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Serie: Gastroenterologische Leitsymptome

Die Differenzialdiagnose der chronischen Diarrhö

<p class="article-intro">Dauerhafte Durchfälle stellen für viele Patienten und Behandler eine Herausforderung dar. Die Diagnostik und Therapie ist bei einer sehr breiten Differenzialdiagnose oft aufwendig, kann in den meisten Fällen jedoch erfolgreich abgeschlossen werden. Mit diesem Artikel möchten wir einen Überblick über die vielfältigen Ursachen einer chronischen Diarrhö vermitteln und Abklärungsschritte aufzeigen, welche bereits in der Grundversorgung durchgeführt werden können.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Eine chronische Diarrh&ouml; umfasst fl&uuml;ssigen Stuhlgang, mehr als 3-mal t&auml;glich f&uuml;r mehr als 2&ndash;4 Wochen. Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz sind Leitsymptome und Verlaufsparameter der chronischen Diarrh&ouml;.</li> <li>Eine &laquo;Urge&raquo;-Symptomatik oder Inkontinenz beeintr&auml;chtigt die Lebensqualit&auml;t der Betroffenen stark und muss aktiv erfragt werden, da sich daraus eine therapeutische Konsequenz ergibt.</li> <li>Abkl&auml;rungen schliessen Anamnese inkl. Begleiterkrankungen, Medikamenten und Voroperationen, Laboruntersuchungen inkl. Sprue-Serologie und HIV-Test ein.</li> <li>Bei chronischer Diarrh&ouml; ist grunds&auml;tzlich eine Koloskopie zur Suche nach chronisch-entz&uuml;ndlichen Darmerkrankungen und mikroskopischer Colitis indiziert.</li> <li>Ein Reizdarmsyndrom ist eine Ausschlussdiagnose und sollte bei Erstdiagnose gut abgekl&auml;rt werden. Repetitive Untersuchungen, bei immer gleichen Beschwerden in den folgenden Jahren, sollten vermieden werden.</li> </ul> </div> <h2>Definition</h2> <p>Diarrh&ouml; ist definiert als mehr als drei lose oder fl&uuml;ssige St&uuml;hle pro Tag (&uuml;ber 250&ndash;300g t&auml;glich). Von einer chronischen Diarrh&ouml; wird bei Beschwerdepersistenz &uuml;ber mehr als 2&ndash;4 Wochen gesprochen;<sup>1</sup> dies wird von verschiedenen Fachgesellschaften jedoch unterschiedlich definiert.<sup>2, 3</sup> Das heisst im Umkehrschluss, dass ein &laquo;idealer&raquo; Stuhlgang (1x tgl. geformt) nicht angestrebt werden muss und gelegentlich fl&uuml;ssiger Stuhlgang bis zu 3x t&auml;glich eine normale Variante unserer Darmt&auml;tigkeit ist.</p> <h2>Anamnese</h2> <p>Bei Verdacht auf chronische Diarrh&ouml; lohnt ein genaues Erfragen der Symptome. Wichtig ist das Patientenverst&auml;ndnis eines &laquo;Durchfalls&raquo;, um Missverst&auml;ndnisse aus dem Weg zu r&auml;umen.<br /> Leitsymptome sind Stuhlkonsistenz und die Anzahl der Stuhlg&auml;nge pro Tag und Nacht. Diese Symptome eignen sich zur Einsch&auml;tzung des Schweregrades der Diarrh&ouml; und eines etwaigen Therapieerfolges. Die meisten Stuhlg&auml;nge erfolgen am Morgen oder Vormittag bzw. nach Mahlzeiten (gastrokolischer Reflex). Blut im Stuhl sollte ebenfalls qualitativ und semiquantitativ erfasst werden (am WC-Papier, dem Stuhl auflagernd, mit dem Stuhl vermischt bzw. selten, bei jedem dritten oder zweiten Stuhlgang bzw. immer). Die Stuhlkonsistenz kann hart, fest, geformt, breiig oder fl&uuml;ssig sein; eine exakte Erfassung ist mit der Bristol Stool Scale<sup>4</sup> m&ouml;glich.