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Klinische und radiologische Resultate nach Knorpelersatz mit MaioRegen® im Talus

<p class="article-intro">Seit einigen Jahren ist zur chirurgischen Behandlung von osteochondralen Läsionen ein dreischichtiges Kollagen-Hydroxylapatit- Implantat erhältlich, das neben dem Knorpeldefekt auch eine erfolgreiche Rekonstruktion des subchondralen Knochens ermöglicht. Ziel unserer Studie war die Untersuchung von klinischen Ergebnissen und der Gewebequalität nach Versorgung von OCL mittels MaioRegen<sup>®</sup> an der medialen Talusschulter.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Gute klinische Kurzzeitergebnisse nach Knorpelersatztherapie (AMIC) mittels MaioRegen<sup>&reg;</sup> best&auml;tigt</li> <li>Einfache technische Handhabung intraoperativ</li> <li>Gutes &bdquo;Back-up&ldquo;-System f&uuml;r Arthrotomien aufgrund einer OCL</li> <li>Hinweise auf reduzierte Gewebequalit&auml;t im Vergleich zu gesundem hyalinem Gelenkknorpel</li> </ul> </div> <p>Osteochondrale L&auml;sionen (OCL) am Talus sind eine h&auml;ufige Pathologie, die oftmals durch repetitive Traumen oder im Zuge einer Osteochondritis dissecans auftreten.<sup>1</sup> Kleinere OCL mit einer intakten Knorpeloberfl&auml;che k&ouml;nnen konservativ behandelt werden. Gr&ouml;&szlig;ere symptomatische L&auml;sionen sollten einer operativen Therapie zugef&uuml;hrt werden.<sup>2</sup> Chirurgisches D&eacute;bridement und Micro-Fracturing des Defekts zeigen gute kurz- und mittelfristige Daten und k&ouml;nnen arthroskopisch erfolgen. Allerdings verschlechtern sich die Ergebnisse konstant nach 5&ndash;6 Jahren.<sup>3</sup> Transplantierte osteochondrale Zylinder als Autograft sind klinisch effektiv,<sup>4</sup> aber meist mit einer Entnahmemorbidit&auml;t verbunden und erweisen sich als insuffizient zur Behandlung gro&szlig;er OCL.<br /><br /> Autologe Matrix-induzierte Chondrogenese (AMIC) zeigte bei Verwendung einfacher Kollagenmatrizes gute Erfolgsraten.<sup>5</sup> Diese ersetzen aber eigentlich nur die urspr&uuml;ngliche Knorpelschicht, Defekte im subchondralen Knochen m&uuml;ssen meist mit autologer Spongiosa aufgef&uuml;llt werden. Seit einigen Jahren ist f&uuml;r osteochondrale Defekte ein dreischichtiges Kollagen- Hydroxylapatit-Implantat erh&auml;ltlich, das neben dem Knorpeldefekt auch eine erfolgreiche Rekonstruktion des subchondralen Knochens erm&ouml;glicht (MaioRegen<sup>&reg;</sup>). Aktuelle Ergebnisse einer Langzeitstudie am Knie zeigen vielversprechende Resultate.<sup>6</sup> Kurzfristige Ergebnisse am Knie derselben Autorengruppe<sup>7</sup> sowie aus einer skandinavischen Studie am Knie und Sprunggelenk<sup>8</sup> ergaben jedoch ein etwas widerspr&uuml;chlicheres Bild. Ziel dieser Studie<sup>9</sup> war die Untersuchung von klinischen und radiologischen Kurzzeitergebnissen nach Versorgung von OCL mittels MaioRegen<sup>&reg;</sup> an der medialen Talusschulter im Jahr 2013. Um zus&auml;tzliche Hinweise auf die Qualit&auml;t des Regeneratknorpels zu erhalten, wurden biochemische MRI-Sequenzen (T2-Mapping) verwendet. T2-Mapping ist eine gut evaluierte Technik zum Vergleich des Gehalts an Wasser und Kollagen im gesunden und regenerierten Gelenkknorpel<sup>10</sup> und bietet sich zur Beurteilung des Heilungsverlaufs nach operativer Sanierung von OCL mittels MaioRegen<sup>&reg;</sup> an.</p> <h2>Patienten und Methoden</h2> <p>Das Studienprotokoll und alle Messungen wurden durch die lokale Ethikkomission (No. 40/2012) und das Clinical Trial Registry des N.I.H. (No. NCT02345564) genehmigt. <strong>Patienten</strong> Die Einschlusskriterien waren: - unterschriebener Einverst&auml;ndnisbogen zur Teilnahme an der Studie<br /> - einzelne umschriebene OCL an der medialen Talusschulter<br /> - Defektgr&ouml;&szlig;e =1,5cm<sup>2</sup> an der Oberfl&auml;che, maximale Tiefe von 1,5cm<br /> - Alter zwischen 15 und 55 Jahren<br /> Die Ausschlusskriterien waren:<br /> - bekannte Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis<br /> - lokale oder chronische Infektionszeichen<br /> - vorbekannte Frakturen oder Operationen am Sprunggelenk<br /> - Kontraindikationen zur Durchf&uuml;hrung einer MRI<br /><br /> 6 Patienten wurden in der Studie erfasst. Bei 2 Patienten mussten die Messungen in der MRI aufgrund hoher Artefaktbildung durch die verwendeten Implantate (Stahlschrauben) abgebrochen werden. 