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Patient:innen mit Multipler Sklerose

Kappa-FLC zur Prognoseabschätzung

Der Kappa-freie-Leichtketten-Index korreliert nicht nur mit der kurzfristigen Krankheitsaktivität bei Multipler Sklerose, sodass er auch als Marker zur Langzeitprognose der Behinderungsprogression und Schubaktivität herangezogen werden kann.

Keypoints

  • Der κ-FLC-Index sagt die Schubaktivität und Behinderungsprogression von MS-Patient:innen bis zu 10 Jahren später voraus.

  • Der prognostische Wert des κ-FLC-Index ist unabhängig von anderen prognostischen Faktoren, wie Alter, Geschlecht sowie MRT-Parametern.

  • Patient:innen mit hohen κ-FLC-Index-Werten (>100) erleiden früher (57 Monate) einen Schub nach Erstdiagnose als jene mit niedrigen κ-FLC-Index-Werten (76 Monate).

  • Patient:innen mit hohen κ-FLC-Index-Werten (>100) weisen eine um 40% bzw. 27% erniedrigte Wahrscheinlichkeit auf, innerhalb der ersten 10 Jahre schubfrei bzw. ohne Behinderungsprogression zu bleiben.

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die durch einen Erkrankungsbeginn im jungen Erwachsenenalter, das Risiko für künftige Behinderung sowie einen überaus variablen Erkrankungsverlauf charakterisiert ist. Therapeutische Fortschritte der letzten Jahre haben eine Vielzahl von neuen „disease modifying treatments“ (DMT) mit unterschiedlicher Effektivität und unterschiedlichen Nebenwirkungsprofilen hervorgebracht. Die Schwierigkeit bleibt die robuste Stratifizierung von Patient:innen anhand ihres Risikos für künftige Behinderung, um „maßgeschneiderte“ Therapieempfehlungen für jeden Patienten/jede Patientin anbieten zu können.

Eine Möglichkeit hierzu bieten verschiedenste Biomarker. Als vielversprechend hat sich in den letzten Jahren der Kappa(κ)-freie-Leichtketten(FLC)-Index herauskristallisiert. κ-FLC werden während der Immunglobulinsynthese von Plasmazellen produziert und können somit als Surrogat für eine intrathekale B-Zell-Aktivität herangezogen werden. Dabei zeigte sich, dass die Höhe des κ-FLC-Index mit der kurzfristigen Krankheitsaktivität von MS-Patient:innen über vier Jahre korreliert.1 Der prognostische Wert über einen längeren Zeitraum ist bisher jedoch weitgehend unbekannt.

Vorhersage der Langzeitprognose

Aus diesem Grund begleiteten wir im Rahmen der gegenständlichen Studie eine Kohorte von MS-Patient:innen über einen Zeitraum von rund 10 Jahren ab Erstdiagnose. Zu Beginn wurde der κ-FLC-Index mittels Nephelometrie bestimmt und MRT-Untersuchungen des Schädels hinsichtlich T2-hyperintenser und kontrastmittelaufnehmender Läsionen ausgewertet. Anschließend wurden die Patient:innen im halbjährlichen Abstand kontrolliert, Schübe, EDSS-Werte sowie Therapieumstellungen wurden aufgezeichnet. Als Endpunkte dienten Schubaktivität und eine relevante Behinderungsprogression definiert als eine Zunahme des EDSS-Werts von ≥1,5 bei einem EDSS-Baselinescore von 0, von ≥1,0 bei EDSS-Baselinescore >1,0 und ≤5,5 oder ≥0,5 bei EDSS-Baselinescore von >5,5.

Von 64 Patient:innen (medianes Alter: 32; F:M = 3:1) erlitten 69% während der Beobachtungsdauer weitere Schübe, 30 (47%) erlitten eine Behinderungsprogression. Der κ-FLC-Index sagte die Zeit bis zum nächsten Schub bereits bei Diagnosestellung voraus, der prognostische Wert des κ-FLC-Index war unabhängig von anderen prognostischen Faktoren wie Alter, Geschlecht sowie MRT-Parametern. Patient:innen mit einem hohen κ-FLC-Index bei Studienbeginn (>100) wiesen eine signifikant kürzere mediane Zeit bis zu einer Schubaktivität auf (57 Monate) verglichen mit jenen mit einem niedrigen κ-FLC-Index (76 Monate). Die Gruppe mit hohem κ-FLC-Index hatte eine um 40% verringerte Wahrscheinlichkeit, im Jahr 10 schubfrei zu bleiben, verglichen mit Patient:innen mit niedrigem κ-FLC-Index. Ebenso ist die Prädiktion einer Behinderungsprogression bei Diagnosestellung mittels κ-FLC-Index-Werten unabhängig von anderen Faktoren möglich: Patient:innen mit hohen κ-FLC-Index-Werten erlitten signifikant schneller und wahrscheinlicher eine Behinderungsprogression innerhalb von 10 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit, im Jahr 10 ohne Verschlechterung der Behinderung zu bleiben, war bei Patient:innen mit hohem κ-FLC-Index um 27% geringer als bei Patient:innen mit niedrigem κ-FLC-Index.

Conclusio

Zusammengefasst sagt der κ-FLC-Index bei MS-Patient:innen unabhängig von anderen bekannten prognostischen Faktoren die Langzeitprognose voraus. Im klinischen Alltag können -FLC-Index-Werte >100 – neben anderen Biomarkern (!) – als Zeichen für ein hohes Schubrisiko im künftigen Krankheitsverlauf gewertet werden.

1 Berek K et al.: Kappa-free light chains in CSF predict early multiple sclerosis disease activity. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 2021; 8(4): e1005

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