<br /> In der Anamnese sollten Begleitsymptome (Schmerzen, &Uuml;belkeit etc.), Voroperationen, Bestrahlungen, Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Sklerodermie, Malignome, Manifestationen der Arteriosklerose wie KHK, PAVK), Reisen, Lebens- und Ern&auml;hrungsgewohnheiten (Alkohol, Di&auml;t, Milchprodukte, Koffein, S&uuml;sstoffe) und Medikamente erfasst werden. Bei Alarmzeichen wie Blut ab ano oder assoziiertem Gewichtsverlust sollte eine rasche Diagnostik betrieben werden.</p> <h2>Ausschluss anderer Krankheitsentit&auml;ten</h2> <p><strong>Akute Diarrh&ouml;</strong><br /> Die wichtigste Differenzialdiagnose zur chronischen Diarrh&ouml; ist die akute Diarrh&ouml;. Ein Durchfall von weniger als zwei Wochen Dauer ist in den meisten F&auml;llen infekti&ouml;ser Natur und meist selbstlimitierend. Eine Umgebungs- und Reiseanamnese kann hier zielf&uuml;hrend sein. Die mikrobiologische Suche nach Erregern ist in der Regel nur bei chronisch oder kritisch kranken Patienten (blutige Stuhlg&auml;nge, schwere Diarrh&ouml;, Fieber, starke Abdominalschmerzen oder Reisen in Risikogebiete) sinnvoll und sollte auch Clostridium difficile und bei passender Begleitsymptomatik toxinbildende Shigellen, E. coli und S. aureus umfassen.<sup>1, 5</sup></p> <p><strong>Urge und Inkontinenz</strong><br /> Eine &laquo;Urge&raquo;-Symptomatik (Stuhldrang) bestimmt entscheidend den Einfluss der Diarrh&ouml; auf die Lebensqualit&auml;t. So wird ein &laquo;fragmentierter Stuhlgang&raquo; mit 7&ndash;10x tgl. geformtem Stuhl, z.B. nach ileoanaler Pouch-Anlage, oft gut toleriert, wenn gen&uuml;gend Zeit (&gt;30min) f&uuml;r das Aufsuchen des WCs bleibt. Bei Entz&uuml;ndungen des Rektums ist der Stuhldrang jedoch imperativ und es verbleiben nur wenige Minuten f&uuml;r den Stuhlgang. Patienten haben ihr Verhalten an den Stuhldrang (&laquo;urge&raquo;) angepasst. Sie vermeiden lange Autofahrten, Essen vor wichtigen Terminen oder orientieren sich automatisch nach dem WC in jeder neuen Umgebung.<br /> Inkontinenz bezeichnet einen unwillk&uuml;rlichen Stuhlabgang und ist mit massiven Einschr&auml;nkungen der Lebensqualit&auml;t und oft auch des Selbstwertgef&uuml;hles verbunden. Aufgrund einer starken sozialen Stigmatisierung und von Schamgef&uuml;hlen wird eine Inkontinenz von Patienten &uuml;berraschend oft nicht spontan angegeben.<sup>6&ndash;9</sup> Das aktive Erfragen der Inkontinenz durch den Arzt ist daher entscheidend. Wichtige Fragen<sup>10</sup> sind die H&auml;ufigkeit von unwillk&uuml;rlichem Verlust festen, fl&uuml;ssigen oder gasf&ouml;rmigen Materials, das Tragen von Einlagen, der Einsatz von Medikamenten (Loperamid) und die Zeit bis zum Erreichen des WCs (&lt;15min).<br /> In einer vereinfachten Betrachtungsweise stehen zur Kontinenzerhaltung vier Mechanismen zur Verf&uuml;gung: 1) der Sphinkterapparat aus innerem und &auml;usserem Sphinkter, 2) die Speicherkapazit&auml;t und Dehnbarkeit des Rektums, 3) die anorektale Sensibilit&auml;t, die ein rasches bewusstes Reagieren auf Stuhl im Rektum erm&ouml;glicht und 4) die feste Stuhlkonsistenz.