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Tipps für die richtige Anwendung von Hyaluronsäure-Fillern
Jatros
30
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15.09.2016
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<p class="article-intro">Mit dem Fokus auf „Qualitätsverbesserung in der ästhetischen Medizin“ tagte die AFIAS (Austrian Federation for Interdisciplinary Aesthetic Surgery) vom 29. bis 30. April in Wien. In einem Workshop mit praktischer Präsentation am Patienten zeigte Prof. Dr. Sanja Schuller-Petrovic, Wien, wie kinderleicht der korrekte Umgang mit Fillern sein kann.</p>
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<p class="article-content"><p>Der 3D-Alterungsprozess des Gesichtes umfasst Volumenverlust, Elastizitätsverlust und aktinische Veränderungen. Ausgehend vom prallen, dreieckförmigen jungen Gesicht präsentieren sich die altersbedingten Veränderungen als Degeneration der kollagenen und elastischen Fasern, Atrophie der Dermis, des subkutanen Fettgewebes und des Knochens und Verminderung des Hyaluronsäuregehalts. Dies äußert sich in Falten, dünner werdender Dermis, Sagging und Ptosen, Keratosen, Tränensäcken u.v.m.<br /> Der erste Schritt beim ästhetischen Aufklärungsgespräch*, für das man sich viel mehr Zeit nehmen sollte als beim kranken Patienten, ist die Fotodokumentation im Sitzen oder Stehen. „Am Bildschirm lassen sich die Patientenwünsche viel besser besprechen als vor dem Spiegel“, riet Dr. Schuller-Petrovic. „Und im Liegen sieht man die Ptose weniger gut als in aufrechter Position.“<br /> Der 3D-Alterung des Gesichtes kann man nur durch eine 3D-Rekonstruktion entgegenwirken, betonte die Expertin. Wichtig ist es daher, ein Gesamtkonzept zu erstellen, ohne den Patienten aktiv zu etwas zu überreden. Denn wenn es zu Komplikationen kommt – „und es passiert auch den Besten etwas“ –, fühlt sich der Patient zu etwas genötigt, was er a priori nicht geplant hatte, und ist eher zur Klage bereit. Das Aufklärungsgespräch und die kompetente Vorgangsweise sollten daher das Diskutieren der Patientenwünsche, die ästhetische Evaluation des Problems, die Wahl der richtigen Filler, Fotodokumentation, Markieren des Behandlungsgebietes, Schmerzmanagement, Injektionstechnik und mögliche Komplikationen beinhalten.</p> <h2>Die magischen 3 R</h2> <p>Die 3 R in der Rejuvenation sind Revolumizing (Filler, Eigenfett), Resurfacing (Peelings, Laser) und Reposition (Liftings). Atrophie und Volumenverlust in der Subkutis können mit Fillern respektive Volumenfillern (z.B. Voluma with lidocaine, Volift with lidocaine, Res­tylane SubQ, Emervel Volume, Merz Volume, Teosyal Ultimate) oder eigenem Fettgewebe wieder aufgefüllt werden. Nach der Behandlung von Falten mit Hyaluronsäure(HA)-Fillern kommt es zu einem Liftingeffekt und Neubildung von Kollagenfasern in der Dermis nach circa 6–8 Wochen.<br /> Während mimische Falten im oberen Gesichtsbereich hauptsächlich mit Botox behandelt werden, sind gravitationsbedingte Falten und altersbedingte Atrophie im Untergesicht die Domäne von Fillern und Volumenfillern (Abb. 1). Prinzipiell sind HA-Filler (abhängig von der Konzentration der HA im Produkt mehr oder weniger) hydrophil und erzielen einen lang anhaltenden Effekt. Es kommt zu Kollagenneubildung und dadurch zur Dickenzunahme der Dermis. Die beliebtesten Indikationen für Filler sind Nasolabialfalten, Marionettenfalten, submalare Atrophie/Wangenaugmentation, Lippenatrophie, Glabellafalten und Handrücken. Eine gute Indikation für HA sind auch oberflächliche Knitterfältchen an der Wange, die sich nach 3- bis 4-maliger Anwendung glätten lassen. Eine zunehmend beliebtere Indikation sind Ohrläppchen, die mit 0,5ml HA pro Seite augmentiert werden können.