
Konzepte zur gelenkserhaltenden Therapie von Knorpelschäden an der Schulter
Autoren:
Dr. med. Sebastian Wangler, MD PhD
PD Dr. med. Michael Schär
Department of Orthopaedic Surgery and Traumatology, Inselspital, Bern
Korrespondierender Autor:
Dr. med. Sebastian Wangler, MD PhD
E-Mail: sebastian.wangler@insel.ch
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Isolierte fokale Knorpeldefekte im Glenohumeralgelenk sind ausser bei Schultergelenkinstabilitäten selten. Sie stellen sowohl bezüglich Diagnostik als auch Therapie eine grosse Herausforderung dar. Bei höhergradigen und grossflächigen Knorpelschäden, wie im Falle einer symptomatischen Omarthrose, hat sich nach Ausschöpfen der konservativen Therapie ein prothetischer Gelenkersatz etabliert. Bei kleineren fokalen Knorpelschäden ist jedoch ein Gelenkersatz äusserst selten indiziert. Hier gibt es zwar heute neben dem Mikrofrakturing verschiedene gelenkerhaltende Behandlungsoptionen, die klinische Datenlage ist aber immer noch schlecht. Das Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, die verschiedenen gelenkerhaltenden Therapieoptionen bei fokalen Knorpelschäden an der Schulter und den Stand der wissenschaftlichen Literatur darzulegen.
Keypoints
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Isolierte fokale Knorpelläsionen sind selten und ihre Diagnose ist herausfordernd. Klären Sie insbesondere junge Patient*innen vor Standardeingriffen, wie z.B. einer Rotatorenmanschettennaht, auf, dass mögliche chondrale Läsionen erst während der Operation erkannt und entsprechend behandelt werden können (z.B. mit Mikrofrakturierung oder reparativen Techniken).
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Zur Behandlung von fokalen Knorpelschäden gibt es mehrere Techniken, bezüglich des Nutzens gibt es bis heute nur wenig Evidenz.
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Junge Personen mit symptomatischen, isolierten humeralen Knorpeldefekten, ansonsten aber mit physiologischer Gelenksmorphologie und Schulterstabilität, gehören zu den optimalen Kandidat*innen für eine Knorpeltherapie.
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Um für den therapierten Knorpel eine bestmögliche Ausgangslage zu schaffen, sollten die zugrunde liegenden Pathologien (z.B. Instabilität) ebenfalls behandelt werden.
Ätiologie fokaler Knorpeldefekte
Die Instabilität des Schultergelenks ist die häufigste Ursache für Knorpelschäden. Chronische Instabilitäten sind in 38–64% der Fälle mit einem meist anterior lokalisierten Knorpeldefekt assoziiert.1–3 Vor allem ein anteroinferiorer glenoidaler Knorpelverlust korreliert aus biomechanischer Sicht mit einem Verlust der Gelenkstabilität.4 Auch bei SLAP-Läsionen treten Knorpelschäden gehäuft auf.5 Iatrogen verursachte Knorpelschäden fanden sich in einer retrospektiven Studie bei 13% der arthroskopierten Patient*innen.
Weitere z.T. seltene Ursachen für fokale Knorpeldefekte sind hochenergietraumabedingte Knorpelschäden, die Osteochondrosis dissecans (OCD) (0,6% der OCD), die Chondrolyse, z.B. nach mehrmaliger intraartikulärer Lokalanästhetikaapplikation, oder die septische Arthritis.