<sup>11&ndash;13</sup> Bis zu 50 % aller Inkontinenzf&auml;lle basieren auf dem Vorliegen einer Diarrh&ouml;. Im Kontrast hierzu steht, dass eine Sphinkterverletzung in mehr als 70 % der F&auml;lle klinisch stumm bleibt.<sup>14</sup> Meist m&uuml;ssen bis zum Auftreten einer Inkontinenz mehrere dieser Mechanismen ausfallen. Risikofaktoren f&uuml;r Inkontinenz sind hohes Alter, weibliches Geschlecht, gleichzeitige Urininkontinenz, mehrere oder schwere Geburten, eine Polyneuropathie und Operationen am Anorektum.<sup>14, 15</sup> Eine Inkontinenz ist eine wichtige Differenzialdiagnose zur chronischen Diarrh&ouml;, da sie vom Patienten oft als Durchfall paraphrasiert wird. Bei einer leichten Inkontinenz kann ein Therapieversuch mit Loperamid und einem Fasermedikament (Flohsamen, Sterculia) erfolgen. Aufgrund der starken Belastung der Patienten sollte jedoch niederschwellig die Zuweisung zu einem Facharzt erfolgen.<br /> Nach Etablieren einer echten chronischen Diarrh&ouml; mit fl&uuml;ssigem Stuhlgang mehr als dreimal t&auml;glich beginnt die Differenzialdiagnose einer chronischen Diarrh&ouml;.</p> <p><strong>Pragmatische Abkl&auml;rung h&auml;ufiger Ursachen der Diarrh&ouml; in der Grundversorgung</strong><br /> In der aktuellen Praxis werden h&auml;ufige Ursachen einer Diarrh&ouml; gezielt gesucht bzw. ausgeschlossen. In Zusammenschau mit der Anamnese und einer internistischen Untersuchung des Patienten empfehlen sich eine orientierende Labordiagnostik mit Elektrolyt-, Nieren-, Leber- und Entz&uuml;ndungswerten, Albumin, TSH, HbA<sub>1c</sub>, INR und Blutbild, mit erg&auml;nzender Suche nach Malabsorption mit Ferritin, Transferrins&auml;ttigung, Vitamin B<sub>12</sub>, Fols&auml;ure und 25-OH-Vitamin D sowie ein HIV-Test und eine Sprue-Serologie (IgA gesamt, Anti-Transglutaminase IgA). Im Stuhl sollten als Screening-Tests Calprotectin, Pankreaselastase und Parasiten (<em>Entamoeba histolytica, Giardia lamblia,</em> Cryptosporidien) bestimmt werden. Auf dieser Basis kann die Differenzialdiagnose aufgebaut werden.<br /> N&auml;chste Schritte umfassen je nach Situation eine Koloskopie, Funktionsdiagnostik und Schnittbildgebung (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1705_Weblinks_lo_innere_1705_s31_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="1718" /></p> <h2>Differenzialdiagnose</h2> <p><strong>Infekti&ouml;se chronische Diarrh&ouml;</strong><br /> Wenige Krankheitserreger k&ouml;nnen eine chronische Diarrh&ouml; verursachen, dazu geh&ouml;ren CMV, HSV, HIV, Campylobacter, Aeromonas, <em>Tropheryma Whippelii</em>, invasive bakterielle Infektionen wie Tuberkulose und Yersinien, Parasiten (Gardia, Am&ouml;ben, Crypto-, Micro- und Cyclosporidien) sowie die pseudomembran&ouml;se Colitis durch <em>C. difficile</em>.<sup>16</sup> Nach Antibiotikaexposition oder bei multimorbiden Patienten ist die Anf&auml;lligkeit f&uuml;r Infektionen mit <em>C. difficile</em> erh&ouml;ht und Toxin und Bakterium sollten niederschwellig gesucht werden. Klinisch wichtig ist, dass nach einer akuten Infektion die Beschwerden die bakterielle Infektion &uuml;berdauern k&ouml;nnen: Etwa 20 % aller Patienten entwickeln nach bakterieller Darminfektion ein postentz&uuml;ndliches Reizdarmsyndrom (&laquo;irritable bowel syndrome&raquo;, IBS; siehe unten) mit ebenfalls schmerzhafter Diarrh&ouml;, das erst nach 6&ndash;18 Monaten in seiner Intensit&auml;t nachl&auml;sst.