<br /> „Früher verwendeten wir nicht resorbierbare Filler, dabei kam es mitunter selbst nach mehreren Jahren zu Fremdkörpergranulomen. Heute sind in der Dermatologie vor allem abbaubare Filler in Verwendung“, berichtete Schuller-Petrovic. Filler aus Hyaluronsäure, Polymilchsäure (Sculptra) und Hydroxylapatit (Radiesse) sind natürliche, lang anhaltende Filler in den speziellen Indikationen. Bei Verwendung von HA-Fillern (Restylane, Emervel, Juvéderm, Teosyal, Belotero, Princess, Hyaluderm) kann man mit Hylase (off-label-use), die in der Ordination immer vorrätig sein sollte, eventuelle Überkorrekturen auflösen. Der große Vorteil der HA-Filler sind das geringe Potenzial für granulomatöse Reaktionen, das natürliche Aussehen und die 6 bis 18 Monate andauernde Wirksamkeit.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Derma_1603_Weblinks_Seite60.jpg" alt="" width="409" height="674" /></p> <h2>Filler ist nicht gleich Filler</h2> <p>Die Fülleffekte eines Fillers sind abhängig von seiner Kohäsivität und Gelhärte, wobei eine niedrige Gelhärte und eine hohe Kohäsivität ideal sind, erklärte die Expertin. Die Gelhärte bestimmt die Stabilität des Fillers. Je höher die Gelhärte, desto stärker ist der Filler äußeren Faktoren ausgesetzt. Filler mit höherer Gelhärte sind eher für die Tiefe geeignet, die hohe Kohäsivität wiederum ist wichtig für den Push-up-Effekt, so Schuller-Petrovic. Ein Vergleich zwischen den einzelnen Anbietern rentiert sich also. HA mit kleinen Gelpartikeln sind für oberflächliche Anwendungen geeignet, HA mit größeren Gelpartikeln eher für tiefere Injektionen in die tiefe Dermis oder Subkutis.<br /> Die NASHA™-Technologie hat sich seit der Einführung von Restylane im Jahr 1996, dem ersten Produkt auf Hyaluronsäurebasis, bewährt und ist seit 2003 neben Europa und der Schweiz auch in den USA zugelassen. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen belegen die gute Verträglichkeit und Wirksamkeit der NASHA(Non-Animal Stabilized Hyaluronic Acid)-Produkte. Mit einem patentierten Stabilisierungsverfahren wird sichergestellt, dass das natürlich vernetzte und verknüpfte HA-Netzwerk bewahrt wird, indem nur eine geringe Anzahl an synthetischen Vernetzungen eingefügt wird. „Auch Emervel ist ein angenehmer Filler“, so die Dermatologin, mit ausgewogener Balance zwischen Vernetzung und Kalibrierung (Balance-Technologie). Emervel-Produkte sind in drei Kalibrierungsgraden verfügbar, wobei der niedrige Kalibrierungsgrad für eine schwächere Augmentation und oberflächliche Injektionen und der hohe Kalibrierungsgrad für stärkere Hebewirkung und tiefere Injektionen gedacht ist. Fast alle Filler sind heute schon mit Lidocain erhältlich. Ein weiterer Anbieter, Allergan, hat mit der Produktreihe Juvéderm in den letzten Jahren die VYCROSS™-Technologie entwickelt. Durch höheren Vernetzungsgrad und eine Mischung von überwiegend niedermolekularer mit einem geringen Anteil hochmolekularer HA ist ein optimales Ergebnis hinsichtlich Wirkdauer, Geschmeidigkeit, Verträglichkeit und ein natürliches Erscheinungsbild zu erzielen. Auch Merz bietet mit seiner innovativen CPM™-Technologie in der Belotero-Reihe für jede Indikation – von der oberen Dermis bis zur Subkutis – das entsprechende Produkt.