
Neue Therapieoption für die eosinophile Ösophagitis
Bericht:
Dr. Corina Ringsell
Redaktorin
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Am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG) in Interlaken stellte Prof. Dr. med. Luc Biedermann, Leitender Arzt an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich, eine vielversprechende Substanz für die Behandlung der eosinophilen Ösophagitis (EoE) vor.
Keypoints
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Dupilumab hemmt IL-4 sowie IL-13 und ist die erste erweiterte Therapie für EoE.
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In klinischen Zulassungsstudien hat der Wirkstoff eine durchgehende Wirksamkeit hinsichtlich histologischer, endoskopischer und klinischer Endpunkte gezeigt.
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Klinische Erfahrungen ausserhalb von Studien in der Schweiz sind sehr positiv und ermutigend.
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EoE-Patient:innen mit refraktärer Krankheit, Steroidintoleranz oder begleitenden atopischen Krankheiten sind ideale Kandidat:innen für die Therapie mit Dupilumab.
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Es besteht eine potenzielle Wirksamkeit auch bei schweren EoE-Formen, einschliesslich Strikturen – evtl. sogar in der ersten Linie («top-down»).
In der Pathophysiologie der eosinophilen Ösophagitis (EoE) spielt ein Ungleichgewicht von T-Helferzellen Typ 1 (Th1) und Typ 2 (Th2) eine wichtige Rolle.1 Bei allergischen und atopischen Krankheiten wie EoE überwiegen Th2, getriggert durch die Anwesenheit von Interleukin-4 (IL-4). Th2 produzieren wiederum IL-4, -5, -9 und -13, was zur Infiltration mit eosinophilen und basophilen Granulozyten sowie Mastzellen führt.1 Diese Zellen fördern und unterhalten die Entzündungsprozesse im Ösophagus; unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf zu Fibrosierung, Remodeling des Gewebes und Strikturen.2 Die Betroffenen leiden unter Beschwerden wie Dysphagie und Bolusobstruktion. Daher sind laut Biedermann die obersten Behandlungsziele, das Remodeling zu vermeiden bzw. bei schwerer EoE zu mindern, die Symptome zu kontrollieren und Bolusobstruktionen zu verhindern. Der monoklonale Antikörper Dupilumab greift in diese Prozesse ein, indem er IL-4 und -13 hemmt.2
Ermutigende Ergebnisse der klinischen Studien
Biedermann stellte eine dreiteilige Phase-III-Studie vor, in der Dupilumab bei EoE-Patient:innen mit Placebo verglichen wurde.2 Eingeschlossen waren Personen ab zwölf Jahren, deren EoE trotz Gabe hoch dosierter Protonenpumpeninhibitoren (PPI) über acht Wochen fortbestand. Alle Proband:innen hatten zu Studienbeginn einen Wert von 10 oder mehr im Dysphagia Symptom Questionnaire (DSQ), median 33,6 in Teil A und 36,7 in Teil B.
In Teil A wurden 81 Patient:innen im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder 300mg Dupilumab/Woche oder Placebo. In Teil B wurden 240 Patient:innen 1:1:1 randomisiert und bekamen 300mg Dupilumab/Woche oder 300mg Dupilumab alle zwei Wochen (plus Placebo in den Wochen ohne Dupilumab) oder Placebo. Primäre Endpunte von Teil A und B waren die histologische Remission (definiert als <6 Eosinophile/HPF) und die absolute Veränderung im DSQ zu Woche 24. In Teil C wurden Patient:innen aufgenommen, die die Teile A oder B beendet hatten. Die Gruppe A–C erhielt für weitere 28 Wochen 300mg Dupilumab/Woche (auch die vorherige Placebogruppe). In Gruppe B–C führten die Patient:innen der Dupilumab-Gruppe das Therapieregime für 28 Wochen weiter. Die Placebogruppe wurde randomisiert und ebenfalls über weitere 28 Wochen entweder mit 300mg Dupilumab/Woche oder alle zwei Wochen behandelt.2
In Teil A erreichten 60% der mit Dupilumab Behandelten eine histologische Remission (vs. 5% unter Placebo). In Teil B erreichten 59% der Patient:innen unter wöchentlicher Dupilumab-Gabe und 60% unter zweiwöchentlicher Gabe eine histologische Remission. Die Wirkung blieb auch in Teil C über insgesamt 52 Wochen erhalten. Patient:innen, die in Teil A und B Placebo erhalten hatten und in Teil C mit Dupilumab behandelt worden waren, erzielten zu Woche 52 ähnliche Ergebnisse wie Proband:innen der Verumgruppen zu Woche 24.2
Das Gleiche galt auch für den zweiten Endpunkt der DSQ-Veränderung: Unter Dupilumab verbesserte sich der DSQ-Score um 21,9 Punkte (vs. Placebo 9,6 Punkte) in Teil A (Abb. 1) und um 23,8 Punkte (vs. 13,9 Punkte) in Teil B. Auch dieser Effekt blieb in Teil C erhalten, und Patient:innen, die von Placebo auf Dupilumab wechselten, erzielten in Teil C wiederum ähnliche Werte wie die Patient:innen der Verumgruppen in Teil A oder B (Abb. 2).2
