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Traumatische Epiphysenlösung des Hüftkopfes

Notfall oder abwarten?

<p class="article-intro">Die traumatisch bedingte Epiphysenlösung des Hüftkopfes ist ein äußerst seltenes Ereignis. Erschwert wird die Behandlung dieser Kinder durch diverse Besonderheiten im Diagnosepfad und die oft nicht so einfache Abgrenzung von den ebenfalls extrem seltenen diversen Formen der nicht traumatisch verursachten Epiphysenlösungen des Hüftkopfes. Diese Unsicherheit lässt sich eins zu eins auf die obligatorische operative Therapie übertragen: Auch hier gibt es unzählige Behandlungsalgorithmen, in nunmehr über 100 Jahren in der Literatur dargestellt.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Anatomie</h2> <p>Die Wachstumsfuge im proximalen Femurende stellt sich pyramidenf&ouml;rmig bis sph&auml;risch konvex, mit der Spitze zum Acetabulum gerichtet, dar. Der Gro&szlig;teil der Fuge befindet sich zentral innerhalb des Kopfes. Die Fuge erreicht die Oberfl&auml;che des Kopfes im knorpelig &uuml;berzogenen gelenkstragenden Anteil. Damit sind traumatische Fugenl&ouml;sungen des H&uuml;ftkopfes per definitionem Gelenksfrakturen mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Anatomisch haben diese L&auml;sionen kaum etwas mit Frakturformen der Schenkelhalsregion zu tun, es sind eher Luxationsfrakturen des Oberschenkelkopfes, &auml;hnlich Oberschenkelkopffrakturen von Erwachsenen klassifiziert nach Pipkin.<br /> Die Gef&auml;&szlig;versorgung<sup>1, 2</sup> des H&uuml;ftkopfes wird durch drei Stromgebiete gew&auml;hrleistet:<br /> - Vertikale &Auml;ste der proximalen Femurepiphyse: Diese &Auml;ste penetrieren den H&uuml;ftkopfknorpel von kaudal.<br /> - Horizontale &Auml;ste von lateral-dorsal aus der A. circumflexa femoris medialis: Diese Gef&auml;&szlig;e penetrieren den knorpeligen Kopf von lateral kranial.<br /> - Gef&auml;&szlig;e &uuml;ber dem Lig. teres/Lig. capitis femoris: Diese &Auml;ste &uuml;bernehmen einen guten Anteil der Kopfversorgung erst am Beginn der Pubert&auml;t um das 10. Lebensjahr.<br /> Die Hauptversorgung der Durchblutung des kindlichen/jugendlichen H&uuml;ftkopfes ver&auml;ndert sich im zeitlichen Verlauf. Im Kindesalter erfolgt die Durchblutung &uuml;ber Metaphysengef&auml;&szlig;e und &Auml;ste der A. colli femoris medialis. Diese beiden Gef&auml;&szlig;stromgebiete bilden zahlreiche Anastomosen. Ab dem 3. bis 5. Lebensjahr kommt es mit Ausbildung des kapitalen Knochenkernes zur Etablierung der Wachstumsfuge. Metaphys&auml;re &Auml;ste durchdringen immer weniger diese Fuge; die Durchblutung des Kopfes wird haupts&auml;chlich &uuml;ber die lateral kommenden &Auml;ste der A. circumflexa femoris medialis gew&auml;hrleistet. Wird dieser Schenkel der Durchblutung durch Entz&uuml;ndung oder Trauma mit Gelenkserguss kompromittiert, f&uuml;hrt dies zwangsl&auml;ufig zu einer Minderversorgung des Oberschenkelkopfes. Dies ist die wahrscheinliche Genese f&uuml;r die H&uuml;ftkopfnekrose (Morbus Perthes).<sup>3</sup> Ab der Adoleszenz, etwa ab dem 10. Lebensjahr, kommt es zu einer zunehmenden Ausbildung von Anastomosen aus dem Stromgebiet A. circumflexa femoris medialis und den Gef&auml;&szlig;&auml;sten aus dem Lig. capitis femoris. Ab diesem Zeitpunkt ist zwar eine H&uuml;ftkopfnekrose unwahrscheinlicher, aber durch diese Ver&auml;nderungen der Strombahn kann es zu einer Schw&auml;chung der Wachstumsfugenbereiche kommen.