</p> <h2>Voraussetzung ist Verständnis der Anatomie</h2> <p>Das Wissen um die relevanten anatomischen Grundstrukturen für die Gesichtsaugmentation unter Verwendung von Hyaluronsäure-Fillern ist Voraussetzung für jedwede Behandlung mit Fillern. Im Mittelpunkt stehen der Full-Face-Approach und damit einhergehend die Volumensubstitution in tieferen Schichten der Haut. Lange stand dabei der Aufbau des Mittelgesichts im Fokus. Hier konnte sich der 8-Point-Lift als standardisiertes Behandlungsverfahren etablieren. Dessen Erfinder, der brasilianische Facharzt für plastische Chirurgie Dr. Mauricio de Maio, hat den Ansatz umfassend weiterentwickelt und mit den MD Codes™ einen neuen Leitfaden zur standardisierten Gesichtsaugmentation mit Fillern geschaffen. Dieser bietet praktische Anleitungen für alle relevanten Gesichtsbereiche: von Stirn, Glabella und Schläfen über periorbitale Partie, Wangen und Mittelgesicht hin zu Lippen, perioraler Gegend, Kinn- und Kieferpartie. Auch Bereiche, deren Behandlung erfahrenen Ärzten vorbehalten sein sollte, sind gesondert gekennzeichnet.</p> <h2>Injektionstechnik</h2> <p>Nadel oder Kanüle?, das ist hier die Frage. Der Vorteil von Kanülen besteht in der Vermeidung von Hämatomen, beispielsweise mit der pix’L-Kanüle. Weniger Schmerzen und Schwellungen und die biegsame Nadel bei präzisen Resultaten sprechen dafür. An Techniken gibt es die lineare Technik, die Fächertechnik oder die Criss-cross- bzw. Sandwichtechnik, erklärte Schuller-Petrovic. „Man sollte nicht direkt in die Nasolabialfalte hineinspritzen, sondern etwas mehr medial.“ Für Anfänger empfiehlt sich z.B. für die Behandlung oberflächlicher Knitterfältchen der Pen Injector in Layering-Technik, der die HA tropfenweise abgibt. Im Oberlippenbereich oder bei der Nasolabialfalte sind für einen optimalen Effekt bei starker Elastose oft mehrere Behandlungen nötig, so die Erfahrung der Referentin. Darauf sollte man die Patienten im Vorhinein aufmerksam machen.</p> <h2>Komplikationen</h2> <p>Die harmlosen reversiblen Nebenwirkungen belaufen sich auf Schwellungen, Rötungen und Hämatome, die mit Kühlkompressen, Heparingel oder vor Unterspritzung mit 1 % iger Vitamin-K-Creme therapiert werden. Schwellungen im Unterlidbereich sind eher unangenehm und beruhen oftmals auf zu viel Material. Infektionen müssen chirurgisch oder antibiotisch saniert werden. Wichtig ist auch die anamnestische Frage nach Herpes simplex und ggf. einer antiviralen Abschirmung. Der Tyndall-Effekt, eine bläuliche Verfärbung der Haut, ist eine weitere unerwünschte Komplikation, die bei zu großen Mengen oberflächlich injizierter HA entstehen kann. Im seltenen Fall von einer unbeabsichtigten intraarteriellen Injektion von HA kommt es zu einem starken, einschießenden Schmerz und zu plötzlichem Abblassen des betroffenen Hautbezirks. Der Versorgungsbereich der Arterie soll sofort massiert werden, warme Kompressen aufgelegt und das Enzym Hylase im betroffenen Areal gespritzt werden.</p> <h2>Tipps und Tricks</h2> <ol> <li>Niemals den Filler unabhängig vom Material zu oberflächlich platzieren, denn das Material könnte durchscheinen (Knötchen, Tyndall-Effekt).</li> <li>Volumenfiller sollten tief in die Subkutis oder supraperiostal injiziert werden.</li> <li>Nicht resorbierbare Materialien können Granulome bzw. granulomatöse Reaktionen hervorrufen, selbst nach vielen Jahren.</li> <li>Schriftliche Einwilligungserklärung des Patienten und Fotodokumentation sind obligatorisch.</li> <li>Verschiedene Filler in derselben Region sollten vermieden werden. (Cave: Patient gibt an, noch nie unterspritzt worden zu sein.)</li> <li>Achtung bei Glabella und perialarem Sulcus der Nasolabialfalte – Gefahr von intraarterieller Injektion mit Gefäßverschluss und Nekrose!</li> <li>Keine zu großen Volumina in einer Sitzung. Weniger ist mehr!</li> </ol></p>
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<p><strong>*</strong> Der Op-Katalog ÄsthOp-VO 2013 aus dem Bundesgesetz für ästhetische Behandlung 2012 sowie Aufklärungsformulare können von der AFIAS-Website heruntergeladen werden.</p>
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