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Akute und chronische Pankreatitis – ein Update für den klinischen Alltag
Leading Opinions
Autor:
PD Dr. med. Heiko Frühauf
Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie<br> Vulkanplatz 8, 8048 Zürich<br> E-Mail: heiko.fruehauf@hin.ch
30
Min. Lesezeit
19.12.2019
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<p class="article-intro">Die akute Pankreatitis stellt ein relativ seltenes, potenziell aber schwer verlaufendes Krankheitsbild dar, das zu schwerwiegenden systemischen, aber auch lokalen Komplikationen führen kann, deren Erkennung für die Prognose entscheidend ist. Ein gutes Verständnis der verschiedenen Ätiologien und möglicher Verlaufsformen sowie der Terminologie typischer Komplikationen ist für die stadiengerechte Therapie von grosser Bedeutung. Insbesondere bei der chronischen Pankreatitis ist das erhöhte Risiko für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms zu berücksichtigen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die wichtigsten Ursachen einer akuten Pankreatitis sind chronischer Alkoholüberkonsum und eine Cholelithiasis.</li> <li>Die alleinige Bestimmung der Lipase ist für die Diagnostik besser geeignet als die Bestimmung der Amylase und der kombinierten Bestimmung von Amylase und Lipase nicht unterlegen.</li> <li>Prognostisch ist die Erkennung von systemischen und lokalen Komplikationen wie Flüssigkeitskollektionen relevant, eine prophylaktische Antibiotikatherapie ist nach neueren Daten nicht mehr indiziert.</li> <li>Die wichtigste Therapie besteht in der grosszügigen, aber kontrollierten Gabe von Ringer-Laktat-Infusionen, der peroralen Ernährung, der umgehenden Einleitung einer Suchtberatung bei äthyltoxischer Pankreatitis bzw. der raschen Steinextraktion und umgehenden Cholezystektomie bei biliärer Pankreatitis.</li> <li>Die «Nekrose-Fibrose-Sequenz » führt bei der chronischen Pankreatitis schliesslich zur Ausbildung einer exokrinen Pankreasinsuffizienz; wichtigste Risikofaktoren sind chronischer Alkoholüberkonsum und Nikotin.</li> <li>Domäne der Diagnostik sind bildgebende Verfahren wie Sonografie, CT, MRI, MRCP, EUS sowie einfache und komplexere Funktionstests (Pankreaselastase im Stuhl, Sekretintest).</li> <li>Die Bestimmung der Pankreaselastase im Stuhl erlaubt die Diagnosestellung einer exokrinen Pankreasinsuffizienz und die Kontrolle unter Enzymsubstitution.</li> <li>Das Risiko für das Auftreten eines Pankreaskarzinoms ist bei chronischer Pankreatitis deutlich erhöht und muss speziell bei hereditären Formen berücksichtigt werden, wobei keine klaren Nachsorgeschemata definiert sind.</li> </ul> </div> <h2>Akute Pankreatitis</h2> <p><strong>Definition und Verlaufsformen</strong><br /> Die akute Pankreatitis ist <em>klinisch</em> charakterisiert durch gürtelförmige Oberbauchschmerzen, <em>laborchemisch</em> durch eine Erhöhung der Lipase (oder Amylase) auf mehr als das Dreifache der oberen Norm und durch <em>computertomografisch</em> nachweisbare entzündliche Organveränderungen.<sup>1</sup> Die Inzidenz beträgt 13–45 pro 100 000 Einwohner entsprechend ca. 50 Hospitalisationen pro 100 000 Einwohnern.<sup>2, 3</sup> Typischerweise werden saisonale Schwankungen beobachtet, z. B. ein vermehrtes Auftreten der äthyltoxischen Pankreatitis nach Festtagen.</p> <p>Gemäss der sogenannten «revidierten Atlanta-Klassifikation» werden drei Schweregrade der Pankreatitis unterschieden.<sup>1</sup> Mit Abstand am häufigsten (ca. 75 % ) ist die milde Form, die typischerweise keine Organdysfunktion und keine Komplikationen verursacht. Die Erkrankung heilt typischerweise in weniger als einer Woche folgenlos aus, sodass die Mortalität unter 1 % liegt.