
Transorale Submandibulektomie mit dem DaVinci-Robotersystem
Autoren:
Priv.-Doz. Dr. Stefan Janik, PhD
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Gregor Heiduschka
Priv.-Doz. DDr. Georg Haymerle
Universitätsklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Kopf- und Halschirurgie
Medizinische Universität Wien
Korrespondierende Autoren:
Priv.-Doz. Dr. Stefan Janik, PhD
E-Mail: stefan.janik@meduniwien.ac.at
Priv.-Doz. DDr. Georg Haymerle
E-Mail: georg.haymerle@meduniwien.ac.at
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Das DaVinci-Robotersystem, international als „transoral robotic surgery“ (TORS) bezeichnet, wird in der transoralen HNO-Chirurgie häufig eingesetzt. Zu den Anwendungsgebieten zählen u.a. Tumoren des Oropharynx, Mukosektomien des Zungengrundes bei Karzinomen unklaren Ursprungs (CUP), supraglottische Larynxkarzinome und seit Kurzem auch transorale Submandibulektomien.
Keypoints
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Die roboterassistierte transorale Submandibulektomie ist bei Pathologien ohne Tumorverdacht wie chronische Sialadenitiden, Sialadenosen oder Retentionszysten indiziert.
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Dank des minimal invasiven Eingriffs wird eine zervikale Narbe vermieden und das Risiko für Mundastschwächen minimiert.
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Temporäre Beeinträchtigungen des N. lingualis sind aufgrund des transoralen Zugangs jedoch wahrscheinlicher.
Die moderne Chirurgie wurde durch die Einführung des DaVinci-Robotersystems (Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) 1995 inspiriert und vielfach revolutioniert. Ein DaVinci-Robotersystem besteht stets aus drei Komponenten: (I) einer Arztkonsole, (II) einem Patientenwagen und(III) einem Videosystemwagen (Abb. 1). Der Chirurg kann über solch eine Arztkonsole bis zu drei Arme und eine Kamera am Patientenwagen bewegen, wodurch präzise Eingriffe in engen Operationsgebieten mit komplexer Anatomie ermöglicht werden.
Abb. 1: Die Komponenten des DaVinci-Robotersystems
Anwendungen in der HNO-Heilkunde
Das DaVinci-Robotersystem hat aufgrund dieser Eigenschaften bereits breite Anwendung in der transoralen HNO-Chirurgie gefunden und wird international als „transoral robotic surgery“ (TORS) bezeichnet. Zu den klassischen Indikationen der TORS zählen unter anderem Tumoren des Oropharynx (Tonsille, Zungengrund), Mukosektomien des Zungengrundes bei Karzinomen unklaren Ursprungs (CUP) oder supraglottische Larynxkarzinome.1,2,5 Kürzlich konnten wir an der Universitätsklinik für HNO, Medizinische Universität Wien, erstmals auch transorale Submandibulektomien durchführen, wodurch sich ein weiteres Anwendungsgebiet der TORS ergibt.
Technik
Klassische Submandibulektomie
Bei der „klassischen“ Submandibulektomie wird ein 4–5cm langer zervikaler Hautschnitt durchgeführt. Die Submandibularisdrüse wird dann in ihrer Loge aufgesucht und sukzessive freipräpariert. In der Literatur wird von passageren Paresen des N. marginalis mandibulae („Mundast“) in 5,7–18,7% der Fälle berichtet. Obwohl diesemeist temporär sind, kommt es in bis zu 2,7% auch zu permanenten Schwächen. Bei der Entfernung der Drüse besteht weiters auch ein geringes Risiko von Paresen des N. lingualis (4,4–5,7%) sowie N. hypoglossus (0–1,1%).3,4 Üblicherweise wird vor dem mehrschichtigen Wundverschluss eine kleine Drainage eingelegt, welche in den ersten postoperativen Tagen entfernt wird.
Roboterassistierte Submandibulektomie
Im Vergleich dazu wird die roboterassistierte Submandibulektomie transoral ohne zervikalen Zugang durchgeführt. Nach Einsetzen eines Alexis-Retraktors® wird zur Verbesserung der Exposition ein „Zahnstockerl“ auf der kontralateralen Seite eingebracht und die Zunge mit einem Haltefaden weggehalten (Abb. 2A). Nach Inzision des lateralen Mundbodens wird zunächst der N. lingualis an seinem Unterkreuzungspunkt unterhalb des Ausführungsgangs (Wharton-Gang) aufgesucht und geschont. Danach wird die Patientenkonsole eingerichtet und „bestückt“.
Der Assistent sitzt am Kopfende des Patienten, überwacht die Roboterarme und kann zusätzlich mit Sauger oder Klemme assistieren (Abb. 2B). Mit einer 30°-Optik ist eine gute Übersicht über das Operationsgebiet gegeben und beide Arme können problemlos in der Mundhöhle bewegt werden (Abb. 2C). Unter zervikalem Druck kann die Glandula submandibularis kontinuierlich und schließlich komplett aus ihrer Loge entfernt werden. Es ist hierbei keine Drainageeinlage nötig und die initial inzidierte Mukosa wird mit Einzelknopfnähten adaptiert. Direkt postoperativ kann der orale Kostaufbau begonnen werden und eine Entlassung ist bereits ab dem ersten postoperativen Tag möglich.
Indikationen
Derzeit würden wir die transorale roboterassistierte Submandibulektomie nur bei Pathologien ohne Tumorverdacht empfehlen. Klassische Indikationen sind daher chronische Sialadenitiden, Sialadenosen oder Retentionszysten, wohingegen Malignome und Pathologien, welche eine zusätzliche Lymphknotenentfernung benötigen, nicht geeignet sind.
Fazit
Durch den DaVinci-Operationsroboter kann die Submandibularisdrüse komplett und minimal invasiv über den Mund entfernt werden. Dadurch kann eine zervikale Narbe vermieden und das Risiko für Mundastschwächen minimiert werden. Aufgrund des transoralen Zugangs sind jedoch temporäre Schwächen des N. lingualis wahrscheinlicher.
Literatur:
1 Al-Lami A et al.: Reducing the unknowns: A systematic review & meta-analysis of the effectiveness of trans-oral surgical techniques in identifying head and neck primary cancer in carcinoma unknown primary. Oral Oncol 2022; 126: 105748 2 Durmus K et al.: Transoral robotic supraglottic laryngectomy: surgical considerations. Head Neck 2015; 37(1): 125-6 3 Papaspyrou G et al.: Transcervical extirpation of the submandibular gland: the University of Marburg experience. Eur Arch Otorhinolaryngol 2014; 271(7): 2009-12 4 Springborg LK, Møller MN: Submandibular gland excision: long-term clinical outcome in 139 patients operated in a single institution. Eur Arch Otorhinolaryngol 2013; 270(4): 1441-6 5 Winkler C et al.: Bedeutung der transoralen robotischen Chirurgie in der HNO. Wien Med Wochenschr 2022; 172: 20-30
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