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Rosazea – der Erkrankung auf der Spur

<p class="article-intro">Charakteristisch für die chronisch-entzündliche Hauterkrankung sind der schubhafte Charakter und die mitunter fließenden Übergänge. Früher in Stadien unterteilt, wird Rosazea, die meist ab dem 30. Lebensjahr auftritt, heute in 3 klinische Subtypen klassifiziert: erythematöse teleangiektatische Rosazea, papulopustulöse Rosazea, phymatöse Rosazea. Zusätzlich kann bei jedem Subtyp eine Augensymptomatik auftreten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Dr. Reinholz, wie oft werden Ihrer Erfahrung nach Rosazea Typ 1 und 2 mit Acne vulgaris verwechselt und demnach falsch oder gar nicht therapiert?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Sowohl Acne vulgaris als auch Rosazea Typ 1 und 2 sind h&auml;ufige Hauterkrankungen. Aufgrund &auml;hnlicher Hauterscheinungen, sogenannter Effloreszenzen, ist eine Verwechslung auf den ersten Blick m&ouml;glich, dennoch gibt es klare Abgrenzungen der Erkrankungen voneinander. Acne vulgaris tritt typischerweise bei Jugendlichen in der Pubert&auml;t in Form von Pusteln auf. Vereinfacht gesagt, f&uuml;hrt in der Pubert&auml;t die erh&ouml;hte Produktion von m&auml;nnlichen Sexualhormonen (Androgenen) zu einer verst&auml;rkten Talgproduktion. Zus&auml;tzlich f&uuml;hrt eine Verhornungsst&ouml;rung des Talgdr&uuml;senausgangs zu einer Abflussbehinderung und es kommt daraufhin zur Besiedlung der Talgdr&uuml;se mit sch&auml;dlichen Bakterien. Es lassen sich viele Komedone bei Aknepatienten finden. Bei der Rosazea hingegen ist die Pathogenese weniger gut gekl&auml;rt. Vermutlich f&uuml;hren sowohl eine Veranlagung als auch eine St&ouml;rung des Immunsystems zur Ausbildung der Erkrankung. Diese geht initial oft mit fl&uuml;chtigen R&ouml;tungen der Wange einher. Im Verlauf k&ouml;nnen diese persistieren und kleine Gef&auml;&szlig;chen hinzukommen (Rosazea Typ 1). Bei Rosazea Typ 2 treten kleine Erhabenheiten wie auch Pusteln auf. Es lassen sich jedoch keine Komedone finden. Typischerweise sind von der Rosazea Erwachsene zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr betroffen. Ein Krankheitsgipfel besteht zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.<br /> Trotz des Leidensdrucks und der H&auml;ufigkeit beider Erkrankungen finden oft keine oder lediglich nicht ad&auml;quate Therapien statt. Insbesondere bei der Akne ist eine fr&uuml;he Therapie zur Vermeidung der Narbenbildung indiziert. Auch bei Rosazea ist der psychosoziale Leidensdruck der Patienten immens, sodass beide Erkrankungen zu behandeln sind.<br /> <br /><strong> Viele Patienten, insbesondere Frauen, f&uuml;hlen sich in ihrer Lebensqualit&auml;t durch die Rosazea beeintr&auml;chtigt. Gibt es eine genetische Veranlagung, neben den bekannten Triggern wie Sonne, Stress, Alkohol, stark gew&uuml;rzte Speisen etc.?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Studien haben gezeigt, dass es neben den bekannten Aggravationsfaktoren der Rosazea auch eine Veranlagung zur Erkrankung gibt. M&ouml;glicherweise ist das Immunsystem der Haut im Gesicht vermehrt aktiv und f&ouml;rdert dadurch die Entz&uuml;ndung bei der Erkrankung.<br /> <br /><strong> Welcher Patho&shy;mechanismus liegt zugrunde?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Der genaue Pathomechanismus der Erkrankung ist noch nicht gekl&auml;rt. Es ist ein multifaktorielles Geschehen mit Alteration des zellul&auml;ren wie auch des angeborenen Immunsystems. Dieses ist vermehrt aktiv und f&ouml;rdert die Entz&uuml;ndung der Erkrankung. Weiterhin f&ouml;rdern UV-Licht, Alkohol sowie die Demodex-Milbe die Entz&uuml;ndungsreaktion.<br /> <br /><strong> Wird derzeit rund um die Erkrankung viel geforscht? Welches sind die neuesten Erkenntnisse?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> In letzter Zeit wurde vermehrt das zellul&auml;re wie auch das angeborene Immunsystem untersucht. Es wurde festgestellt, dass bestimmte Enzyme, die eine zentrale Rolle in der Entz&uuml;ndung spielen, vermehrt hergestellt werden. Weiters spielen bestimmte Abwehrzellen eine Rolle. Auch gewisse Ionenkan&auml;le sind in den Fokus der Forschung ger&uuml;ckt. Die bisherige Forschung vermag es jedoch nicht, ein gesamtes Bild der Erkrankung zu erzeugen, sondern legt mosaikartig Pathomechanismen frei. Von einem vollst&auml;ndigen Verst&auml;ndnis der Krankheit sind wir sicher noch Jahre bis Jahrzehnte entfernt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Derma_1603_Weblinks_Seite28.jpg" alt="" width="418" height="665" /></p> <p><strong>Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Rosazea und Morbus Alzheimer, wie in einer k&uuml;rzlich publizierten Studie postuliert?