
Phototoxische und photoallergische Reaktionen der Haut
Leitende Oberärztin der<br>Photobiologischen Ambulanz<br>Abteilung für Dermatologie und Venerologie<br>Landesklinikum Wiener Neustadt<br>E-Mail: claudia.zikeli@wienerneustadt.lknoe.at
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Bei medikamentösinduzierten phototoxischen und -allergischen Reaktionen handelt es sich um kutane Nebenwirkungen, die u.a. durch UV-Licht ausgelöst werden. Die Diagnose kann meist in Zusammenschau der Medikamentenanamnese mit den auf sonnenexponierte Areale begrenzten Hautveränderungen gestellt werden. Manchmal sind jedoch Lichttestung, Photopatchtest, Photoprovokation, Histologie oder Laboruntersuchung zur Diagnosefindung notwendig. Bei der Verschreibung photosensibilisierender Medikamente müssen Patienten über Lichtschutzmaßnahmen aufgeklärt werden. Abhängig vom Medikament sind bei Langzeiteinnahme regelmäßige Kontrollen angezeigt, um die Entwicklung von Melanomen oder Plattenepithelkarzinomen frühzeitig zu erkennen.
Photosensitivität macht bis zu 8% aller kutanen unerwünschten Arzneiwirkungen aus. Unter Anwendung sowohl systemischer als auch topischer lichtabsorbierender Medikamente können entweder phototoxische oder photoallergische Reaktionen auftreten. Auslöser ist zumeist UVA-Licht, in selteneren Fällen auch UVB oder sichtbares Licht. Die wichtigsten Unterschiede zwischen der häufigeren phototoxischen und seltenen photoallergischen Reaktion sind in Tabelle 1 angeführt.

Tab. 1: Unterschiede zwischen photoallergischer und phototoxischer Reaktion
Diagnostik
Die Basisdiagnostik umfasst primär Medikamentenanamnese und Hautstatus. Photosensitivität ist als Nebenwirkung zahlreicher Medikamente beschrieben. Dieser Artikel bezieht sich ausschließlich auf die häufigsten Auslöser, diese finden sich in Tabelle 2. Medikamente, deren lichtsensibilisierende Wirkung therapeutisch genutzt wird (z.B. Psoralen), sind nicht angeführt. Die Hautveränderungen finden sich typischerweise im Gesicht, am Dekolleté, an den dorsalen Unterarmen und am Handrücken. Ausgespart sind die Oberlider, tiefe Falten und Bereiche unter der Nase, unter dem Kinn und hinter den Ohren.
Das Phototestverfahren erfolgt mittels Lichttreppe zur Bestimmung der minimalen Erythemdosis (MED) für UVA und UVB nach Absetzen des verdächtigen Medikaments und erneut nach systemischer Gabe zum Zeitpunkt der höchsten Plasmakonzentration. Bei Verdacht auf photoallergische Reaktionen wird ein Photoepikutantest durchgeführt, wobei die Testsubstanzen am Rücken doppelt aufgeklebt werden. Nach 24 Stunden wird eine Pflasterserie abgenommen und mit UVA unterhalb der Erythemschwelle bestrahlt. Die zweite Pflasterserie dient als Dunkelkontrolle, um Kontaktsensibilisierungen zu erfassen. Sie wird nach 48 Stunden abgenommen und mit der bestrahlten Reihe am Tag 2, 3 und 4 verglichen. Bei systemisch verabreichten Medikamenten ist die Interpretation der Epikutantestung jedoch limitiert.
Zu den häufigsten Differenzialdiagnosen phototoxischer und photoallergischer Reaktionen zählt die aerogene Kontaktdermatitis, wobei hier der Schattenbereich infranasal, submental und retroaurikulär mitbetroffen ist. Weiters sollte an die polymorphe Lichtdermatose, Porphyrie und Pseudoporphyrie gedacht werden sowie an den durch UVB-Licht getriggerten systemischen Lupus erythematodes.

Tab. 2: Gängigste Auslöser einer Photosensitivität
Ursächliche Medikamente
Tetrazykline
Unter den Antibiotika sind vor allem Tetracyclin und Doxycyclin mit phototoxischen Reaktionen assoziiert. Das klinische Spektrum reicht von Sonnenbrand-ähnlichen Hautveränderungen über solare Urtikaria, aktinisches Granulom und lichenoide Reaktionen bis zur Photoonycholyse. Letztere ist auch für Minocyclin und Lymecyclin beschrieben, auch wenn diese beiden Medikamente generell nicht als signifikant photosensibilisierend gelten. Auslöser ist UVA1-Licht (340–400nm) mit einer gewissen Dosisabhängigkeit. Phototoxizität auf Doxycyclin wurde nach Einzeldosen von 100, 150 und 200mg bei 3, 10 bzw. 42% der Patienten nachgewiesen.