Abb. 1: Mediane Veränderung im Dysphagia Symptom Questionnaire (DSQ) von Studienbeginn bis Woche 24 bei Patient:innen in Teil A (modifiziert nach Dellon ES et al. 2022)2
Abb. 2: Mediane Veränderung im Dysphagia Symptom Questionnaire (DSQ) der Patient:innen der Gruppe A–C in Teil C (modifiziert nach Dellon ES et al. 2022)2
Nebenwirkungen traten über alle Studiengruppen hinweg bei 60–86% der Patient:innen auf, vor allem Reaktionen an der Injektionsstelle in den Dupilumabgruppen.2
Dupilumab bei Kindern
Dass Dupilumab nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern wirksam und sicher ist, zeigte Biedermann anhand einer zweiteiligen Phase-III-Studie, die Kinder im Alter von einem bis elf Jahren einschloss.3 In Teil A wurden die Kinder über 16 Wochen entweder mit einem höher oder einem niedriger dosierten Dupilumabregime bzw. Placebo behandelt. Am Ende der 16 Wochen wurden die Kinder der Dupilumabgruppen über 36 Wochen mit demselben Regime weiterbehandelt, während die Kinder der Placebogruppe randomisiert entweder höher oder niedriger dosiertes Dupilumab erhielten (Teil B).3 Zum Ende von Teil A hatten 68% der Kinder unter der höheren Dosierung und 58% der Kinder unter der niedrigeren Dosierung den primären Endpunkt einer histologischen Remission erzielt (vs. Placebo 3%). Die Wirkung blieb auch in Teil B erhalten.3
Kombination mit oralen Steroiden oder PPI?
Biedermann ging auch auf die Frage ein, ob Dupilumab mit oralen Steroiden oder PPI kombiniert werden kann. In der Zulassungsstudie mussten die Patient:innen die oralen Steroide absetzen, weshalb es dazu keine Daten und auch keine Empfehlung gibt.2 PPI waren dagegen erlaubt und konnten in einer stabilen Dosis weiter eingenommen werden. Ob PPI genommen wurden oder nicht, machte jedoch keinen Unterschied hinsichtlich des Ansprechens auf Dupilumab.
Wer ist für die Therapie mit Dupilumab geeignet?
Der Experte nannte vier Gruppen von EoE-Patient:innen, für die eine Dupilumabtherapie sinnvoll sein könnte:
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Solche, die auf andere Medikamente nicht ansprechen, zum Beispiel sprechen 10% der EoE-Patient:innen nicht auf Budesonid an.
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Patient:innen mit Budesonid-Maintenance über ein Jahr: Hier kommt es bei rund einem Viertel der Betroffenen zum Wirkverlust.
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Menschen mit Steroidintoleranz
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Patient:innen mit moderaten oder schweren atopischen Komorbiditäten
Auch die Krankheitsaktivität der EoE kann die Therapiewahl beeinflussen, da orale Steroide in schweren Fällen eine geringere Wirksamkeit haben. Um die Krankheitsaktivität zu ermitteln, hat eine multidisziplinäre Konsensuskonferenz 2021 den «Index of Severity for Eosinophilic Esophagitis» (I-SEE) entwickelt. Er beinhaltet die Bereiche: «Symptome und Komplikationen», «Entzündungsmerkmale» und «Fibrostenosen».4 In jedem dieser Bereiche werden, abhängig vom Schweregrad, 1–15 Punkte vergeben und anschliessend addiert. Die Summe ergibt die Krankheitsaktivität: <1: inaktive EoE; 1–6: gering aktive EoE; 7–14: moderat aktive EoE; >15: schwere aktive EoE.4 Inwischen ist sogar eine entsprechende I-SEE-App der American Gastroenterological Association verfügbar.
Biedermann schloss seine Präsentation mit dem Fazit, dass Dupilumab eine wirksame Therapie für Patient:innen mit seit Langem bestehenden Allergien sein kann, ausserdem eine Alternative bei langfristiger Steroidgabe, und es könnte eine gute Option für Patient:innen mit sehr schwerer oder fortgeschrittener EoE sein, um langfristig Komplikationen zu vermeiden.
Quelle:
Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie (SGG), 12. und 13. September 2024, Interlaken
Literatur:
1 Yoshimoto T: The hunt for the source of primary interleukin-4: how we discovered that natural killer T cells and basophils determine T helper type 2 cell differentiation in vivo. Front Immunol 2018: 9: 716 2 Dellon ES et al.: Dupilumab in adults and adolescents with eosinophilic esophagitis. N Engl J Med 2022; 387: 2317-30 3 Chehade M et al.: Dupilumab for eosinophilic esophagitis in patients 1 to 11 years of age. N Engl J Med 2024; 390: 2239-51 4 Dellon ES et al.: A clinical severity index for eosinophilic esophagitis: development, consensus, and future directions. Gastroenterology 2022; 163: 59-76
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