4 Patienten (2 Frauen und 2 M&auml;nner, Durchschnittsalter 27 Jahre) wurden letztendlich in der Studie ausgewertet. Die Diagnostik der OCL erfolgte 3 bis 6 Monate pr&auml;operativ durch Standard-MRI. Die durchschnittliche Defektgr&ouml;&szlig;e war 2,6cm2 (1,6&ndash;4,2 cm<sup>2</sup>).<br /> Die Messung der klinischen Resultate erfolgte pr&auml;operativ und 6, 12, 18 und 24 Monate nach dem Eingriff durch Erhebung des Ankle Disability Index und AOFASScores. In allen F&auml;llen wurde eine MRI inklusive der biochemischen Sequenzen (T2-Mapping) 18 Monate postoperativ durchgef&uuml;hrt.<br /><br /> <strong>Implantat</strong> In dieser Studie wurde ein zellfreies, dreischichtiges Kollagen-Hydroxylapatit- Implantat (MaioRegen<sup>&reg;</sup> Finceramica, Faenza S.p.A., Italy) untersucht. Dieses besteht aus einer por&ouml;sen Nanostruktur, die in einem ersten Schritt das osteochondrale Gewebe ersetzt und in einem zweiten Schritt nach Einwachsen k&ouml;rpereigener Zellen resorbiert wird.<br /><br /> <strong>Operationstechnik</strong> Alle Patienten wurden am R&uuml;cken liegend gelagert und in herk&ouml;mmlicher Weise abgedeckt. Durch eine Arthroskopie des oberen Sprunggelenkes wurde die Diagnose best&auml;tigt und eine Gr&ouml;&szlig;eneinsch&auml;tzung des Defekts vorgenommen. Danach wurden eine Osteotomie des medialen Malleolus und ein D&eacute;bridement des Defekts durchgef&uuml;hrt. Dabei wurde der subchondrale Knochen so weit pr&auml;pariert, bis ein geeignetes Bett in gew&uuml;nschter Tiefe (6&ndash;8mm) zur Aufnahme des Implantats geschaffen war. Das MaioRegen<sup>&reg;</sup>-Implantat wurde in die gew&uuml;nschte Passform geschnitten und in der Press-fit-Technik eingebracht (Abb. 1). Als zus&auml;tzlicher Stabilisator wurde Fibrinkleber verwendet. Die Kn&ouml;chelosteotomie wurde mittels zweier kan&uuml;lierter Schrauben (4,0mm Titan oder Stahl) refixiert. Eine postoperative Ruhigstellung im Unterschenkelgips wurde f&uuml;r 6 Wochen verordnet, Belastungsaufbau erfolgte bei allen Patienten ab der 7. Woche.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s74_abb1.jpg" alt="" width="721" height="1062" /><br /><br /> <strong>MRI</strong> Bei allen Patienten wurde 18 Monate postoperativ ein MRI inklusive biochemischer Sequenzen (T2-Mapping) durchgef&uuml;hrt. Die Messungen wurden durch drei unabh&auml;ngige Untersucher ausgewertet. In einem ersten Schritt erfolgte eine morphologische Analyse gem&auml;&szlig; dem korrigierten MOCART-Score.<sup>11</sup> In einem zweiten Schritt erfolgte die qualitative Analyse des Regeneratknorpels mittels T2-Mapping. Hierbei wurde basierend auf einer &bdquo;Region of interest&ldquo;(ROI)-Analyse der Regeneratknorpel mit gesundem Gelenkknorpel verglichen.</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p><strong>Klinische Daten</strong><br /> Postoperativ kam es in keinem der F&auml;lle zu einer Infektion, Wundheilungsst&ouml;rung oder Pseudarthrose an der Osteotomiestelle. Der Ankle Disability Index (p&lt;0,05, Abb. 2), aber auch der AOFAS-Score (p&lt;0,03, Abb. 3) zeigten eine signifikante Verbesserung 18 Monate nach der Operation, verglichen mit dem pr&auml;operativen Status.<br /><br /> <strong>Morphologische MRI-Befunde</strong> Der durchschnittliche korrigierte MOCART- Score 18 Monate nach dem Eingriff war 75 (Schwankungsbreite 70 bis 80). 3 von 4 Patienten zeigten eine komplette F&uuml;llung des Defekts 18 Monate nach Implantation. Bei allen Patienten zeigte sich die Oberfl&auml;che des Regeneratgewebes intakt und mit isointensem Signal im Vergleich zum gesunden Gelenkknorpel.