</p> <h2>Biomechanik</h2> <p>Das H&uuml;ftgelenk ist, isoliert betrachtet, ein Kugelgelenk mit Bewegungsgraden und -freiheiten in allen Richtungen des Raumes. Kn&ouml;chern stellt der Kontakt des Schenkelhalses mit dem Acetabulumrand eine gewisse Limitierung der Bewegung dar. Umschlossen wird das H&uuml;ftgelenk von einer straffen Kapsel mit teilweise st&auml;rkeren Strukturen zwischen Linea und Crista intertrochanterica und den acetabulumnahen beteiligten Knochen des Beckens. Die Fasern sind dabei schraubenf&ouml;rmig schr&auml;gverlaufend angeordnet, bei &Uuml;berstreckung im H&uuml;ftgelenk spannen sich diese Fasern an und blockieren eine weitere Streckbewegung.<br /><br /><strong> Dynamik im Untergurtmodell</strong><br /> &Uuml;berschaubar ist die Funktion der gro&szlig;en H&uuml;ftbeuger und -strecker: M. iliopsoas, M. rectus femoris und Mm. glutei medius und maximus. Es gibt eine Reihe von kleinen H&uuml;ftrotatoren (M. piriformis, M. obturatorius int. und ext., Mm. gemelli, M. quadratus femoris und die Mm. adductores), die nicht nur die Rotation des Beines steuern, sondern statisch im Sinne eines Turmkranes auch als Untergurt wirken.<sup>4</sup> In der Bewegung aber stellen diese &bdquo;kleinen&ldquo; Muskeln &ndash; &auml;hnlich dem Schultergelenk &ndash; eine Zentrierung des Kopfes im Acetabulum sicher. Damit ist jedoch der Kraftvektor in der Bewegung nicht nach kranial, parallel zur K&ouml;rperschwerpunktachse, gerichtet, sondern dynamisch, mit sich st&auml;ndig &auml;ndernder Richtung, im Durchschnitt zentral in das Zentrum des Acetabulums ausgerichtet. Damit sind die Form und Stellung der Wachstumsfuge am H&uuml;ftkopf erkl&auml;rbar, da in der Regel Wachstumsfugen senkrecht auf die Hauptbelastungsvektoren ausgerichtet sind.<br /> Grob dargestellt ist die Wachstumsfuge in der Adoleszenz pyramidenf&ouml;rmig bis kugelsektorf&ouml;rmig und erinnert dabei entfernt an bipolare H&uuml;ftkopfprothesen mit innerer und &auml;u&szlig;erer Kugel.<sup>5</sup> Denkbar w&auml;re ein &auml;hnliches Verhalten der Selbstzentrierung, wobei es zu einer st&auml;ndigen Ausrichtung des &auml;u&szlig;eren, mobilen Kopfanteiles bei stattgehabter Fugenl&ouml;sung in Richtung des Belastungsvektors kommen kann. Eine Belastbarkeit der betroffenen Extremit&auml;t kann unter Umst&auml;nden selbst damit m&ouml;glich sein.<br /><br /><strong> Kr&auml;fte am Oberschenkelkopf</strong> <br />Die Belastungsverh&auml;ltnisse am H&uuml;ftkopf k&ouml;nnen relativ einfach mit den Hebelgesetzen abgesch&auml;tzt werden und entsprechen unter physiologischen Verh&auml;ltnissen beim Stehen mit beiden Beinen in Ruhe etwa dem halben K&ouml;rpergewicht.<sup>6</sup> Dies &auml;ndert sich deutlich beim Gehen, Laufen und Springen mit Belastungen am H&uuml;ftkopf bis zum Dreifachen des K&ouml;rpergewichts f&uuml;r ein Gelenk. St&uuml;rze aus gr&ouml;&szlig;erer H&ouml;he und Hochakzelerationstraumen durch motorisch unterst&uuml;tzte Bewegung (Motorrad, motorisierte Sportger&auml;te) steigern die Belastung ins Unermessliche &ndash; jedes Verletzungsmuster ist dadurch m&ouml;glich. &Uuml;berraschend ist jedoch der Umstand, dass banales Stolpern &uuml;ber einen Maulwurfsh&uuml;gel oder eine Teppichkante eine Belastung an einem H&uuml;ftgelenk mit Kraftspitzen vom ca. Neunfachen des K&ouml;rpergewichtes verursachen kann.