Antimykotika
Voriconazol wird zur Behandlung invasiver Pilzinfektionen verwendet und ist für verschiedene phototoxische Reaktionen verantwortlich. Neben klassischen Dermatitis-solaris-ähnlichen Reaktionen wurden Cheilitis, Pseudoporphyrie und Photoonycholyse beschrieben. Bei länger dauernden Behandlungen treten die Hautveränderungen oft erst nach Monaten auf. Die Langzeittherapie mit Voriconazol ist auch mit der Lichtalterung der Haut und dem vermehrten Auftreten von Melanomen und Plattenepithelkarzinomen der Haut assoziiert.
Nichtsteroidale Antirheumatika
Unter den systemisch verabreichten nichtsteroidalenAntirheumatika (NSAR) scheint Naproxen das höchste photosensibilisierende Potenzial zu haben. Durch Einnahme von Naproxen können typische phototoxische Reaktionen auftreten, aber auch Pseudoporphyrie, multiformeartige und lichenoide Hautveränderungen. Ketoprofen gilt als Auslöser einer sowohl phototoxischen als auch photoallergischen Kontaktdermatitis, wobei die Lichtempfindlichkeit auch nach dem Absetzen noch wochenlang anhalten kann. Kreuzreaktionen zum UV-Filter Benzophenon sind bekannt. Ibuprofen scheint nur in Ausnahmefällen photosensibilisierend zu wirken. Relativ häufig wurden vesikulobullöse und ekzematöse Reaktionen durch Piroxicam berichtet.
Diuretika
Häufigster Auslöser UV-assoziierter Reaktionen unter den Diuretika ist Hydrochlorothiazid. Während der Einnahme kann es zu gesteigerten phototoxisch bedingten Sonnenbrandreaktionen, monatelang andauernden photoallergischen Ekzemen, lichenoiden Hautveränderungen und einer Photoleukomelanodermatitis kommen. Für einige Reaktionen ist neben UVA auch UVB verantwortlich.
Amiodaron
Amiodaron gehört zu den Klasse-III-Antiarrhythmika. Photosensitivität auf Amiodaron äußert sich typischerweise durch ein leichtes Brennen oder Kribbeln auf UV-exponierter Haut mit anschließendem Erythem und Ekzem. Auch hier spielen UVA und UVB eine pathophysiologische Rolle. Nach langjähriger Therapie entwickeln sich bei 1–2% der Patienten blau-graue Pigmentierungen in lichtexponierten Arealen, die in einigen Fällen auch nach dem Absetzen persistieren können.
Zielgerichtete Therapien
Der BRAF-Inhibitor Vemurafenib führt in 35–63% der behandelten Patienten zu einer Lichtempfindlichkeit gegenüber UVA. Weiters kann er kutane Plattenepithelkarzinome induzieren, was jedoch kein phototoxisch induzierter Effekt ist. Unter Dabrafenib und Encorafenib treten phototoxische Nebenwirkungen nur in Einzelfällen auf.
Neuroleptika
Das Phenothiazin-Derivat Chlorpromazin gilt als Auslöser gesteigerter Sonnenempfindlichkeit, lichenoider und bullöser Hautreaktionen. Nach hochdosierter Langzeiteinnahme können auch schiefergraue bis livide Hyperpigmentierungen auftreten.
Retinoide
Acitretin erhöht das Risiko eines Sonnenbrandes. Die photosensibilisierende Wirkung wird bei der Durchführung der Re-PUVA-Behandlung (Retinoid plus Psoralen plus UV-A) therapeutisch genutzt. Die Erfahrung zeigt auch eine erhöhte Sonnenempfindlichkeit für Isotretinoin, auch wenn dafür keine bestätigenden Daten publiziert sind.
Prävention und Therapie
Bei Verschreibung photosensibilisierender Medikamente sollen Patienten über die Notwendigkeit geeigneter Sonnenschutzmaßnahmen aufgeklärt werden. Diese umfassen Vermeidung der Sonne, textilen Sonnenschutz und Lichtschutzfilter mit hohem UVA- und UVB-Schutz. Die gleichen Maßnahmen gelten für die Sekundärprävention. Zur Therapie symptomatischer Patienten sind topische oder systemische Kortikosteroide hilfreich.
Literatur:
• Blakely KM et al.: Drug-induced photosensitivity – an update: culprit drugs, prevention and management. Drug Saf 2019; 42(7): 827-47 • Trautmann A, Kleine-Tebbe J: Photodermatosen. In: Allergologie in Klinik und Praxis. Stuttgart: Thieme, 2013
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