<br /><br /> <strong>Qualitative MRI-Befunde</strong><br /> In dieser Studie wurde T2-Mapping (Abb. 4) in Form der Erhebung der globalen T2-Werte durchgef&uuml;hrt. Die globalen T2-Relaxationszeiten zeigten sich im Regeneratgewebe signifikant erh&ouml;ht im Vergleich zum gesunden Gelenkknorpel (p&lt; 0,029, Abb. 5). <strong>Diskussion</strong> Die wichtigste Erkenntnis der Studie ist eine kontinuierliche, signifikante Verbesserung aller klinischen Parameter nach der operativen Sanierung von OCL mit dem MaioRegen<sup>&reg;</sup>-Implantat. Pr&auml;operativ gaben 3 von 4 Patienten anhaltende Schmerzen im Sprunggelenk an. 18 Monate nach dem Eingriff gab nur mehr 1 Patient gelegentliche Schmerzen bei Belastung an. Allen 4 Patienten war eine R&uuml;ckkehr zum Sport m&ouml;glich und alle waren frei von Einschr&auml;nkungen im t&auml;glichen Alltag. Zudem erwies sich die technische Handhabung des Implantats intraoperativ als einfach. Durch eine gewisse Schwellneigung bei Press-fit-Implantation ergibt sich bereits prim&auml;r eine gute Stabilit&auml;t, die durch zus&auml;tzliche Verwendung eines Fibrinklebers verst&auml;rkt werden kann. Fehlende Entnahmemorbidit&auml;t und die M&ouml;glichkeit, ein passendes Implantat ohne gro&szlig;en infrastrukturellen Aufwand als &bdquo;Back-up&ldquo; im OP-Bereich zu lagern, erwiesen sich als weitere Vorteile dieser Operationstechnik.<br /> Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie betrifft die Qualit&auml;t des Regeneratgewebes. Im Gegensatz zu den sehr erfreulichen morphologischen Aspekten im Zuge des MOCART-Scores (intakte Gelenkoberfl&auml;che und isointense Signalcharakteristik des Regeneratknorpels bei allen Patienten) zeigte sich doch ein signifikanter Unterschied in der Bestimmung der globalen T2-Relaxationszeiten zwischen Regenerat- und gesundem Gelenkknorpel. Dies bedeutet einen signifikant unterschiedlichen Gehalt an Wasser und Kollagenfasern im Vergleich zur gesunden Gelenkoberfl&auml;che. Somit scheint das Regeneratgewebe eher einem bindegewebigen Ersatzfaserknorpel zu entsprechen. Reduzierte biomechanische Eigenschaften m&uuml;ssen daher erwartet werden.<br /> Ungl&uuml;cklicherweise weist diese prospektive Fallserie klare Einschr&auml;nkungen hinsichtlich der Methodik auf. Letztendlich konnten nur 4 Patienten 24 Monate postoperativ voll ausgewertet werden. Die gewonnene Datenlage ist sicherlich nicht ausreichend, um verl&auml;ssliche Aussagen hinsichtlich der klinischen Wertigkeit dieses innovativen Therapieverfahrens zu treffen. Immerhin konnten nicht invasiv wertvolle Daten bez&uuml;glich der Qualit&auml;t des Regeneratgewebes von einer unabh&auml;ngigen Arbeitsgruppe gewonnen werden. Die Annahme eines biomechanisch weniger belastungsf&auml;higen Regeneratknorpels nach Implantation von MaioRegen<sup>&reg;</sup> zur Therapie von OCL kann letztlich nur durch histologische Untersuchungen best&auml;tigt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s74_abb2_3.jpg" alt="" width="2150" height="925" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s74_abb4.jpg" alt="" width="722" height="865" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s74_abb5.jpg" alt="" width="933" height="1002" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Die chirurgische Versorgung von OCL am Talus mit der MaioRegen<sup>&reg;</sup>- Matrix brachte erfreuliche klinische Resultate und bestach durch einfache Handhabung im Operationssaal. Biochemische MRT-Daten dieser Studie gaben jedoch Hinweise auf eine reduzierte Gewebequalit&auml;t des Regeneratknorpels im Vergleich zu gesundem hyalinen Gelenkknorpel. Die Durchf&uuml;hrung dieses Projekts wurde durch den Vienna Science and Technology Fund, Project WWTFLS11-018, gef&ouml;rdert.</div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hannon CP et al: Bone Joint J 2014; 96-B(2): 164-71 <strong>2</strong> Baums MH et al: World J Orthop 2014; 5(3): 171-9 <strong>3</strong> Murawski CD et al: Cartilage 2010; 1(2): 137-44 <strong>4</strong> Gautier E et al: J Bone Joint Surg Br 2002; 84(2): 237-44 <strong>5</strong> Kubosch EJ et al: Int Orthop 2016; 40(1): 65-71 <strong>6</strong> Kon E e t a l: A m J Sports Med 2014; 42(1): 158-65 <strong>7</strong> Brix M et al: Int Orthop 2016; 40(3): 625-32 <strong>8</strong> Christensen B B et al: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2016; 24(7): 2380-7 <strong>9</strong> Kaipel M et al: J Foot Ankle Surg; in press <strong>10</strong> Baum T et al: Osteoarthritis Cartilage 2013; 21(10): 1474-84 <strong>11</strong> Marlovits S et al: Eur J Radiolog 2006; 57(1): 16-23</p> </div> </p>
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