<sup>17</sup> Das postentz&uuml;ndliche IBS kann f&uuml;r Behandler und Patienten frustrierend sein, sollte aber wie ein IBS und nicht wie eine persistierende Entz&uuml;ndung behandelt werden.</p> <p><strong>Medikament&ouml;s verursachte Diarrh&ouml;</strong><br /> Medikamente sind eine h&auml;ufige Ursache einer chronischen Diarrh&ouml;. Typische Pr&auml;parate sind Laxanzien, Magnesium, Antibiotika, NSAR, Antihypertensiva, Antiarrhythmika und Onkologika.<sup>2, 16</sup> Es empfiehlt sich eine genaue Anamnese einschliesslich freiverk&auml;uflicher und im Ausland oder Internet bezogener Pr&auml;parate, ggf. ein Auslass- und evtl. ein Reexpositionsversuch. Auch chronischer Alkoholkonsum kann zu einer Diarrh&ouml; f&uuml;hren. In j&uuml;ngster Zeit zugelassene Checkpoint-Inhibitoren (Nivolumab, Ipilimumab, Pembrolizumab) zur Zweitlinienbehandlung verschiedener Malignome haben als h&auml;ufigste Nebenwirkung eine Colitis.<sup>18</sup></p> <p><strong>Entz&uuml;ndliche Diarrh&ouml;</strong><br /> Die Sprue (Z&ouml;liakie) ist bedingt durch eine immunologische Reaktion auf Gluten in der Nahrung und betrifft bis zu 1 % der Bev&ouml;lkerung.<sup>19</sup> Die serologische Diagnostik ist wegweisend; zur Best&auml;tigung der Serologie und bei starkem klinischem Verdacht und negativer Serologie ist eine Gastroskopie mit Duodenumbiopsien indiziert.<sup>20</sup><br /> Chronisch-entz&uuml;ndliche Darmerkrankungen (&laquo;inflammatory bowel diseases&raquo;, IBD) umfassen die Colitis ulcerosa mit oberfl&auml;chlicher, aber kontinuierlicher Entz&uuml;ndung und Entz&uuml;ndungsmaximum im Rektum und den Morbus Crohn mit diskontinuierlicher tiefer Entz&uuml;ndung und der M&ouml;glichkeit von Stenosen und Fisteln potenziell im gesamten Gastrointestinaltrakt (Abb. 1). Zum Screening auf IBD eignet sich der Calprotectinwert im Stuhl, der, wenn er negativ ist, zum Ausschluss einer IBD geeignet ist. Eine Darmspiegelung kann eine Colitis ulcerosa beweisen oder ausschliessen. Etwa 90 % aller F&auml;lle eines Morbus Crohn umfassen ebenfalls die durch die Darmspiegelung einsehbaren Anteile des GI-Traktes; zur D&uuml;nndarmdiagnostik sind MRI des D&uuml;nndarms oder als sensitivste Methode die Kapselendoskopie geeignet.<sup>21</sup> Die mikroskopische Colitis umfasst chronische Entz&uuml;ndungen des Dickdarmes entweder als Kollagencolitis mit mikroskopisch gut sichtbarem Kollagenband oder als lymphozyt&auml;re Colitis mit Lymphozyteninfiltration in der Submukosa.<sup>22</sup> Zur Diagnose ist eine vollst&auml;ndige Koloskopie mit Kolonstufenbiopsien aus dem rechtsseitigen und dem linksseitigen Kolon notwendig. Aufgrund der guten Behandlungsm&ouml;glichkeiten mit Budesonid sollte eine mikroskopische Colitis nicht verpasst werden.