<sup>7</sup> Verst&auml;rkt wird dieser Umstand der groben Kraft noch dadurch, dass der Kraftvektor bei einem solchen &ndash; f&uuml;r den Patienten &uuml;berraschenden &ndash; Ereignis nicht in der Achse des Schenkelhalses verl&auml;uft, da die Muskeln in der Geschwindigkeit des Ablaufes den H&uuml;ftkopf nicht mehr zentrieren k&ouml;nnen. Was dies f&uuml;r die belastete Wachstumsfuge bedeutet, speziell bei moderater Adipositas und weiteren Risikofaktoren (z.B. notwendige Entlastung der Gegenseite), wird noch er&ouml;rtert.</p> <h2>Pathogenese</h2> <p><strong>Traumatische Epiphysenl&ouml;sung</strong><br /> Die traumatische Wachstumsfugenl&ouml;sung ist ein pl&ouml;tzliches Ereignis: Durch ein Trauma kommt es schlagartig zu einer Fehlstellung der unteren Extremit&auml;t in Au&szlig;enrotation und Verk&uuml;rzung. Das Bein kann weder angehoben noch belastet werden. Massive Schmerzen im Bereich der Leiste, ausstrahlend bis zum Kniegelenk, werden angegeben. Teilweise werden die Schmerzen ausschlie&szlig;lich im Kniegelenk angegeben &ndash; dies kann unerfahrene Kollegen in die Irre f&uuml;hren.<br /> Die Frakturfl&auml;che des am Femurhals verbliebenen Kopfteiles bildet eine Kante, welche das Acetabulum zwingenderma&szlig;en im kranial-ventralen Anteil arrodiert,<sup>8, 9</sup> der restliche Kopfanteil weicht nach dorsal und distal aus. Weiters kommt es durch diese Kante zu einer Verletzung des ventrokranialen Acetabulumrandes und zu Einrissen des Limbus.<sup>10</sup><br /> Bei Ruptur/Fraktur im Bereich der Wachstumsfuge wird zwangsl&auml;ufig die femorale Spongiosa freigelegt. Damit kommt es zu Blutungen aus der frisch er&ouml;ffneten Spongiosa. Bei Dislokation f&uuml;llt sich der so entstandene Raum mit Blut, das Blut verklumpt in k&uuml;rzester Zeit zu Koagel. Gerade bei Kindern kommt es bereits innerhalb von Tagen zu einer Organisation dieses Blutkuchens und Umwandlung in Bindegewebe. Die anatomische Reposition einer Fraktur &ndash; und dies gilt f&uuml;r alle Frakturen &ndash; wird durch die Anwesenheit von Koagel deutlich erschwert, bei in Organisation befindlichem Bindegewebe unm&ouml;glich gemacht.<br /><br /> <strong>Zweizeitiger Verlauf</strong><br /> Neben diesem klassischen Muster kann es durchaus untypisch erscheinende Verletzungsverl&auml;ufe geben. Mitunter wird ein abgelaufenes Trauma der betroffenen H&uuml;ftregion angegeben:<sup>11</sup> Der akute Schmerz klingt rasch ab, die Wachstumsfuge wurde dabei traumatisiert und in ihrem Gef&uuml;ge gest&ouml;rt. Die Kinder klagen im Intervall von einigen Wochen &uuml;ber anhaltende bzw. zunehmende Beschwerden meist in der Leistenregion und im Oberschenkel<sup>12</sup> oder aber eben auch nur ausschlie&szlig;lich &uuml;ber Beschwerden im Kniegelenk.<br /> Die Ursache von Schmerzen eines jeden traumatisierten Gelenkes ist eine diffuse Schwellung und/oder ein zunehmender Gelenkserguss. Dieser Gelenkserguss entsteht infolge von Zerrungen/Zerrei&szlig;ungen der Gelenkskapsel, aber auch reaktiv durch den gequetschten Gelenksknorpel (im MRT als &bdquo;bone bruise&ldquo; sichtbar). Dazu z&auml;hlen auch traumatisierte knorpelige Anteile des H&uuml;ftkopfes. Wegen des erh&ouml;hten Drucks im Gelenk durch den Erguss kommt es zu einer verminderten Durchblutung. Die