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Neues Knorpelersatzmaterial zur Hemiarthroplastie beim Hallux rigidus: Erstanwendung in Österreich

<p class="article-intro">Bisher galt die Großzehengrundgelenk-Arthrodese als Goldstandard in der Behandlung des fortgeschrittenen Hallux rigidus. Seit März 2019 ist eine hochinnovative Behandlungsmethode verfügbar, die die Behandlung des Hallux rigidus revolutionieren könnte. Neben ausgezeichneter Schmerzreduktion ist der Erhalt der Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk ein Vorteil. Die Haltbarkeit des Implantats ist zumindest über 5–6 Jahre in Studien abgesichert. Im Traumazentrum Wien/Standort Lorenz Böhler erfolgte am 14. März 2019 die Erstimplantation in Österreich.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Synthetischer Gelenkknorpelersatz mit Polyvinylalkohol in Form einer Hemiarthroplastie (Cartiva<sup>&reg;</sup>) ist eines der vielversprechendsten neuen Verfahren in der Behandlung von Hallux rigidus III&deg;&ndash;IV&deg;.</li> <li>Im Vergleich zur Fusion zeigt sich eine signifikant gr&ouml;&szlig;ere Schmerzreduktion bei vollem Erhalt der Beweglichkeit im Gro&szlig;zehengrundgelenk.</li> <li>Die Anwendung ist einfach, die Rehabilitation rasch, die Revision auf Arthrodese jederzeit m&ouml;glich.</li> </ul> </div> <p>Hallux rigidus ist eine der h&auml;ufigsten Erkrankungen am Vorfu&szlig; (sie betrifft 2&ndash;3 % der Gesamtpopulation) und kann zumindest zu Beginn (I&deg;&ndash;II&deg;) recht gut konservativ therapiert werden. Im weiteren Voranschreiten der Arthrose ist oftmals eine operative Versorgung indiziert. Eine Vielzahl an Operationsmethoden (Cheilektomie, Osteotomien, Interpositionsarthroplastik, Fusion, &hellip;) ist beschrieben, aber die Erfolgsraten der meisten Verfahren sind hoch variabel mit oftmals entt&auml;uschenden Langzeitdaten.<sup>1</sup> Solide Ergebnisse hinsichtlich der Schmerzverbesserung bestehen eigentlich nur f&uuml;r die Gro&szlig;zehengrundgelenk-Arthrodese, die derzeit noch den Goldstandard darstellt. Neben kosmetischen Problemen gerade f&uuml;r Damen bestehen hier trotz des erfolgreichen Heilungsverlaufs oftmals Beschwerden beim Tragen engerer Schuhe. Das Gangbild ist eingeschr&auml;nkt und Limitationen in gewissen Sportarten ergeben sich sogar bei jungen, aktiven Patienten.<sup>2</sup></p> <p>Im Gegensatz dazu stellt die Versorgung durch einen synthetischen Gelenkknorpelersatz mit Polyvinylalkohol in Form einer Hemiarthroplastie (Cartiva<sup>&reg;</sup>) eine vielversprechende Alternative dar. In den USA wird das System seit etwa 10 Jahren eingesetzt und hat als einziges Verfahren einen FDA-Approval als Alternative zur Fusion erreicht. Dies vor allem aufgrund der guten Studienlage, die eine hoch signifikante Verbesserung der Schmerzsituation im Vergleich zur Fusion in den ersten 2 Jahren nach der OP prospektiv belegen konnte.<sup>3</sup> Ausgezeichnete mittelfristige Ergebnisse konnten in einer weiteren Studie auch bez&uuml;glich der &Uuml;berlebensrate des Implantats (96 % nach 5,4 Jahren) gezeigt werden.<sup>4</sup></p> <p>Seit M&auml;rz 2019 ist das Implantat nach &Uuml;bernahme der Entwicklerfirma durch Wright Medical auch in &Ouml;sterreich verf&uuml;gbar. Hier die ersten Eindr&uuml;cke im Zuge der Erstimplantation im Traumazentrum Wien/ Standort Lorenz B&ouml;hler.