Diagnostik
Mit bildgebenden Verfahren gelingt es heute noch nicht, Knorpeldefekte an der Schulter mit einer hohen Sicherheit korrekt zu erkennen. Verglichen mit dem Goldstandard, der arthroskopischen Defektdarstellung, wird sowohl im MRI (32% Sensitivität, 80% Spezifität) als auch im Arthro-MRI (MRI mit zusätzlicher intraartikulärer Kontrastmittelapplikation, 32% Sensitivität, 92% Spezifität) ein Knorpelschaden nur in etwa einem Drittel der Fälle als solcher erkannt. Auch mittels Arthro-CT gelingt das Erkennen eines Knorpelschadens nur in knapp der Hälfte der Fälle (Sensitivität 46%, Spezifität 89%).6,7 Die Herausforderung in der bildgebenden Diagnostik und der Umstand, dass fokale Knorpelschäden am Schultergelenk lange nicht symptomatisch sind, tragen zu einer verhältnismässig niedrigen Anzahl an Betroffenen bei. Dies wiederum könnte ein Grund für die eingeschränkte Datenlage zur Behandlung von isolierten fokalen Knorpeldefekten an der Schulter sein.
Drei Therapiekonzepte
Grundsätzlich kann zwischen 1) symptomatischen, 2) reparativen und 3) regenerativen Therapien unterschieden werden.
Symptomatische Therapien versuchen, funktionsloses Gewebe zu entfernen, um so den schmerzauslösenden Entzündungsprozess zu dämmen. Reparative Strategien streben eine Reparatur des Substanzdefekts mittels Transplantation von Ersatzgewebe oder Ersatzzellen an. Die regenerative Therapie hat zum Ziel, das defekte Knorpelgewebe zu erneuern und so dessen Funktion wiederherzustellen.
In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen operativen Therapiekonzepte erörtert und, wo vorhanden, mithilfe von Studien in einen klinischen Kontext gestellt. Die Behandlung von Knorpelschäden an der Schulter umfasst nebst Ausschluss oder Therapie systemischer Auslöser ebenso konservative Strategien. Diese werden in diesem Artikel jedoch nicht behandelt.
Symptomatische Therapie
Neben der konservativen symptomatischen Therapie ist die arthroskopische Synovektomie (Glätten der aufgerauten Knorpeloberfläche, Débridement von freien Gelenkskörpern und Entfernung von Osteophyten) eine häufig durchgeführte operative Behandlung («Comprehensive Arthroscopic Management» = CAM). Im Rahmen der CAM-Strategie werden die Randzonen der Knorpelläsionen abgetragen, damit sich lose Knorpelanteile nicht einklemmen. Ziel ist es, dass der Knorpel entlang der Randzonen gut anhaftet, um so einer Progredienz des Knorpelschadens entgegenzuwirken. Weiter sollen alle mechanisch einschränkenden Strukturen (Kapselrelease und Osteophytenresektion) sowie mögliche schmerzauslösende Pathologien (Tenotomie oder Tenodese der langen Bizepssehne, subacromiales Débridement, selten auch Neurolyse des N. axillaris) adressiert werden.
In einer Fallserie, die 38 behandelte Personen umfasste, untersuchten Arner et al. den Effekt der CAM-Therapie bis 10 Jahre postoperativ.8 Es ist wichtig festzuhalten, dass eine Fallserie nur eine geringe Evidenz bietet, da sie keine Kontrollgruppen beinhaltet, und auch die Selektion der Betroffenen nicht randomisiert erfolgt. Alle in der Studie eingeschlossenen Patient*innen (Durchschnittsalter: 53 Jahre) zeigten gemäss Autoren bei Behandlungsstart eine fortgeschrittene glenohumerale Arthrose, welche die Indikationsstellung zum Gelenksersatz erlaubt hätte. 