<sup>1</sup></strong> <br /><strong>M. Reinholz:</strong> Die Studie umfasste eine Patientengruppe von &uuml;ber 5,5 Millionen Patienten. In dieser &auml;u&szlig;erst gro&szlig;en Kohorte wurde ein Zusammenhang festgestellt. Dennoch sollten lang angelegte prospektive Studien, die auch andere Risikofaktoren f&uuml;r Alzheimerdemenz untersuchen, diese These weiter untermauern. <br /><br /><strong>Welche Therapieformen werden von den Patienten gerne angenommen, welche weniger?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Dies ist individuell sehr unterschiedlich und auch abh&auml;ngig vom Subtyp der Rosazea. M&auml;nner bevorzugen oft weniger fettige Externa, wohingegen Patientinnen etwas reichhaltigere Cremes pr&auml;ferieren. Einige Patienten kommen mit der Einnahme von Tabletten besser zurecht als mit der Anwendung von Cremes. Daher sollte hier in einer individuellen Beratung beim Hautarzt dem Patienten eine individuell ma&szlig;geschneiderte Therapie verordnet werden.<br /> <br /> <strong>Wie compliant oder therapietreu sind die Rosazeapatienten im Allgemeinen? Nicht jeder akzeptiert die antibiotische Lokaltherapie &ndash; die Azelains&auml;ure brennt, M&auml;nner verwenden ungern Sonnencreme etc.</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Oft ist der Leidensdruck sehr gro&szlig;, wenn Patienten einen Hautarzt aufsuchen, sodass eine gro&szlig;e Therapietreue besteht. Um dem Problem mangelnder Compliance vorzubeugen, sollte eine individuelle Therapieabstimmung auf die Bed&uuml;rfnisse des Patienten im Rahmen eines ausf&uuml;hrlichen Beratungsgespr&auml;chs erfolgen. Je mehr Kenntnisse &uuml;ber die Krankheit der Patient hat, desto eher wird die Therapie konsequent angewandt.<br /> <br /><strong> Sind die Patienten bereit, die Kosten f&uuml;r das Brimonidin-Gel gegen die Gesichtsr&ouml;tung zu tragen, das in &Ouml;sterreich nicht in der gr&uuml;nen Box ist?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> In Deutschland werden die Kosten f&uuml;r Brimonidin-Gel von der Krankenkasse erstattet, daher stellt sich diese Frage bei der Behandlung unserer Patienten in Deutschland nicht. Es handelt sich bei Rosazea Subtyp 1 um eine behandlungsbed&uuml;rftige Hautkrankheit, die wir ad&auml;quat pharmakotherapeutisch behandeln.<br /> <br /><strong> Man sieht nicht selten M&auml;nner mit Rhinophym. Wer operiert das Rhinophym? Plastische Chirurgen? Dermatochirurgen?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Eine Phymbildung erfolgt beim Subtyp 3 der Rosazea. Es handelt sich um eine Talgdr&uuml;senhyperplasie mit Vernarbung. Dies ist ein langsam, aber kontinuierlich ablaufender Prozess, der vorrangig bei M&auml;nnern auftritt. Eine Behandlung ist bei Vernarbung nur noch durch chirurgische Ma&szlig;nahmen wie das Abtragen mittels Skalpell oder Laser m&ouml;glich. Diese Behandlung f&uuml;hrt &uuml;blicherweise der Dermatochirurg durch.<br /> <br /><strong> Wie k&ouml;nnte man innerhalb der Bev&ouml;lkerung die Awareness f&uuml;r die Rosazea steigern?</strong><br /> <strong>M. Reinholz:</strong> Patienten sehen die Erkrankung als gegeben an und wissen oft nicht, dass es therapeutische M&ouml;glichkeiten gibt. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch bereits verbessert. Dennoch gilt es noch viel zu tun, denn trotzdem leiden viele Patientinnen und Patienten unter dem Auftreten von Gesichtsr&ouml;tungen, pl&ouml;tzlich einschie&szlig;enden R&ouml;tungen (Flushing) oder Papeln und Pusteln. Hier helfen sicher Aufkl&auml;rungskampagnen in Funk und Fernsehen oder auch Informationsmaterial bei Haut&auml;rzten. Au&szlig;erdem sollten alle &Auml;rzte mit der Krankheit vertraut sein, um die zu behandelnden Patienten optimal zu beraten.<br /> <br /><strong> Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p> <p>Lesen Sie auch: <a href="7562">Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rosazea und Morbus Alzheimer?</a></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Egeberg A et al: Patients with rosacea have increased risk of dementia. Annals of Neurology 2016; DOI: 10.1002/ana.24645</p> </div> </p>
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