</p> <h2>Fallpr&auml;sentation</h2> <p>Pr&auml;sentiert wird eine 65-j&auml;hrige Patientin mit Hallux rigidus IV&deg; rechts. Die Patientin gab pr&auml;operativ mittlere Schmerzen (VAS 3&ndash;4) mit Schmerzspitzen von VAS 6&ndash;7 an. Besonders st&ouml;rend empfand sie die Unm&ouml;glichkeit, elegante Damenschuhe zu tragen. Das pr&auml;operative Bewegungsausma&szlig; (passiv) betrug S: 20&ndash;0&ndash;5 (Abb. 1). Die einzelnen Operationsschritte bestanden aus:</p> <ul> <li>Pr&auml;paration des Gelenks unter sparsamer Resektion der Osteophyten (Abb. 2a),</li> <li>Platzierung des F&uuml;hrungsbohrdrahts f&uuml;r die Hohlfr&auml;se inkl. Pr&auml;paration des kn&ouml;chernen Implantatbettes (Abb. 2b),</li> <li>Laden des Setzinstruments mit dem Implantat und Einbringen in den Knochen (Abb. 2c&ndash;f),</li> <li>Nachresektion st&ouml;render Osteophyten und Wundverschluss.</li> </ul> <p>Direkt postoperativ gab die Patientin eine mittlere Schmerzreduktion von VAS 3&ndash;4 auf VAS 1 an, ab der zweiten postoperativen Woche konnte VAS 0 erreicht werden. Das postoperative Bewegungsausma&szlig; (passiv) konnte auf S: 45&ndash;0&ndash;30 gesteigert werden (Abb. 3). Die Patientin wurde im Verbandsschuh f&uuml;r 4 Wochen unter erlaubter Vollbelastung mobilisiert. Die Physiotherapie wurde ab Nahtentfernung am 10. postoperativen Tag begonnen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s40_abb1_kaipel.jpg" alt="" width="600" height="280" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s41_abb2_kaipel.jpg" alt="" width="800" height="194" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s41_abb3_kaipel.jpg" alt="" width="800" height="178" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Dieser Fall zeigt das enorme Potenzial dieser neuen Technik in der Behandlung des schweren Hallux rigidus. Deutlich erkennbar auf den R&ouml;ntgenbildern pr&auml;- versus postoperativ ist ein anfangs v&ouml;llig destruierter Gelenkspalt (Abb. 4a). Dieser ist durch die Funktion des Implantats als Interpositionsarthroplastik und Oberfl&auml;chenersatz wieder weitgehend hergestellt (Abb. 4b). Die St&auml;rken dieser Technik liegen neben der einfachen Anwendung vor allem in der fr&uuml;hfunktionellen Nachbehandlung und der guten Akzeptanz durch die Patienten. Obwohl Langzeitdaten bez&uuml;glich des klinischen Verlaufs und der &Uuml;berlebensrate des Implantats noch fehlen, ist die derzeitige Studienlage als sehr positiv zu werten. Ich pers&ouml;nlich bin froh, diese neue Technik meinen Patienten beim fortgeschrittenen Hallux rigidus anbieten zu k&ouml;nnen, um die Fusion zu ersetzen oder zumindest aufzuschieben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s41_abb4_kaipel.jpg" alt="" width="350" height="242" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Mc Neil DS et al.: Foot Ankle Int 2013; 34(1): 15-32 <strong>2</strong> Da<br />Cunha RJ et al.: Foot Ankle Int 2019; doi: 10.1177/<br />1071100719842799 [Epub ahead of print] <strong>3</strong> Baumhauer JF<br />et al.: Foot Ankle Int 2016; 37(5): 457-69 <strong>4</strong> Daniels TR et<br />al.: Foot A Abb. 4: R&ouml;ntgenbilder pr&auml;operativ und postoperativ nkle Int 2017; 38(3): 243-7</p> </div> </p>
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