10Jahre postoperativ konnte bei 63% eine Prothesenimplantation durch die durchgeführte Operation verhindert werden. Weiter zeigte sich auch 10 Jahre nach dem Eingriff eine signifikant verbesserte Schulterfunktion im Vergleich zum Zustand präoperativ (American Shoulder and Elbow Surgeons Score [ASES] von präoperativ 63 Punkten auf 81 Punkte im 10-Jahres-FU).8 Die folgenden Faktoren führten zu einem Versagen der CAM-Strategie: weniger als 2mm Gelenkabstand in der Röntgenuntersuchung, eine Abflachung des Humeruskopfes sowie eine abnormale posteriore Glenoidmorphologie (B2- und C-Glenoid nach Walch).9
Reparative Therapie
Die Transplantation von osteochondralen Plugs in die Defektzone ist eine elegante Strategie der reparativen Therapie. Dabei wird ein Zylinder bestehend aus Knochen und der darüberliegenden, intakten Knorpelschicht von einem gesunden Gelenk an den Ort des Knorpeldefektes transplantiert (Autograft oder Allograft). In einer Fallserie von 8 Patient*innen (Durchschnittsalter: 43 Jahre) beschrieben Scheibel et al. die Ergebnisse nach autologer Transplantation von osteochondralen Plugs aus einer nicht belasteten Randzone des Kniegelenkes in das Schultergelenk (7x Humeruskopf, 1x Glenoid, durchschnittlicher Defekt: 1,5cm2; Abb. 1).10 In der Nachkontrolle, die im Durchschnitt nach 2,5 Jahren erfolgte, zeigte sich klinisch eine signifikant verbesserte Schulterfunktion (Constant Score [CS] von präoperativ 74 Punkten auf 89 Punkte postoperativ). Weiter stellten sich die transplantierten Plugs in der MRI-Untersuchung intakt und vital dar.10 Knapp 9 Jahre postoperativ konnten die guten Ergebnisse in der gleichen Population bestätigt werden.11 Diese Technik kann jedoch nicht überall im Schultergelenk angewendet werden, da die Plugs perpendikulär zur defekten Knorpelfläche positioniert werden müssen.
Abb. 1: Osteochondraler Autograft: (A) Aus der unbelasteten Randzone im Kniegelenk werden mehrere osteochondrale Knorpel-Knochen-Plugs (B) entnommen und in der gleichen Operation in die Defektzone (C) im Schultergelenk (D) implantiert
In einer ähnlichen Fallserie mit 20 Patient*innen (Durchschnittsalter: 25 Jahre) untersuchten Riff et al. das Outcome nach allogener Transplantation von osteochondralen Plugs bei einer Defektgrösse von durchschnittlich 3cm2 (Abb. 2).12 Limitierend ist hier jedoch zu erwähnen, dass bei 11 der 20 Patient*innen zusätzlich eine Behandlung des Glenoids (Mikrofrakturierung oder Meniskusinterposition) erfolgte. Dieser Umstand macht es schwieriger, die einzelnen Betroffenen miteinander zu vergleichen. 6,5 Jahre postoperativ zeigten sich bei 11 Patient*innen (3 davon zusätzlich behandelt mit Meniskusinterposition) eine klinisch signifikant verbesserte Schulterfunktion (ASES-Score von präoperativ 39 Punkten auf 76 Punkte postoperativ) sowie ein reduziertes Schmerzempfinden (visuelle Analogskala [VAS] von präoperativ 6,1/10 auf 1,5/10 postoperativ). In 4 der 20 Fälle erfolgte nach 2 Jahren die Implantation einer Schulterprothese, in 3 Fällen kam es zu keiner Verbesserung der Symptome und 2 Fälle erschienen nicht zur Nachkontrolle. Interessant ist, dass bei den Fällen ohne Verbesserung gleichzeitig eine Läsion am Humeruskopf und am Glenoid vorlag.12 Die Transplantation von osteochondralen Allografts ist in Europa jedoch aufgrund der hohen regulatorischen Hürden und sehr hohen Kosten zum heutigen Zeitpunkt kaum durchführbar.