Blutversorgung des H&uuml;ftkopfes wird kompromittiert. Umbauprozesse in der traumatisierten Wachstumsfuge andererseits f&uuml;hren zu einer nachvollziehbaren Aufweichung, wie wir dies bei traumatisierten Gelenken und deren Knorpelfl&auml;chen kennen. Kommt es dann &ndash; oft durch ein &bdquo;Bagatelltrauma&ldquo; &ndash; zum einschneidenden Ereignis der vollst&auml;ndigen Dislokation in der Wachstumsfuge, wird ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Ersttrauma und der Fugenl&ouml;sung selbst von den behandelnden &Auml;rzten nicht mehr gesehen. Erst bei eingehender &Uuml;berpr&uuml;fung dieser Krankengeschichten kommen dann die genau dokumentierten vorangegangenen Traumen ans Tageslicht.<br /><br /><strong> Heterogenes Bild bei verz&ouml;gerter Diagnosestellung</strong><br /> Verz&ouml;gert sich die Diagnosestellung, kann sich das pathomorphologische Bild &auml;u&szlig;erst heterogen darstellen. Stattgehabte Traumen, Heilungsprozesse und neuerliche Traumen (&bdquo;Stolpern&ldquo;) zu verschiedensten Zeitpunkten ergeben schlussendlich eine Momentaufnahme in der Bildgebung, aus der die gesamte Anamnese der Entstehung schwerlich hergeleitet werden kann.<br /><br /><strong> Alter und K&ouml;rpergewicht als Faktoren</strong><br /> Dies soll keinen Widerspruch zu anderen Formen der kindlichen Epiphysenl&ouml;sung des H&uuml;ftkopfes, wie zum Beispiel der &bdquo;Epiphysiolysis capitis femoris juvenilis lenta&ldquo; aus nicht traumatischer Ursache, ergeben. Hierbei w&auml;ren postulierte Hormonhaushaltsst&ouml;rungen der Parathyroidea, der Gonaden, der Hypophyse, der Thyroidea<sup>13</sup> usw. zu nennen. Diese St&ouml;rungen werden vereinzelt beschrieben. In einer Vielzahl der Publikationen wird jedoch als objektiver konstanter Parameter die Adipositas als der offensichtlichste Faktor der Epiphysenl&ouml;sung am H&uuml;ftkopf angegeben.<sup>14, 15</sup><br /> Einen weiteren Einflussfaktor stellt das typische Alter der Patienten dar. Wie anfangs im Abschnitt &bdquo;Anatomie&ldquo; beschrieben, kommt es zu &Auml;nderungen der Blutversorgung des H&uuml;ftkopfes ab dem 10. Lebensjahr: Wachstumsfugenl&ouml;sungen treten praktisch immer zwischen dem 10. Lebensjahr und der Verl&ouml;tung der Epiphysenfugen auf &ndash; in unserem Krankenkollektiv waren s&auml;mtliche Patienten zwischen 9 und 17 Jahre alt. Auch in anderen K&ouml;rperregionen werden traumatische Wachstumsfugenl&ouml;sungen in der Regel erst ab dem 10. Lebensjahr beobachtet. Ausnahmen bestehen beim extremen Hochakzelerationstrauma &ndash; hierbei ist jedes Verletzungsmuster m&ouml;glich.</p> <h2>Diagnose</h2> <p><strong>Klinischer Befund</strong><br /> Die Diagnosestellung beim Jugendlichen kann durchaus herausfordernd sein. Leistenschmerzen k&ouml;nnen durch etwaige abdominelle Pathologien (Leistenbruch, Blinddarm usw.) verursacht sein. Isolierte Knieschmerzen<sup>16</sup> &auml;u&szlig;ern sich auch bei isoliertem Kniegelenkstrauma oder anderen Affektionen von Knochen und Weichteilen (z.B. durch Tumoren) der unteren Extremit&auml;t. Eine exakte klinische Untersuchung (inklusive des K&ouml;rpergewichtes und der K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e) des Patienten und der betroffenen Extremit&auml;t stellt den ersten Schritt f&uuml;r weitere Abkl&auml;rungen dar.