</p> <p><strong>Endokrinologische Ursachen und Pankreasinsuffizienz</strong><br /> Endokrinologische Ursachen umfassen die Hyperthyreose und M. Addison sowie exotische, aber faszinierende Ursachen wie hormonell aktive Tumoren (Karzinoid, Gastrinom, Somatostatinom, VIPom oder medull&auml;res Schilddr&uuml;senkarzinom). Als Screeningtest eines neuroendokrinen Tumors steht die N&uuml;chtern-Chromogranin- A-Messung zur Verf&uuml;gung (cave falsch positive Werte, z.B. bei Protonenpumpeninhibitoreinnahme). Ebenfalls seltene Ursachen einer chronischen Diarrh&ouml; sind Vaskulitiden und angeborene intestinale Resorptionsst&ouml;rungen. Wegen der geringen Vortestwahrscheinlichkeit f&uuml;r diese Erkrankungen sollte die weiterf&uuml;hrende Diagnostik zur&uuml;ckhaltend eingesetzt werden.<br /> Leitsymptom einer exokrinen Pankreasinsuffizienz ist eine chronische Diarrh&ouml; mit fettigen Stuhlg&auml;ngen. Diagnostisch wertvoll ist die Bestimmung der Pankreaselastase im Stuhl, die jedoch auch bei Diarrh&ouml; anderer Ursachen durch Verd&uuml;nnung falsch negativ sein kann. Einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sind meist schmerzhafte Sch&uuml;be einer chronischen Pankreatitis vorausgegangen.<sup>23</sup> Die Bildgebung (MRCP und Endosonografie: Gangunregelm&auml;ssigkeiten, Parenchymver&auml;nderungen; CT: Verkalkungen) kann hilfreich sein.</p> <p><strong>Andere Ursachen</strong><br /> Eine chronische Diarrh&ouml; kann als Begleiterscheinung bei verschiedenen anderen Erkrankungen auftreten. So kann eine Polyneuropathie bei Diabetes mellitus eine Diarrh&ouml; bedingen. Bei Sklerodermie bewirken bakterielle &Uuml;berwucherungen sowie Polyneuropathie h&auml;ufig die erh&ouml;hte Stuhlfrequenz. Bei bekannter Arteriosklerose sind mesenteriale Isch&auml;mien (isch&auml;mische Colitis) m&ouml;glich, wobei durch die Versorgung des Magen-Darm-Traktes durch drei Arterien mit guter Kollateralisierung andere Manifestationen der Arteriosklerose einer Darmisch&auml;mie meist vorausgehen.<br /> Operationen k&ouml;nnen eine bakterielle &Uuml;berwucherung zur Folge haben oder die L&auml;nge des funktionsf&auml;higen D&uuml;nndarmes reduzieren (D&uuml;nndarmresektionen, bariatrische Operationen), was wiederum den enterohepatischen Kreislauf der Gallens&auml;uren st&ouml;ren kann. Bei fehlender Resorption im terminalen Ileum k&ouml;nnen diese ins Kolon gelangen und eine chologene Diarrh&ouml; ausl&ouml;sen. Hier ist eine Besserung auf Gabe von Colestyramin diagnostisch. Eine Diarrh&ouml; ist ebenfalls iatrogen nach Bestrahlung m&ouml;glich.<br /> Selten werden Kolonkarzinome oder grosse Kolonpolypen mit einer chronischen Diarrh&ouml; symptomatisch. Bei stenosierenden Prozessen kann eine paradoxe Diarrh&ouml; mit Wechsel zwischen schwerer Obstipation und Diarrh&ouml; auftreten, deren Abgrenzung von einer chronischen Diarrh&ouml; schwierig sein kann. Die digitale rektale Untersuchung, Koloskopie und ggf. eine Schnittbildgebung werden hier zur Tumorsuche herangezogen.<br /> Genetische Laktosemalabsorption kann bei laktosereicher Ern&auml;hrung (&gt;12g) eine Diarrh&ouml; bewirken. Bei Laktosemalabsorption und Beschwerden (meist bedingt durch &Uuml;berlappen mit einem IBS) liegt eine Laktoseintoleranz vor.<sup>24</sup> Hier kann ein genetischer Test auf den LCT-13910- C/T-Polymorphismus oder ein H<sub>2</sub>-Atemtest aufschlussreich sein. Eine Laktosemalabsorption besteht jedoch bei der Mehrheit aller Menschen und ist eine normale Variante menschlicher Physiologie.