Abb. 2: Osteochondraler Allograft: (A) Der Knorpeldefekt wird für den osteochondralen Plug vorbereitet, (B) der allogene osteochondrale Plug wird (C) in den Humeruskopf transplantiert
Eine Alternative zur Transplantation von osteochondralen Plugs stellt die Transplantationisolierter Knorpelzellen dar (autologe Chondrozytenimplantation = ACI; Abb. 3). Hierbei wird in einem ersten Schritt eine Knorpelbiopsie aus der unbelasteten Randzone des Humerus entnommen. Aus der Gewebeprobe werden im Labor Knorpelzellen isoliert und Knorpelzellkolonien in einer geeigneten Nährlösung in sterilen Plastikschalen vermehrt. In einer Zweitoperation werden diese Knorpelzellen dann den Patient*innen als «Ersatzknorpel» ins Schultergelenk implantiert. In einer Fallserie mit 7 Patient*innen (Durchschnittsalter: 43 Jahre) untersuchten Boehm et al. den Effekt einer ACI-Behandlung (initiale Knorpelbiopsie aus dem Humerus) bei humeralen Knorpeldefekten mit einer durchschnittlichen Grösse von 3 cm2.13 In der Nachkontrolle 2,5 Jahre nach der Operation zeigten sich ein ASES-Score von 97/100 Punkten, ein CS-Score von 95/100 Punkten und eine signifikante Verbesserung des Subjective Shoulder Value (SSV) von präoperativ 60% auf postoperativ 95%.13
Abb. 3: Autologe Chondrozytenimplantation (ACI): (A) Aus der unbelasteten Randzone des Humerus werden mehrere Knorpelbiopsien entnommen. (B) Im Labor werden daraus Knorpelzellen isoliert und vermehrt, um diese (C) in der einige Wochen später durchgeführten zweiten Operation in die Defektzone zu transplantieren
Die Technik des «minced cartilage» bietet eine Möglichkeit, ein zweizeitiges Verfahren (erste OP für Entnahme und Wochen später zweite OP mit Implantation) zu umgehen, und gilt deshalb als kostengünstigere Variante der Knorpelzelltransplantation. Erstmals wurde die Strategie in den 1980er-Jahren von Albrecht am Knie beschrieben.14 Heute wird der gewonnene Knorpel intraoperativ in ca. 1x1x1mm grosse Knorpelstücke zerkleinert, mit autologem plättchenreichem Plasma vermengt und während derselben Operation in den fokalen Defekt eingebracht. Am Kniegelenk wurden bereits erste klinische Studien durchgeführt, die das Potenzial der Technik bestätigen.15 O'Brien et al. konnten in einer Kadaverstudie zeigen, dass aus den biomechanisch unbelasteten humeralen Knorpelzonen genügend «minced cartilage» gewonnen werden kann, um eine Defektfläche von bis zu 18cm2 mit einer Stärke von 1mm zu decken.16 In einer «technical note» haben Lorenz et al. die Technik zur Behandlung von humeralen Knorpeldefekten detailliert beschrieben (Abb. 4).17 Es fehlen bisher jedoch klinische Daten, welche den Nutzen der «Minced cartilage»-Technik am Schultergelenk untersuchen. Am Universitätsspital in Bern werden für diese Technik die Instrumente von Arthrex verwendet.
Abb. 4: «Minced-cartilage»-Technik: (A) Im ersten Schritt der Operation werden aus der unbelasteten Randzone des Humerus mehrere Knorpelbiopsien entnommen. (B) Die Knorpelflakes werden in 1 x 1 x 1 mm grosse Stücke zerkleinert («minced») und mit plättchenreichem Plasma vermischt. (C) Danach wird das «minced cartilage» in der gleichen Operation in die Defektzone deponiert
Regenerative Therapie
Im Gegensatz zu den soeben diskutierten reparativen Strategien versuchen regenerative Therapieansätze die lokale Biologie positiv zu beeinflussen und so eine Defektheilung zu initiieren. Die Mikrofrakturierung ist der wohl bekannteste Ansatz einer regenerativen Behandlungsstrategie. Dabei wird arthroskopisch mittels einer speziellen Ahle oder eines Bohrers/Kirschnerdrahtes die humerale Kortikalis durchbrochen, um eine Verbindung zwischen der Defektzone und dem Knochenmark herzustellen. Aus Letzterem können so Stammzellen an die Gelenkoberfläche migrieren und hier einen Ersatzknorpel bilden (Abb. 5).
