1).2
Tab. 1: Charakteristische Hautveränderungen bei RASopathien. Modifiziert nach Zenker M, Kutschke K2, Hernandéz Martin A et al.4, Siegel DH et al.5
Vielzahl verschiedener Arten von RASopathien
Abb. 2: Café-au-lait-Flecken und Neurofibrome
Abb. 3: Sommersprossenartige Pigmentierung in der Achsel
Abb. 4: Lisch-Knötchen
Die häufigsten RASopathien sind die Neurofibromatose Typ 1 (NF1) sowie das Noonan-Syndrom. Die Neurofibromatose Typ 1 hat eine Inzidenz von 1:3000. Die Erkrankung tritt in 50% der Fälle sporadisch und in der anderen Hälfte familiär gehäuft auf. An eine NF1 sollte bei Patienten mit zwei der folgenden Kriterien gedacht werden:
-
mehr als 6 Café-au-lait-Flecken mit einem grössten Durchmesser von mehr als 5mm vor der Pubertät bzw. mehr als 15mm nach der Pubertät (Abb. 2),
-
≥2 Neurofibrome oder ≥1 plexiformes Neurofibrom (Abb. 2),
-
sommersprossenartige Pigmentierung in der Achselhöhle oder in der Leistengegend (Abb. 3),
-
ein Optikusgliom,
-
>2 Lisch-Knötchen (Abb. 4),
-
spezifische Knochenveränderungen (z.B. Keilbeinflügel-Dysplasie, Verkrümmung der langen Röhrenknochen) oder
wenn zumindest ein Verwandter ersten Grades an NF1 leidet.3
Abb. 5: Keratosis pilaris
Abb. 6: Ulerythema ophryogenes
Typisch für das Noonan-Syndrom ist die Trias aus Herzfehler, Kleinwuchs und charakteristischen fazialen Merkmalen. Häufige Hauterscheinungen sind Café-au-lait-Flecken, Naevi und Lymphödeme.
Das Kardio-fazio-kutane Syndrom lässt sich vom Noonan-Syndrom aufgrund einer deutlich stärkeren neurokognitiven Beeinträchtigung abgrenzen. Epilepsien sind häufig, weiters neurologische Defizite, Herzfehler, Minderwuchs und Sehbehinderungen (Tab. 1). Als charakteristische Hautveränderungen zeigen die Patienten Kräuselhaar, Keratosis pilaris (Abb. 5), Ulerythema ophryogenes (Abb. 6) und melanozytäre Naevi.2
Das „LEOPARD“ in der Bezeichnung Leopard-Syndrom, auch Noonan-Syndrom mit multiplen Lentigines genannt, ist ein Akronym und steht für:
-
Lentigines,
-
Elektrokardiogramm-Anomalien,
-
okulären Hypertelorismus,
-
Pulmonalstenose,
-
Anomalien der Genitalien,
-
retardiertes Wachstum und
Schwerhörigkeit („deafness“).
Das seltene Costello-Syndrom ist gekennzeichnet durch die typischen extrakutanen klinischen Merkmale von RASopathien sowie Hautveränderungen wie Kräuselhaar, periorifizielle Papillome, Akanthosis nigricans sowie überschüssige Haut an Händen und Füßen, welche tiefe Linien zeigt (Tab. 1).2, 4, 5
Höheres Risiko für maligne Erkrankungen
Besonders wichtig ist, dass RASopathien häufig mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen einhergehen. Deshalb empfiehlt die American Association of Cancer Research bei allen Patienten mit RASopathien regelmäßige Tumorvorsorgeuntersuchungen.6 Bei NF1-Patienten besteht ein 8- bis 12%iges Lebenszeitrisiko für maligne periphere Nervenscheidentumoren, weiters ein erhöhtes Risiko für Gliome, embryonale Rhabdomykosarkome, endokrine Tumoren sowie die juvenile myelomonozytäre Leukämie.7
Kinder mit Noonan-Syndrom haben ein 8-fach höheres Risiko für maligne Erkrankungen, insbesondere für die juvenile myelomonozytäre Leukämie sowie Gliome, Neuroblastome und Rhabdomyosarkome.8
Patienten mit Costello-Syndrom weisen eine kumulative Tumorinzidenz von 15% bis zum 20. Lebensjahr auf. Prognostisch entscheidend für Patienten mit Costello-Syndrom ist das durch die HRAS-Mutation bedingte erhöhte Risiko insbesondere für Blasenkarzinome, Rhabdomyosarkome und Neuroblastome.6
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der RAS-MAPK-Signaltransduktionsweg eine kritische Stellung in der Regulation von zellulärem Wachstum und Differenzierung einnimmt. Deshalb muss in die Betreuung von Patienten mit RASopathien auch eine regelmäßige Tumorvorsorge miteinbezogen werden.
Literatur:
1 Simanshu DK et al.: RAS proteins and their regulators in human disease. Cell 2017; 170(1): 17-33 2 Zenker M, Kutsche K: RASopathien. Medizinische Genetik 2016; 28: 15-38 3 Friedman JM: Neurofibromatosis 1. In: Adam MP et al.: eneReviews® [Internet]. 1993–2021 Seattle (WA): University of Washington, Seattle. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1109/ . Abgerufen am 20. Dezember 2020 4 Hernández-Martín A et al.: Rasopathies: Developmental disorders that predispose to cancer and skin manifestations. Actas Dermosifiliogr 2011; 102(6): 402-16 5 Siegel DH et al.: Dermatological phenotype in Costello syndrome: consequences of Ras dysregulation in development. Br J Dermatol 2012; 166(3): 601-7 6 Villani A et al.: Recommendations for cancer surveillance in individuals with RASopathies and other rare genetic conditions with increased cancer risk. Clinical Cancer Research 2017; 23(12): e83-90 7 Evans DG et al.: Cancer and central nervous system tumor surveillance in pediatric neurofibromatosis 1. Clin Cancer Res 2017; 23(12): e46-53 8 Kratz CP et al.: Cancer in Noonan, Costello, cardiofaciocutaneous and LEOPARD syndromes. Am J Med Genet Part C Semin Med Genet 2011; 157(2): 83-9
Das könnte Sie auch interessieren:
Früher Biologikaeinsatz bei Psoriasis kann den Krankheitsverlauf beeinflussen
Es gibt gute Gründe für den frühen Biologikaeinsatz bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis. Zudem richtet sich die Therapie auch nach dem Alter der Patienten.
Mysteriöser Verlust elastischer Fasern
Die Patientin wird im Juli 2023 erstmals mit kreisförmigen Veränderungen am Abdomen sowie gelegentlichem Juckreiz vorstellig. Eine Verdachtsdiagnose wird zunächst in der histologischen ...
Die menschliche Haut in der modernen Kunst
Dr. Ralph Ubl, Professor für neuere Kunstgeschichte an der Universität Basel, stellte sich der schwierigen Herausforderung, einem Raum voller erwartungsvoller Dermatologen das Organ Haut ...