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Pro & Contra

Dynamische Hüftschraube versus intramedulläre Versorgung bei einfachen pertrochantären Frakturen

<p class="article-intro">In der Versorgung einfacher pertrochantärer Frakturen ist die Platzierung des Schenkelhalskraftträgers von entscheidender Bedeutung. Eine korrekte Lage im Femurkopf geht mit dem geringsten Risiko eines Cut-out einher. Diese Implantatposition ist jedoch nur durch eine vorhergehende adäquate Reposition erreichbar. Bisher konnte für keines der intramedullären Implantate eine Überlegenheit gegenüber der dynamischen Hüftschraube in der Versorgung von einfachen pertrochantären Frakturen bewiesen werden. Bei AO31A1.2-Frakturen bietet ein intramedulläres Implantat wahrscheinlich einen Vorteil, da die intramedulläre Lage der vermehrten mediolateralen Instabilität entgegenwirkt und aufgrund des kürzeren Tragarmes eine höhere Primärstabilität erreicht wird. Bei korrekter Durchführung des Operationszuganges ist die Morbidität sowohl für intramedulläre als auch für extramedulläre Implantate gering.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die pertrochant&auml;re Fraktur des proximalen Femurs geh&ouml;rt mit einer Inzidenz von 100 bis 110/100.000 zu den h&auml;ufigsten Frakturen des alten Menschen. Dies ergibt f&uuml;r &Ouml;sterreich j&auml;hrlich etwa 8.800 zu versorgende Patienten. Bei einer durchschnittlichen station&auml;ren Behandlung von zwei Wochen stellt dies f&uuml;r das Gesundheitssystem eine gewaltige sozio&ouml;konomische Belastung dar. <br />Zur Versorgung von pertrochant&auml;ren Frakturen wurden bereits Ende der 1930er-Jahre intramedull&auml;re Implantate wie etwa der Y-Nagel von K&uuml;ntscher entwickelt. Ab 1950 konnte mit der Entwicklung der dynamischen H&uuml;ftschraube (DHS), entstanden aus der Gleitlasche von Pohl, erstmalig eine mediolaterale Dynamik in der Versorgung pertrochant&auml;rer Frakturen ber&uuml;cksichtigt werden. Seit der Markteinf&uuml;hrung von moderneren Implantaten wurden vielfach Studien durchgef&uuml;hrt, um eine &Uuml;berlegenheit intramedull&auml;rer oder extramedull&auml;rer Implantate darzulegen. Obwohl f&uuml;r die intramedull&auml;ren Implantate im Rahmen von biomechanischen Studien Vorteile im Modell gezeigt wurden, konnten diese Ergebnisse klinisch bisher nicht best&auml;tigt werden.</p> <h2>Frakturen und Biomechanik</h2> <p>Pertrochant&auml;re Frakturen werden im angloamerikanischen Raum mithilfe der Klassifikation nach Evans unterteilt. Im europ&auml;ischen Raum ist die AO/OTA-Klassifikation nach M&uuml;ller gebr&auml;uchlicher, welche diese Frakturen in drei Untergruppen einteilt: Die einfache AO31A1.1-Fraktur entspricht einer stabilen 2-Fragment-Fraktur mit einem proximalem Kopf-/Hals-Fragment und dem Oberschenkelschaftfragment. Bei der AO31A1.2-Fraktur kommt es zus&auml;tzlich zu einer Impaktierung des proximalen Kopf-/Hals-Fragmentes mit einer Medialisierung des Schaftes. Eine 2-Fragment-Fraktur mit Beteiligung des Trochanter minor wird als AO31A1.3 klassifiziert.<br /> W&auml;hrend bei der AO31A1.1-Fraktur eine alleinige mediolaterale Instabilit&auml;t vorliegt, muss bei der AO31A1.2-Fraktur eine zus&auml;tzliche Varustendenz ber&uuml;cksichtigt werden. Die AO31A1.3-Fraktur ist aufgrund der Mitbeteiligung der medialen Abst&uuml;tzung (Trochanter minor) als instabil zu werten.<br /> Die laterale Wand ist bei den AO31A1-Frakturen definitionsgem&auml;&szlig; nicht betroffen und bildet bei den bestehenden Kr&auml;fteverh&auml;ltnissen am proximalen Oberschenkel eine zus&auml;tzliche Abst&uuml;tzung, die bei der Versorgung geschont werden muss. <br />Aufgrund dieser biomechanischen Voraussetzungen ist bei den nicht impaktierten Frakturen (AO31A1.1 und AO31A1.3) eine Stabilisierung in der Schenkelhals&shy;achse ausreichend, w&auml;hrend bei den AO31A1.2-Frakturen die Varustendenz mitbeachtet werden muss.