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Kompressionstherapie venöser Unterschenkelgeschwüre
Jatros
Autor:
Dr. Bernhard Partsch
FA für Dermatologie und Venerologie<br> FA für Angiologie<br> Martinstr. 1<br> 1180 Wien<br> E-Mail: bernhard.partsch@gmail.com
30
Min. Lesezeit
24.05.2017
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<p class="article-intro">Die Kompressionstherapie ist die grundlegende und wichtigste Behandlungsmodalität bei venösen Ulzera. Ihre Wirksamkeit hängt vorwiegend vom ausgeübten Druck und von der Elastizität des verwendeten Materials ab.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Durch Druckeinwirkung auf das Bein von außen wird nicht nur die Mikrozirkulation, sondern auch die Insuffizienz der großen Venen entscheidend verbessert. Dies kann durch verschiedene plethysmografische Methoden sowie durch die Messung des peripheren Venendruckes nachgewiesen werden, welche eine signifikante Reduktion der ambulatorischen venösen Hypertension bei Patienten mit chronischer Veneninsuffizienz zeigt, wenn Kurzzugbinden in mehreren Lagen unter hohem Druck angelegt werden.<br /> Doch nur relativ wenige randomisierte, kontrollierte Studien existieren, welche die allgemeine klinische Erfahrung bestätigen, dass die Kompressionsbehandlung die effektivste konservative Therapiemodalität für eine Ulkusheilung darstellt.</p> <h2>Heilungsphase</h2> <p>Wegen der besseren hämodynamischen und klinischen Wirksamkeit von unelastischem Material bevorzugen wir Zinkleimverbände („Fischerverbände“) für die Heilungsphase. Ulzera mit einer Größe von weniger als 10cm2 und einer nicht allzu langen Bestandsdauer (kürzer als 3 Monate) sollten unter exakter Kompressionstherapie zu circa 70 % innerhalb von 12 Wochen abgeheilt sein. Retromalleolär gelegene Ulzera sind besonders therapieresistent. Der notwendige Verbandsdruck kann hier nur durch zusätzliche Schaumgummi- Pelotten erzielt werden.<br /><br /> Eine Frage, die bei unseren regelmäßig durchgeführten Kompressionskursen häufig gestellt wird, betrifft Wundauflagen. Die ideale Wundauflage sollte das Wundsekret absorbieren, nicht mit der Wunde verkleben und keine Allergien auslösen. Bisher fehlen randomisierte kontrollierte Studien, welche die Überlegenheit von speziellen Wundauflagen überzeugend nachweisen.</p> <h2>Erhaltungsphase</h2> <p>Oft schwieriger als die Abheilung selbst ist es, venöse Ulzera geheilt zu erhalten. Eine Rezidivrate von ungefähr 30 % betont die Wichtigkeit einer an die Abheilung anschließenden Dauerkompression (Erhaltungsphase). Medizinische Wadenkompressionsstrümpfe der Klassen II und III sind die Therapie der Wahl.<br /> Die zweithäufigste Ursache eines Beingeschwürs (~10 % ) ist eine arterielle Minderperfusion, bei der feste Kompressionsverbände kontraindiziert sind. Entscheidend ist es, vor Beginn einer Kompressionsbehandlung eine arterielle Verschlusskrankheit durch eine Doppler-Ultraschall- Untersuchung auszuschließen. Bei sogenannten „gemischten Ulzera“, bei denen zusätzlich zu der arteriellen Komponente auch ein venös bedingtes Ödem besteht, vermag eine sorgfältige und entsprechend modifizierte Kompressionsbehandlung das Bein zu entstauen und den arteriellen Einstrom zu fördern. In diesen Fällen sollte der Ruhedruck eines Verbandes sich null nähern. Dafür eignet sich nur unelastisches Material. Beim Gehen oder bei passiver Bewegung im Sprunggelenk reduzieren die Massagewellen mit jeder Muskelsystole das Ödem, sodass es zu einem Anstieg der arteriellen Durchblutung kommt, ähnlich wie nach intermittierender pneumatischer Kompression.</p> <h2>Duplex-Ultraschall-Untersuchung</h2> <p>Über viele Jahre wurde ein venöses Beingeschwür mit einem postthrombotischen Syndrom mit Schädigung der tiefen Beinvenen gleichgesetzt. Da eine kausale Therapie einer Klappenschädigung in den tiefen Beinvenen nicht möglich ist, konnte Ulkuspatienten ausschließlich eine konservative Kompressionstherapie angeboten werden.<br /> Durch Duplex-Ultraschall-Untersuchungen wissen wir heute, dass bei mehr als der Hälfte der Patienten mit einem venösen Ulkus lediglich das oberflächliche Venensystem geschädigt ist. Diesen Patienten kann man durch eine Ausschaltung der epifaszialen Refluxe helfen. Als Alternative zu einer Operation ist eine ultraschallgezielte Schaumsklerosierung auch großer Varizen möglich, die ohne Narkose und ambulant auch bei älteren Patienten problemlos durchgeführt werden kann.<br /> Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bei jedem Patienten mit einem venösen Ulkus eine Duplex-Ultraschall-Untersuchung durchzuführen, nicht nur um die venöse Ätiologie des Ulkus zu beweisen und sich dabei gleichzeitig ein Bild über die arterielle Situation zu machen, sondern auch um jene Patienten herauszufinden, welchen durch eine Therapie von oberflächlichen Refluxen geholfen werden kann.<br /> Bei therapierefraktären Ulzera sollte zum Ausschluss einer zugrunde liegenden Neoplasie (z.B. exulzeriertes Basaliom) eine Biopsie des Ulkus durchgeführt werden.</p></p>
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