<sup>1</sup> Die mittelschwere Verlaufsform wird in etwa 20 % der Fälle beobachtet und führt zu einer passageren, meist weniger als 48 Stunden anhaltenden Organdysfunktion, wobei lokale Komplikationen (ohne Organversagen) beobachtet werden können. Die Mortalität liegt unter 20 % .<sup>1</sup> Die schwere Verlaufsform ist mit ca. 5 % selten. Die Mortalität liegt infolge einer durch Nekrosen verursachten Pankreasinsuffizienz bei 10–30 % und der Verlauf ist durch ein prolongiertes, über mehr als 48 Stunden anhaltendes Multiorganversagen mit Schock, ARDS und Nierenversagen charakterisiert.<sup>1</sup></p> <p><strong>Ätiologie</strong><br /> Die häufigsten Ursachen einer Pankreatitis sind chronischer Alkoholüberkonsum und Gallensteinleiden.<sup>3, 4</sup> Etwa 2–3 % der Alkoholiker, die mehr als 50 g Alkohol pro Tag über mehr als 5 Jahre konsumieren, sind betroffen. Bei der sogenannten biliären Pankreatitis verlegt ein aus der Gallenblase mobilisiertes Konkrement den gemeinsamen Ausführungsgang des Gallenund Pankreasgangs im Bereich der Ampulla Vateri. Sie tritt bei ca. 2 % der Patienten mit asymptomatischer Cholezystolithiasis im Laufe von 20–30 Jahren auf. Andere Ursachen einer akuten Pankreatitis sind Medikamente wie Azathioprin, Mercaptopurin oder Mesalazin. Auch nach einer endoskopischen Darstellung der Gallengänge mit Kontrastmittel (ERCP) kann postinterventionell eine akute Pankreatitis auftreten. Das Risiko beträgt ca. 3,5 % ; in 90 % der Fälle ist der Verlauf mild bis mittelschwer, und durch prophylaktische Gabe von Indomethacin vor der Untersuchung kann das Risiko reduziert werden.<sup>3, 4</sup> Weitere Ursachen für eine Pankreatitis sind Hypertriglyzeridämien oder Traumen. Selten sind hereditäre oder idiopathische Formen.<sup>3, 4</sup></p> <p><strong>Klinik</strong><br /> Typische Symptome sind plötzlich auftretende, heftige, gürtelförmige epigastrische Schmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken (90 % ), Übelkeit und Erbrechen (80 % ) und die Entwicklung eines paralytischen (Sub-)Ileus (70 % ).<sup>5, 6</sup> Bei der körperlichen Untersuchung wird in etwa 60 % eine diffuse Druckdolenz («Gummibauch») gefunden, in etwa der Hälfte der Fälle ist eine Tachykardie zu beobachten. Die in den Lehrbüchern immer wieder erwähnten «Grey-Turner»- oder «Cullen»-Zeichen sind mit 1 % selten. 10 % der Patienten weisen aber Vigilanzstörungen auf.<sup>5, 6</sup> Während bei der laborchemischen Diagnostik die Bestimmung der (Gesamt-)Amylase am häufigsten verwendet wird, ist die Sensitivität der pankreasspezifischen Amylase etwas höher, doch ist die Bestimmung etwas teurer und wird aus technischen Gründen nicht so oft verwendet.<sup>2, 7</sup> Die Richtlinien der Fachgesellschaften empfehlen hingegen die alleinige Bestimmung der Lipase, da sie im Vergleich zur Amylase früher und länger anhaltend erhöht ist, sodass ein grösseres diagnostisches Fenster resultiert. Die gleichzeitige Bestimmung von Amylase und Lipase erhöht die Sensitivität und Spezifität der Diagnose nicht und wird deshalb nicht empfohlen.<sup>2, 7</sup></p> <p><strong>Bildgebende Diagnostik</strong><br /> Die erste und rasch verfügbare Bildgebung ist die Sonografie des Abdomens mit der Frage nach einer Cholelithiasis.<sup>2</sup> Die Computertomografie des Abdomens erlaubt im Verlauf – neben den klinischen Zeichen – die Unterscheidung zwischen einer ödematösen und einer nekrotisierenden Pankreatitis, wird jedoch nicht routinemässig empfohlen und kommt erst 4–7 Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome in Betracht, da sich vorher keine Nekrosen ausbilden können.<sup>1, 2</sup> Auch die routinemässige Feinnadelpunktion von Pankreasnekrosen ist nicht indiziert, zumal in bis zu 25 % der Fälle falsch negative Befunde auftreten können. Zeichen der Gasbildung in der Nekrose in der Computertomografie und klinische Entzündungsund Infektparameter sind ausreichend gute Prädiktoren für die Diagnose.