Abb. 5: Mikrofrakturierung: Im Rahmen einer Schultergelenksarthroskopie werden (A) mithilfe einer spitz zulaufenden Ahle oder eines Kirschnerdrahtes mehrere kleine Löcher in den Knochen unter der fehlenden Knorpelschicht eingebracht. (B) Aus den Löchern können im Verlauf Stammzellen aus dem Knochenmark in den Knorpeldefekt migrieren und hier eine Faserknorpelschicht bilden
Es gibt verschiedene Studien, die den klinischen Effekt der Mikrofrakturierung untersucht haben. In einer Fallserie mit 30 Patient*innen (Durchschnittsalter 43 Jahre) beschrieben Millett et al. 4 Jahre nach dem Eingriff eine Verbesserung des VAS-Schmerz-Scores von 3,8/10 auf 1,6/10 und einen Anstieg des ASES-Score um 20 Punkte.18 Am meisten profitierten 12 Patient*innen mit einem isolierten humeralen Defekt (durchschnittliche Grösse: 4,2cm2) mit einem Anstieg des ASES-Score um 32 Punkte. Patient*innen mit Defekten am Glenoid (Anstieg um 19 Punkte) oder sich gegenüberliegenden Defekten an Humerus und Glenoid, auch «kissing lesions» genannt (Anstieg um 17 Punkte), profitierten weniger vom gleichen Eingriff.18
Ähnliche Ergebnisse wurden in einer Fallserie mit 16 Patient*innen (Durchschnittsalter: 37 Jahre) und einer durchschnittlichen Defektgrösse von 5cm2 humeral und 1,7cm2 glenoidal von Frank et al. beschrieben.19 Etwas mehr als 2 Jahre postoperativ zeigte sich ein von 5,6/10 auf 1,4/10 signifikant reduzierter VAS-Schmerz-Score. Auch der ASES-Score stieg signifikant von 44 auf 86 Punkte an.19
In einer weiteren Fallserie mit 16 Patient*innen (Durchschnittsalter: 36 Jahre) und durchschnittlichen Defektgrössen von 5cm2 humeral und 1,5cm2 glenoidal konnten Wang et al. 10 Jahre nach dem Eingriff ein 76,7% Survival (Patient*innen ohne nachfolgende Knorpelreparatur oder Gelenkersatz) beobachten.20
Eine Modifikation der klassischen Mikrofrakturierung besteht in der zusätzlichen Applikation einer lokalen azellulären Trägermatrix. Das aus Kollagen gefertigte Vlies wird nach erfolgter Mikrofrakturierung in der Defektzone fixiert und soll die Einbettung der migrierten Stammzellen erleichtern. Für die sogenannte autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC) gibt es an anderen Gelenken gute Evidenz. In einer präklinischen Studie haben Wang et al. die AMIC-Technik mit der herkömmlichen Mikrofrakturierung in einem Rattenmodell verglichen. Das Volumen an neu gebildetem Gewebe war nach Mikrofrakturierung signifikant höher als nach AMIC-Behandlung. Auch die histologische Auswertung fiel eher zugunsten der Mikrofrakturierung aus. Bezüglich des humanen Schultergelenkes gibt es aktuell noch keine publizierten klinischen Studien.
Zusammenfassung
Es gibt zwar mehrere therapeutische Optionen zur Behandlung von fokalen Knorpelschäden, die entsprechende Datenlage ist jedoch noch schlecht. Es bleibt aber festzuhalten, dass einige Fallserien auch 10 Jahre nach erfolgter Therapie von klinisch kompensierten Patient*innen berichten. Die heute verfügbaren gelenkerhaltenden Therapien von fokalen Knorpelverletzungen an der Schulter haben bei der richtigen Indikationsstellung somit eine Anwendungsberechtigung. Um diejenigen Patient*innen, welche von diesen und zukünftigen Verfahren profitieren können, besser zu erkennen, fehlen jedoch noch die geeigneten diagnostischen Verfahren. Insbesondere die Früherkennung zählt aktuell zu den grössten Herausforderungen in der Forschung. Denn egal welche Behandlungsstrategie angewendet wird: Je kleiner der Defekt, desto wahrscheinlicher ist ein nachhaltiger Behandlungserfolg.
Literatur:
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