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Ergebnisse nach Small Intestinal Submucosa Corporoplastik
Urologik
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Roland Dahlem
Urologische Klinik und Poliklinik<br> Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg<br> E-Mail: r.dahlem@uke.de
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Armin Soave, FEBU, EAA, FECSM
E-Mail: a.soave@uke.de
30
Min. Lesezeit
16.05.2019
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<p class="article-intro">Die operative Behandlung der Induratio penis plastica ist nach wie vor der Therapiestandard. Mit der SIS-Corporoplastik kann bei einem Großteil der Patienten eine Begradigung des Penis erreicht werden. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Mit der SIS-Corporoplastik kann bei bis zu 100 % der Patienten eine Begradigung des Penis erreicht werden.</li> <li>Ein Längenverlust des Penis und die erektile Dysfunktion sind relevante Komplikationen, die bei IPP-Patienten postoperativ auftreten können.</li> <li>Die Patienten müssen darüber präoperativ ausführlich informiert werden.</li> <li>Es werden mehr Studien benötigt, um die Patientenzufriedenheit und das Outcome detailliert untersuchen zu können.</li> </ul> </div> <h2>Hintergrund</h2> <p>Die Induratio penis plastica (IPP) ist eine chronische und schubweise verlaufende Bindegewebserkrankung des Penis. Die Prävalenz der IPP ist variabel und beträgt 0,3 % (Allgemeinbevölkerung) bis 20 % (Diabetespatienten mit begleitender erektiler Dysfunktion, ED).<sup>1</sup> Das Prädilektionsalter liegt bei 55–60 Jahren.<sup>2</sup> Verschiedene Begleiterkrankungen und Risikofaktoren sind mit einer IPP assoziiert. Hierzu zählen beispielsweise der Diabetes mellitus, die arterielle Hypertonie, die Hyperlipidämie sowie übermäßiger Alkohol- und Nikotinkonsum.<sup>3</sup><br /> Die pathophysiologischen Vorgänge der IPP sind nicht vollständig geklärt. Durch einen Umbau des Bindegewebes der Tunica albuginea der Corpora cavernosa scheint es zur Ausbildung einer lokal umschriebenen fibrösen Induration (sog. Plaque) zu kommen.<sup>1</sup> Diese Indurationen führen letztlich zu Deformitäten und Verkrümmungen des Penis.<br /> Klassischerweise werden bei der IPP zwei Krankheitsphasen unterschieden. In der aktiven Phase treten durch inflammatorische Reaktionen in der Tunica albuginea Schmerzen und Missempfindungen im Bereich des Penis auf. In der stabilen Phase kommt es meist zu einem Nachlassen der Schmerzen und Missempfindungen, Fibrosierungen der Tunica albuginea nehmen aber zu und es kommt zur Ausbildung von Plaques, die am häufigsten dorso-lateral oder dorsal am Penisschaft auftreten.<sup>4</sup> Durch die Fibrosierung kommt es bei 70 % der Patienten zu einem Längenverlust des Penis,<sup>5</sup> bei ca. 23 % der Patienten findet man komplexere (z. B. Sanduhr-ähnliche) Deformitäten.<sup>6</sup><br /> Bei einem Großteil der Patienten wird eine Progredienz der Beschwerden beobachtet, <sup>7</sup> was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Vita sexualis und der Lebensqualität der betroffenen Patienten führen kann. Eine begleitende erektile Dysfunktion tritt bei bis zu 54 % der Patienten mit einer IPP auf.<sup>8</sup> Beziehungsprobleme werden von 54 % der IPP-Patienten berichtet, 81 % haben emotionale Probleme<sup>9</sup> und 48 % der Betroffenen eine klinisch relevante Depression.<sup>10</sup> Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die Therapie der Patienten eine Herausforderung darstellt.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Die Therapie kann in konservative und operative Behandlungsformen unterteilt werden. Die Effektivität der konservativen Therapie ist beschränkt. Die operative Behandlung der schweren IPP stellt einen allgemein akzeptierten Therapiestandard dar und wird in den Leilinien der AUA und EAU im Falle einer 6-monatigen stabilen Erkrankung empfohlen.<sup>11, 12</sup> Es werden bei der Corporoplastik den Penis verkürzende und nicht verkürzende OP-Verfahren unterschieden. Bei den nicht verkürzenden Verfahren wird an der Stelle der maximalen Verbiegung die Tunica albuginea quer inzidiert, wodurch ein Defekt entsteht und die Verkrümmung des Penis korrigiert werden kann. Der Defekt wird mit einem Transplantat gedeckt. Am häufigsten werden aktuell allogene und xenogene Transplantate verwendet,<sup>13</sup> wobei „small intestinal submucosa“ aufgrund einer guten Reiß- und Druckfestigkeit sowie fehlender immunogener Gewebsreaktionen ein attraktives Transplantat darstellt, das seit 2001 für die Corporoplastik eingesetzt wird.<sup>14</sup> Das Ziel der Operation sind die Begradigung des Penis unter Erhalt der erektilen Funktion und die Vermeidung eines relevanten Längenverlusts des Penis, damit der Patient wieder sexuell aktiv sein kann.