<sup>2</sup></p> <p><strong>Prognose und Verlauf</strong><br /> Zur Abschätzung der Prognose bzw. des Auftretens schwerer Verläufe mit systemischen Komplikationen werden die in Tabelle 1 aufgeführten sog. SIRS-Kriterien («systemic inflammatory response syndrome ») herangezogen.<sup>1</sup> Sind diese bei der Spitalaufnahme erkennbar, ist die umgehende intensivmedizinische Überwachung indiziert.<sup>1</sup> Wenn sie nur 48 Stunden lang nachweisbar sind, ist von einem transienten SIRS auszugehen, das eine Mortalität von ca. 8 % hat, während bei persistierendem SIRS die Mortalität auf 25 % ansteigt.<sup>1</sup> Die Terminologie der lokalen Komplikationen einer ödematösen oder nekrotisierenden Pankreatitis ist für die Beurteilung des zu erwartenden Verlaufs und der Prognose wichtig (Tab. 2).<sup>1, 2</sup> Während in der Frühphase der Erkrankung durch systemische Komplikationen (wie SIRS und Organversagen) ein erster Mortalitätsgipfel nach 7–10 Tagen zu beobachten ist, treten nach mehr als 14-tägiger Krankheitsdauer neben systemischen Komplikationen auch zunehmend lokale Komplikationen wie pankreatische Flüssigkeitsansammlungen und Nekrosen auf, die sich superinfizieren können und neben der konservativen Basistherapie eine eskalierende Stufentherapie erfordern.<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1906_Weblinks_lo_innere_1906_s54_tab1_fruehauf.jpg" alt="" width="275" height="255" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1906_Weblinks_lo_innere_1906_s54_tab2_fruehauf.jpg" alt="" width="550" height="204" /></p> <p><strong>Therapie</strong><br /> Basis sämtlicher therapeutischer Bemühungen ist die möglichst umgehende Infusion von 2500–4000 ml Ringer-Laktat-Lösung mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 5–10 ml/kg/h in den ersten 24 Stunden.<sup>2, 8, 9</sup> Diese Infusionslösung ist wahrscheinlich (ausser bei Hyperkalzämie) der reinen NaCl-Gabe überlegen. Zur Therapiekontrolle dienen die Bestimmung der Herzfrequenz, die <120/min liegen sollte, der Hämatokrit, der bei 35–44 % liegen sollte, ein angestrebter mittlerer arterieller Druck von 65–85 mmHg sowie eine Urinproduktion von >0,5–1 ml/kg/h.<sup>2, 8, 9</sup> Entgegen früheren Empfehlungen sollten die Patienten nicht nüchtern gelassen, sondern früh oral ernährt werden. Nur wenn die orale Nahrungszufuhr nicht toleriert wird, kommt eine enterale Ernährung via Magensonde oder durch eine Duodenalsonde in Betracht.8 Die parenterale Ernährung sollte vermieden werden.8 Auch wird heute keine prophylaktische Antibiotikagabe mehr empfohlen. Denn im Gegensatz zu Studien, die vor 2000 publiziert wurden, konnten klinische Studien, die nach dem Jahr 2000 publiziert wurden, keine Reduktion der pankreatitisbedingten Mortalität durch eine antibiotische Prophylaxe nachweisen.<sup>2, 4, 8</sup> Bei der alkoholischen Pankreatitis beinhaltet die Therapie zudem die Suchtberatung noch während des gleichen stationären Aufenthaltes.8 Bei der biliären Pankreatitis und einer begleitenden Cholangitis sollte innerhalb der ersten 24–48 Stunden eine ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion erfolgen und noch während des gleichen stationären Aufenthalts die Cholezystektomie angestrebt werden.<sup>2, 8, 10</sup> In der PONCHO-Studie konnte gezeigt werden, dass dieses Vorgehen im Vergleich zur Cholezystektomie im Intervall die Mortalität bzw. die Wahrscheinlichkeit für eine stationäre Wiederaufnahme infolge gallensteinassoziierter Komplikationen signifikant reduziert (5 % vs. 17 % ).<sup>10</sup> Ausserdem resultieren geringere Raten an Rezidiven einer biliären Pankreatitis (2 % vs. 9 % ) bzw. biliärer Ereignisse/ Koliken (3 % vs. 51 % ).<sup>10</sup> Bei Komplikationen der akuten Pankreatitis sollte eine eskalierende interventionelle Therapie erfolgen, da minimal invasive Therapien weniger Komplikationen wie Organversagen, pankreatische Fisteln oder Narbenhernien verursachen als die primäre offene Nekrosektomie.