Notfallstationen als Eintrittstor ins Gesundheitssystem
Viele Patient:innen wählen den Weg in die Notfallstationen der Spitäler – im Jahr 2022 wurde der bisherige Höchstwert verzeichnet, wie ein aktueller obsan-Bericht zeigt.
Neuchâtel. Die Notfallstationen der Spitäler stellen immer häufiger eine Eintrittspforte zum Gesundheitssystem für nicht geplante Behandlungen dar. Die Stationen verfügen über die technischen Einrichtungen zur Behandlung besonders komplexer oder schwerer, gar lebensbedrohlicher Fälle. Die weniger oder gar nicht dringenden Fälle bereiten angesichts des zusätzlichen Arbeitsaufwands für das Personal und der mobilisierten Ressourcen hingegen Sorgen. Zu diesem Schluss kommt ein aktueller Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (obsan), der sich mit dem Verhalten der Patient:innen in den Jahren 2017 bis 2022 befasst. Die Auswertungen beruhen auf den Patientendaten Spital ambulant (PSA).
Grundsätzlich nehmen die ambulanten Konsultationen in Notfallstationen stetig zu. Im Jahr 2022 wurden 2,25 Millionen ambulante Eintritte gezählt. Die Kosten für die medizinische Versorgung der Patient:innen in Notfallstationen beliefen sich auf mehr als eine Milliarde Franken. Wobei nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermassen vertreten sind: Am höchsten war die Rate der Inanspruchnahme bei Kleinkindern (0–5 Jahre), gefolgt von den jungen Erwachsenen (19–25 Jahre), heisst es im Bulletin. Das Jahr 2022 gilt im Beobachtungszeitraum denn auch als Rekordjahr. Denn während der Pandemie waren die Raten niedriger.
Die Daten weisen zudem deutliche Unterschiede unter den Kantonen auf: Grundsätzlich war die Inanspruchnahme einer Notfallstation im Jahr 2022 in den Spitälern der Westschweizer Kantone wie Jura (standardisierte Rate von 357 Eintritten pro 1000 Einwohner:innen), Waadt (330) und Neuenburg (325) sowie im Tessin (319) höher als in den Deutschschweizer Kantonen. Die niedrigsten Werte wurden in Uri (152) und Appenzell Innerrhoden (109) verzeichnet. Als Ursache wird unter anderem die unterschiedliche Zugänglichkeit zu Spitälern beziehungsweise zu Hausärzt:innen angeführt.
Für die Zukunft empfiehlt der obsan-Bericht vor allem die genaue Analyse der Daten während der Pandemiejahre und der dabei beobachteten Rückgänge bei den Konsultationen in der Notfallversorgung. Möglicherweise liesse sich daraus ableiten, dass die Patient:innen bei einem ausreichenden Angebot an medizinischer Grundversorgung in den Arztpraxen verstärkt dorthin verwiesen werden könnten, was die Notfallstationen entlasten würde. (ehs)
Quelle: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Service: Publikation
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