</p> <h2>Versorgungsm&ouml;glichkeiten</h2> <p>Mit den am Markt erh&auml;ltlichen extramedull&auml;ren und intramedull&auml;ren Implantaten ist eine Versorgung der 2-Fragment-Frakturen nach aktueller Studienlage sicher m&ouml;glich. Was die Implantatauswahl betrifft, ist eine differenzierte pr&auml;operative Planung notwendig und eine genaue Kenntnis der Operationstechnik entscheidend, um ein optimales Behandlungsergebnis f&uuml;r den Patienten zu erreichen und implantatbezogene Fehler zu vermeiden. Zus&auml;tzlich sind eine pr&auml;operative klinische Begutachtung des Patienten sowie die Durchf&uuml;hrung eines Becken&uuml;bersichtsr&ouml;ntgens Grundvoraussetzung, um Probleme beim Zugang zu erkennen. Bei sehr adip&ouml;sen Patienten oder Patienten mit ausladendem Os ilium kann sich das Einbringen eines intramedull&auml;ren Implantates kompliziert gestalten.<br />F&uuml;r alle Implantate mit einem Schenkelhalskrafttr&auml;ger gilt, dass eine Frakturheilung nur bei korrekter Platzierung im Oberschenkelkopf m&ouml;glich ist. Auch bei stabilen Frakturen kann es bei zyklischer Belastung bei dezentraler Lage im Oberschenkelkopf zum Cut-out kommen. F&uuml;r eine zentrale Lage im Femurkopf &ndash; entsprechend einer &bdquo;tip-apex distance&ldquo; (TAD) von &lt;25mm &ndash; konnten im Rahmen von Studien die geringsten Cut-out-Raten gezeigt werden (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s62.jpg" alt="Abb. 1" width="2151" height="2921" /></p> <h2>Dynamische H&uuml;ftschraube (DHS)</h2> <p>Die DHS unterscheidet sich vom intramedull&auml;ren Implantat f&uuml;r den Anwender vor allem durch den Zugangsweg zum proximalen Femur. Um eine niedrige Komplikationsrate zu erreichen, ist eine korrekte und weichteilschonende Pr&auml;paration des Operationszuganges wichtig. Schonendes Splitting des Musculus vastus lateralis und exakte Blutstillung sind notwendig, um das Risiko einer postoperativen H&auml;matombildung zu minimieren. Durch die prim&auml;re Platzierung der Schenkelhalsschraube der DHS kann eine optimale Position im Oberschenkelkopf erreicht werden. Die Auswahl des richtigen CCD-Winkels des Zielger&auml;tes und ein korrektes Anlegen desselben m&uuml;ssen hier beachtet werden, da sonst eine stabile Lage nicht erreicht werden kann oder es nach Anlegen der Platte zu einer distalen Lockerung kommen kann.</p> <h2>Intramedull&auml;re Implantate</h2> <p>Bei den intramedull&auml;ren Implantaten ergibt sich aufgrund des kleineren Zuganges ein geringeres Weichteiltrauma. Bei der prim&auml;ren Platzierung des Nagels ist auf eine genaue Positionierung des Eintrittspunktes zu achten, da ein zu weit lateral liegender Eintrittspunkt zu einer Verdr&auml;ngung des medialen Kopf-/Hals-Fragmentes und zur varischen Verkippung f&uuml;hren kann (Abb. 2). Eine Beurteilung des Eintrittspunktes in der axialen R&ouml;ntgenaufnahme ist ebenfalls relevant, da ein zu weit dorsal liegender Nagel nur einen nach ventral ansteigenden Schenkelhalstr&auml;ger mit erh&ouml;htem Cut-out-Risiko zul&auml;sst. Ein Ausbrechen des Trochanter major sollte nach M&ouml;glichkeit vermieden werden, um die laterale Abst&uuml;tzung und wichtige muskul&auml;re Stabilisatoren zu erhalten.</p> <h2>Retrospektive Datenanalyse des UKH Lorenz B&ouml;hler</h2> <p>Bei einer retrospektiven Analyse von 240 Patienten der Jahre 2010 bis 2015 (171 Frauen, 69 M&auml;nner, medianes Alter 79,5 Jahre), bei denen im Lorenz-B&ouml;hler-Unfallkrankenhaus einfache pertrochant&auml;re Frakturen (AO31A1) versorgt wurden, ergab sich eine Reoperationsrate von 5,4 % bei der DHS sowie von 4,2 % bei intramedull&auml;ren Implantaten (Tab. 1). <br />Postoperative H&auml;matome traten bei der DHS und bei intramedull&auml;ren Implantaten gleich h&auml;ufig auf (insgesamt n=4). Die h&auml;ufigste Komplikation war ein kraniales Cut-out bei falscher Positionierung des Schenkelhalsimplantates (insgesamt n=5). Bei einer Osteosynthese mit einem intramedull&auml;ren Implantat kam es postoperativ zu einer distalen Schaftfraktur nach Problemen bei der distalen Verriegelung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s61.jpg" alt="Tab. 1" width="2151" height="2921" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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