<sup>11</sup></p> <h2>Chronische Pankreatitis</h2> <p><strong>Definition, Verlauf und Prognose</strong><br /> Die chronische Pankreatitis ist gekennzeichnet durch progressive entzündliche Veränderungen bzw. rezidivierende Entzündungsschübe, die schliesslich zu einem fibrotischen Umbau des Pankreasparenchyms führen («Nekrose-Fibrose-Sequenz »).<sup>12–14</sup> Als Folge davon kann ein Verlust der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion auftreten. In diesem Stadium IV haben bis zu 20 % der Patienten keine Schmerzen mehr, wohingegen in leichteren Fällen der Stadien I–II in den Rücken ausstrahlende Schmerzen und rezidivierende akute Pankreatitisschübe typisch sind.<sup>12, 16</sup> Die Inzidenz liegt bei 5–12 pro 100 000 Einwohner, die Prävalenz bei 50 pro 100 000 und die Mortalität ist im Vergleich zu derjenigen der Normalbevölkerung 3,6-fach erhöht.<sup>3, 12, 13</sup> Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 70 % (vs. 93 % in der Allgemeinbevölkerung) und die 20-Jahres-Überlebensrate 45 % (vs. 65 % ).<sup>3, 12, 13</sup> Dies ist in erster Linie durch ein erhöhtes Pankreaskarzinomrisiko bedingt. So beträgt bei chronischer Pankreatitis das kumulative Risiko für das Auftreten eines Pankreaskarzinoms innerhalb von 10 Jahren ca. 2 % und innerhalb von 20 Jahren 4 % . Dies entspricht einer Erhöhung des relativen Risikos um den Faktor 13.<sup>17</sup> Bei hereditären Formen der Pankreatitis ist dieses Risiko sogar um den Faktor 70 erhöht, sodass diese Patientengruppe besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Die chronische Pankreatitis ist typischerweise multifaktoriell bedingt: Chronischer Nikotin- und Alkoholkonsum spielen neben anderen nutritiven, hereditären, immunologischen (autoimmunen) und auch anatomischen Ursachen (z. B. Pancreas divisum) eine entscheidende Rolle.<sup>2</sup></p> <p><strong>Diagnostik und Sonderformen</strong><br /> Die Indikation für eine genetische Diagnostik bei vermuteter <em>hereditärer Pankreatitis</em> ist bei einer positiven Familienanamnese für chronische Pankreatitis bei Verwandten 1. und 2. Grades, bei Krankheitsmanifestation vor dem 25. Lebensjahr oder bei der Entwicklung eines Pankreaskarzinoms vor dem 45. Lebensjahr gegeben. Da Trypsin wesentlich zur akuten Entzündungsreaktion bei chronischer Pankreatitis beiträgt, wird dabei die Aktivität verschiedener Enzyme bestimmt, die bei der Aktivierung des Trypsins aus Trypsinogen beteiligt sind (u. a. PRSS1+2, SPINK1, CTRC, CFTR und CASR).<br /> Eine weitere Sonderform der chronischen Pankreatitis stellt die <em>Autoimmunpankreatitis</em> dar. Es werden zwei Typen unterschieden.<sup>18, 19</sup> Typ I ist als Manifestation einer IgG4-assoziierten systemischen Erkrankung am Pankreas zu verstehen und zeigt ein gutes Ansprechen auf Steroide, führt jedoch häufig zu Rezidiven, sodass eine niedrig dosierte Steroid- oder immunsuppressive Dauertherapie für die Remissionserhaltung erforderlich ist. Die Autoimmunpankreatitis Typ II ist hingegen als spezifische Pankreaserkrankung zu verstehen, die histologisch durch eine granulozytäre epitheliale Entzündungskomponente gekennzeichnet ist. Häufig sind jüngere Patienten mit Pankreatitis und Auftreten eines Ikterus betroffen. Auch diese Erkrankung spricht gut auf Steroide an, Rezidive sind selten. Es wird eine Assoziation mit der Colitis ulcerosa beschrieben.</p> <p>Domäne der Diagnostik ist die Bildgebung in Verbindung mit Funktionstests.<sup>14</sup> Sonografie, konventionelle Röntgenaufnahmen (Nachweis von Organverkalkungen in der Abdomenübersicht) und Computertomografie haben eine Sensitivität zwischen 60 und 90 % , bei einer Spezifität um 80–90 % .