</p> <h2>Ergebnisse nach SIS-Corporoplastik</h2> <p>Aktuell gibt es 10 publizierte Studien, die Ergebnisse nach SIS-Corporplastik untersucht haben. Einen Überblick über diese Studien gibt Tabelle 1. Insgesamt konnte in diesen Studien gezeigt werden, dass bei 63–100 % der Patienten eine Begradigung des Penis erreicht werden kann. Allerdings tritt bei einem relevanten Anteil der Patienten auch postoperativ eine Verkürzung des Penis auf. Hier zeigt sich eine ausgeprägte Heterogenität, da dies bei 0–71 % der Patienten beobachtet wurde. Ähnlich ist dies bei der erektilen Dysfunktion, die bei 5–67 % der Patienten postoperativ angegeben wird. Dementsprechend ist die Patientenzufriedenheit sehr variabel und beträgt je nach Studie 35–86 %. Es muss betont werden, dass fast alle Studien ein retrospektives Design aufweisen und dass sowohl die Fallzahl als auch das Follow-up sehr eingeschränkt waren. Bemerkenswerterweise wurde die Patientenzufriedenheit in der Hälfte der Studien nicht erfasst.<br /> Dies verdeutlicht, dass dringend mehr Studien zur SIS-Corporoplastik benötigt werden. Insbesondere die begleitenden psychologischen Besonderheiten und ihr Einfluss auf das Outcome sind interessante Fragestellungen, die mit prospektiven Studien und längerem Follow-up untersucht werden sollten. Es ist von herausragender klinischer Bedeutung, die Patienten vor einer Operation ausführlich über die möglichen Erfolgsraten und Komplikationen zu informieren und realistische Erwartungen an die SIS-Corporoplastik zu wecken.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_urologik_uro_1902_s14_tab1.jpg" alt="" width="2150" height="1055" /></p> <p><br /><strong>Interessenkonflikte</strong><br /> Priv.-Doz. Dr. Armin Soave und Priv.-Doz. Dr. Roland Dahlem sind beratend bei Boston Scientific tätig.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Al-Thakafi S, Al-Hathal N: Peyronie's disease: a literature review on epidemiology, genetics, pathophysiology, diagnosis and work-up. Transl Andrology Urol 2016; 5(3): 280-9 <strong>2</strong> Mulhall JP et al.: An analysis of the natural history of Peyronie's disease. J Urol 2006; 175(6): 2115-8; discussion 8 <strong>3</strong> Hussein AA et al.: All about Peyronie's disease. Asian J Urol 2015; 2(2): 70-8 <strong>4</strong> Pryor JP, Ralph DJ: Clinical presentations of Peyronie's disease. Int J Impot Res 2002; 14(5): 414-7 <strong>5</strong> Farrell MR et al.: Peyronie's disease among men who have sex with men: characteristics, treatment, and psychosocial factors. J Sex Med 2013; 10(8): 2077-83 <strong>6</strong> Margolin EJ et al.: Beyond curvature: prevalence and characteristics of penile volume-loss deformities in men with Peyronie's disease. Sex Med 2018; 6(4): 309-15 <strong>7</strong> Yafi FA et al.: Therapeutic advances in the treatment of Peyronie's disease. Andrology 2015; 3(4): 650-60 <strong>8</strong> Usta MF et al.: Stratification of penile vascular pathologies in patients with Peyronie's disease and in men with erectile dysfunction according to age: a comparative study. J Urol 2004; 172(1): 259-62 <strong>9</strong> Smith JF et al.: Risk factors for emotional and relationship problems in Peyronie's disease. J Sex Med 2008; 5(9): 2179-84 <strong>10</strong> Nelson CJ, Mulhall JP: Psychological impact of Peyronie's disease: a review. J Sex Med 2013; 10(3): 653-60 <strong>11</strong> Nehra A et al.: Peyronie’s disease: AUA Guideline. J Urol 2015; 194(3): 745-53 <strong>12</strong> Hatzimouratidis K et al.: EAU Guidelines on erectile dysfunction, premature ejaculation, penile curvature and priapism. http://uroweb.org/wp-content/uploads/ EAU-Guidelines-Male-Sexual-Dysfunction-2016.pdf <strong>13</strong> Chung E et al.: A worldwide survey on Peyronie's disease surgical practice patterns among surgeons. J Sex Med 2018; 15(4): 568-75 <strong>14</strong> Knoll LD: Use of porcine small intestinal submucosal graft in the surgical management of Peyronie's disease. Urology 2001; 57(4): 753-7 <strong>15</strong> Knoll LD: Use of small intestinal submucosa graft for the surgical management of Peyronie's disease. J Urol 2007; 178(6): 2474-8; discussion 8 <strong>16</strong> Breyer BN et al.: Complications of porcine small intestine submucosa graft for Peyronie's disease. J Urol 2007; 177(2): 589-91 <strong>17</strong> Kovac JR, Brock GB: Surgical outcomes and patient satisfaction after dermal, pericardial, and small intestinal submucosal grafting for Peyronie's disease. J Sex Med 2007; 4(5): 1500-8 <strong>18</strong> Lee EW et al.: Small intestinal submucosa for patch grafting after plaque incision in the treatment of Peyronie's disease. Int Braz J Urol 2008; 34(2): 191-6; discussion 7 <strong>19</strong> Staerman F et al.: Mediumterm follow-up of plaque incision and porcine small intestinal submucosal grafting for Peyronie's disease. Int J Impot Res 2010; 22(6): 343-8 <strong>20</strong> Chung E et al.: Fiveyear follow-up of Peyronie's graft surgery: outcomes and patient satisfaction. J Sex Med 2011; 8(2): 594-600 <strong>21</strong> Cosentino M et al.: Surgical treatment of Peyronie's disease with small intestinal submucosa graft patch. Int J Impot Res 2016; 28(3): 106-9 <strong>22</strong> Sayedahmed K et al.: Bicentric prospective evaluation of corporoplasty with porcine small intestinal submucosa (SIS) in patients with severe Peyronie's disease. World J Urol 2017; 35(7): 1119-24 <strong>23</strong> Valente P et al.: Small intestinal submucosa grafting for Peyronie disease: outcomes and patient satisfaction. Urology 2017; 100: 117-24</p>
</div>
</p>
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