Individualisierte Steroidverschreibung bei COPD-Exazerbationen
Bericht: Reno Barth
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Die Studie STARR2 stellt die gängige Praxis, bei COPD-Exazerbationen unterschiedslos systemische Kortikosteroide einzusetzen, infrage und konnte die Nichtunterlegenheit einer individualisierten, auf Messung der eosinophilen Granulozyten im Blut basierenden Therapie demonstrieren.
Systemische Steroide sind eine wichtige Stütze des Managements schwerer COPD-Exazerbationen und stellen eine Standardtherapie in dieser Indikation dar. Allerdings wurden bislang, so Prof. Dr. Mona Bafadhel vom King's College London, weniger als 1000 Patienten in randomisierten, kontrollierten Studien so behandelt und von den durchgeführten Studien waren nur wenige positiv. Die Evidenz ist außerdem mehr als 20 Jahre alt. Bafadhel betont, dass Kortikosteroide keineswegs harmlos sind und Schäden verstärken können. So zeigt eine aktuelle Studie, dass bei COPD-Patienten die kumulative Dosis oraler Kortikosteroide mit erhöhter Mortalität assoziiert ist. Selbst kurze Behandlungen mit oralen Kortikosteroiden erhöhen das Risiko für Sepsis, tiefe Beinvenenthrombosen und Frakturen erheblich.1
Strategien, jene Patienten zu identifizieren, die tatsächlich von systemischen Kortikosteroiden profitieren, und die Therapie auch auf diese Patienten zu beschränken, sind daher dringend gefragt. Die Eosinophilenzahl im Blut stellt einen potenziellen Biomarker dar, anhand dessen diese Entscheidung getroffen werden könnte. Tatsächlich zeigte eine randomisierte, placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie, dass Eosinophile im Blut als sicherer Indikator für einen Bedarf an systemischen Steroiden gewertet werden können.2 Eine multizentrische, offene Studie mit Patienten mit schweren Exazerbationen zeigte zudem die Nichtunterlegenheit einer auf der Eosinophilenzahl basierenden Therapie.3 Bafadhel betont jedoch, dass diese Evidenz bislang zu keiner Änderung der Empfehlungen geführt habe.
Vor diesem Hintergrund wurde die Studie STARR2 („Stratified TreAtment to Reduce Risk in COPD“) durchgeführt. Die multizentrische, placebokontrollierte, randomisierte Studie wurde im allgemeinmedizinischen Bereich (Primary Care) durchgeführt. Bei Patienten im Interventionsarm wurde mittels Point-of-Care-Test der Anteil der eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut bestimmt. Lag dieser bei mindestens zwei Prozent, wurde mit Prednisolon behandelt. Bei einem Eosinophilenanteil unter zwei Prozent erhielt der Patient Placebo. Im Kontrollarm wurden alle Patienten leitliniengerecht mit Prednisolon behandelt. Der primäre Endpunkt war Therapieversagen zu Tag 30 und Tag 90. Als sekundärer Endpunkt wurde unter anderem die Lungenfunktion erhoben. Die Studie fand hinsichtlich des primären Endpunkts keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Therapieversagen trat bei 27 Prozent der Patienten in der Interventions- und 34 Prozent in der Kontrollgruppe ein, woraus sich ein Risikoverhältnis von 0,82 (95% CI: 0,54–1,23; p = 0,34) ergibt. Damit konnte die Nichtunterlegenheit eines auf die Eosinophilenzahl gestützten Vorgehens gezeigt werden. In der Per-Protocol-Analyse ergaben sich sogar Hinweise auf Überlegenheit des Interventionsarms. Auch hinsichtlich der Lungenfunktion und der CAT- und VAS-Symptomscores zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Armen.
Bafadhel unterstreicht, dass STARR2 die bislang größte Studie zu oralen Kortikosteroiden bei COPD-Exazerbationen ist und die untersuchte Population rund 20 Prozent der insgesamt zu dieser Fragestellung untersuchten Population ausmacht. Angesichts dieser Daten hält sie die Aufnahme einer personalisierten Steroidverschreibung auf Basis der Eosinophilenzahl in die Leitlinien für fällig.
Quelle:
Clinical trial session: „ALERT 1: COPD and hospital management”; ERS 2022 am 4. September 2022
Literatur:
1) Waljee AK et al.: BMJ 2017; 357: j1415
2) Bafadhel M et al.: Am J Respir Crit Care Med 2012; 186(1): 48-55
3) Sivapalan P et al.: Lancet Respir Med 2019; 7(8): 699-709
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