<sup>20</sup> Gut geeignet zur Darstellung von Ganganomalien des Pankreasgangs und der Seitenäste ist auch die MRCP, zur Diagnostik der Frühphase einer chronischen Pankreatitis vorzugsweise nach Sekretinstimulation.<sup>20</sup> Auch die Endosonografie kann durch die Detektion charakteristischer Veränderungen der Echostruktur und den Nachweis unregelmässiger Gangstrukturen oder intraduktaler Konkremente wichtige Informationen zur Diagnostik beitragen.<sup>21</sup><br /> Als einfacher Screeningtest ist die Stuhlelastase verfügbar, die normalerweise mehr als 200 μg/g Stuhl beträgt.<sup>13</sup> Ist diese auf unter 50 μg/g vermindert, liegt mit einer Sensitivität von 98–100 % eine moderate bis schwere chronische Pankreatitis vor. Allerdings kann die Bestimmung bei Durchfällen oder Diabetes mellitus mit hohem HbA<sub>1c</sub>-Wert zu falsch niedrigen Werten führen. Vergleichsweise aufwendig ist dagegen der Sekretinstimulationstest, der die Gewinnung von Duodenalsekret vor sowie 15, 30, 45 und 60 Minuten nach intravenöser Sekretinstimulation und die Analyse von pH, Sekretvolumen und Bikarbonatgehalt erfordert. Für Spätphasen der chronischen Pankreatitis hat der Test eine hohe Sensitivität, bei Frühformen liegt diese jedoch nur bei 70–75 % .<sup>13</sup></p> <p><strong>Therapie und Nachkontrollen</strong><br /> Ziel der Behandlung und Kontrolluntersuchungen sind ein adäquates Schmerzmanagement, der Ausgleich der exokrinen und endokrinen Pankreasinsuffizienz sowie die Früherkennung von Komplikationen wie Pseudozysten, Gallengangsstenosen und Pankreaskarzinom.<sup>13, 17</sup> Basis der Behandlung ist immer die absolute Alkohol- und Nikotinkarenz bzw. die Behebung auslösender Ursachen. Aufgrund der häufig im Vordergrund stehenden Schmerzen ist eine analgetische Stufentherapie nach dem WHO-Stufenschema zunächst mit Paracetamol (Stufe 1), schwach wirksamen Opioiden wie Tramadol (Stufe 2) und schliesslich stark wirksamen Opioiden wie Pethidin und Fentanyl (Stufe 3) geboten, gegebenenfalls in Kombination mit trizyklischen Antidepressiva oder auch einer begleitenden Psychotherapie. In therapierefraktären Fällen (Stufe 4) können invasive Techniken wie die endosonografisch gezielte Ganglion-coeliacus-Blockade einen Stellenwert haben.<br /> Die Behandlung der exokrinen Pankreasinsuffizienz besteht in der hoch dosierten Gabe von Pankreasenzymen wie z. B. Creon<sup>®</sup>, wobei 25 000–75 000 Einheiten für eine Hauptmahlzeit und 10 000– 25 000 Einheiten für eine Zwischenmahlzeit empfohlen werden.<br /> Die Kontrolle des Therapieerfolgs erfolgt klinisch (Schmerzen?, Fettstühle? Übelkeit und Erbrechen als Hinweis auf Pseudozysten?), laborchemisch durch die Bestimmung von Bilirubin, Cholestaseparametern, HbA<sub>1c</sub>, Vitamine A, D, B12, Folsäure, Zink, Ferritin, Ca 19-9 sowie sonografische Verlaufsuntersuchungen (Pseudozysten?). Mit der Messung der Elastasekonzentration im Stuhl lässt sich der Erfolg der Substitutionstherapie nicht beurteilen, weil nur das menschliche, körpereigene und nicht das therapeutisch zugeführte Enzym gemessen wird.<sup>13, 17</sup><br /> Bezüglich des Karzinomscreenings existieren keine klaren Empfehlungen der grossen Fachgesellschaften. Es kann aber sinnvoll sein, Hochrisikogruppen in regelmässigen Abständen auf das Auftreten eines Pankreaskarzinoms zu untersuchen, so z. B. Patienten mit PRSS1-Mutation und Raucher.<sup>13</sup> Als Screeningbeginn wird ein Alter von 35–40 Jahren bzw. 10 Jahre früher als bei der Erstmanifestation der Erkrankung bei einem Verwandten empfohlen. Als bildgebende Verfahren kommen regelmässige Sonografien alle 6–12 Monate, die Computertomografie, die Endosonografie, MRI oder auch die Bestimmung des Ca 19-9 in Betracht, wobei die erforderlichen Intervalle gegenwärtig unklar sind.</p></p>
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