<sup>25</sup></p> <p><strong>Reizdarmsyndrom und funktionelle Diarrh&ouml;</strong><br /> Das Reizdarmsyndrom (&laquo;irritable bowel syndrome&raquo;, IBS) ist mit einer Lebenszeitpr&auml;valenz von ca. 20 % die h&auml;ufigste gastroenterologische Erkrankung von D&uuml;nn- und Dickdarm.<sup>26, 27</sup> Die Diagnose erfolgt gem&auml;ss den Rom-IV-Kriterien (Schmerzen &ge;1x pro Woche w&auml;hrend der letzten 3 Monate seit insgesamt mehr als 6 Monaten mit 2 der folgenden Kriterien: i) Beziehung der Schmerzen zur Def&auml;kation, ii) Beziehung der Schmerzen zu &Auml;nderungen der Stuhlfrequenz, iii) Beziehung der Schmerzen zu &Auml;nderungen von Stuhlkonsistenz).<sup>27</sup> Die genannten Rom-Kriterien sind nicht spezifisch f&uuml;r ein IBS, sondern k&ouml;nnen auch bei mikroskopischer Colitis oder chronisch-entz&uuml;ndlichen Darmerkrankungen auftreten. Suggestiv f&uuml;r ein IBS sind positive Rom-IV-Kriterien bei einem Patienten in einer psychosozialen Belastungssituation und mit rezidivierenden Beschwerden seit mehreren Jahren. Aufgrund der viel gr&ouml;sseren H&auml;ufigkeit eines IBS im Vergleich zu den entz&uuml;ndlichen Erkrankungen kann der Eindruck einer Spezifit&auml;t der Rom-IV-Kriterien entstehen. Die Gefahr des Verpassens gut behandelbarer Krankheiten ist jedoch gross und ein IBS bleibt immer eine Ausschlussdiagnose. So ist im Jahr nach der Diagnose eines IBS die Wahrscheinlichkeit der Erstdiagnose einer chronisch-entz&uuml;ndlichen Darmerkrankung oder eines Kolonkarzinoms hoch.<sup>28, 29</sup> Im Gegensatz dazu sind bei sauber diagnostiziertem IBS undulierende, im Charakter jedoch gleiche Abdominalbeschwerden typisch und invasive Abkl&auml;rungen sollten vermieden werden. Bei einer Diarrh&ouml; ohne begleitende Schmerzsymptomatik wie beim IBS kann als Ursache eine funktionelle Diarrh&ouml; bestehen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1705_Weblinks_lo_innere_1705_s32_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1061" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die chronische Diarrh&ouml; ist Leitsymptom einer Vielzahl h&auml;ufiger und seltener Erkrankungen. Fast immer kann den Beschwerden eine Ursache zugeordnet werden. Die Anamnese ist entscheidend f&uuml;r die diagnostische Weichenstellung. Die initialen Schritte der Abkl&auml;rungen sollten beim Hausarzt erfolgen, gefolgt von einer Zuweisung zu weiteren fach&auml;rztlichen Abkl&auml;rungen inklusive der Koloskopie.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Guandalini S, Vaziri H: Diarrhea: diagnostic and therapeutic advances. 2010: Springer Science &amp; Business Media <strong>2</strong> Thomas PD et al.: Guidelines for the investigation of chronic diarrhoea, 2nd edition. Gut 2003; 52(Suppl 5): v1- 15 <strong>3</strong> Fine KD, LR Schiller: AGA technical review on the evaluation and management of chronic diarrhea. Gastroenterology 1999; 116(6): 1464-1486 <strong>4</strong> Lewis SJ, Heaton KW: Stool form scale as a useful guide to intestinal transit time. 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