<br /><br /><strong> Konventionelles R&ouml;ntgen</strong> Mittel der Wahl sind prim&auml;r eine konventionelle R&ouml;ntgenuntersuchung der H&uuml;ft- und Oberschenkelregion in zwei Ebenen sowie ein Becken&uuml;bersichtsr&ouml;ntgen mit Gonadenschutz.<sup>17</sup> Die Einstelltechnik f&uuml;r die ap-Aufnahme wird in leichter Abduktion und Innenrotation durchgef&uuml;hrt. Cave: Dies kann unter Umst&auml;nden eine dislozierte Epiphysenfugenl&ouml;sung maskieren, denn das Repositionsman&ouml;ver wird sehr &auml;hnlich ausgef&uuml;hrt (siehe weiter unten). Bei isolierten Knieschmerzen ist zus&auml;tzlich ein Kniegelenksr&ouml;ntgen anzufertigen, sofern nicht ein isoliertes Kniegelenkstrauma eine Verletzung der H&uuml;ftregion ausschlie&szlig;t.<br /><br /><strong> MRT</strong> Ergibt das konventionelle R&ouml;ntgen keinen definitiven Hinweis, so ist bei entsprechender klinischer Symptomatik und einem Risikoalter (ab dem 10. Lebensjahr) eine weitere Abkl&auml;rung mittels MRT des betroffenen H&uuml;ftgelenkes ehestm&ouml;glich zu veranlassen.<sup>18</sup><br /><br /><strong> Ultraschall</strong> Ultraschall kann additiv als einfaches und schnelles Diagnostikum angewendet werden.<sup>19</sup> Jedoch wird bei noch anatomischer Position der Epiphyse nur ein unspezifischer Befund im Sinne eines Gelenksergusses zu erwarten sein.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Da die traumatische Epiphysenl&ouml;sung des H&uuml;ftkopfes wie eine intraartikul&auml;re Fraktur zu werten ist, soll m&ouml;glichst eine kongruente Gelenksstellung erreicht werden. So wie zuvor ausgef&uuml;hrt, ist ein Zuwarten aus mehreren Gr&uuml;nden ung&uuml;nstig.<br /><br /><strong> Eigenes Patientenkollektiv</strong><br /> Alle Kinder (n=14) mit definitiver traumatischer Epiphysenl&ouml;sung wurden an unserer Klinik noch am Aufnahmetag reponiert und operativ stabilisiert. Bei einem Kind wurde durch &uuml;ber die Kopfkalotte &uuml;berstehende Bohrdr&auml;hte der Gelenkknorpel des Kopfes arrodiert &ndash; hier musste eine Umstellungsosteotomie nach Imh&auml;user durchgef&uuml;hrt werden.<sup>11</sup> Bei zwei weiteren Jugendlichen bestand massives &Uuml;bergewicht &ndash; trotz liegender Implantate kam es zu einer Dynamik. Diese drei Patienten klagten &uuml;ber Bewegungseinschr&auml;nkungen und &uuml;ber moderate Beschwerden bei starker Belastung (Tragen von Lasten, k&ouml;rperlicher Arbeitseinsatz, Sportaus&uuml;bung). Eine H&uuml;ftkopfnekrose trat bisher in keinem einzigen Fall auf. Alle &uuml;brigen Patienten (n=11/14) zeigten sich nahezu beschwerdefrei (Beobachtungszeitraum n=12 &gt;4a, n=2 &gt;1a). <br /><br /><strong>Repositionsman&ouml;ver</strong><br /> Die Reposition erfolgt unter Schmerzausschaltung und m&ouml;glichst in Relaxation unter leichtem bis moderatem Zug durch Innenrotation und gleichzeitiger Abduktion. Zur optimalen Repositionierung der Kopfteile soll dieses Man&ouml;ver unter R&ouml;ntgendurchleuchtung stattfinden. Idealerweise werden dazu zwei unabh&auml;ngige Bildwandler im pa- und axialen Strahlengang verwendet. Ist die optimale Reposition gelungen, kann mit einem Repositionstisch intraoperativ diese Position gehalten werden. In der Regel ist mit dem OP-Tisch keine weitere Extension notwendig, das Bein wird in leichter Abduktion und neutraler bis minimaler Innenrotationsstellung unter Bildverst&auml;rkerkontrolle in zwei Ebenen (axial und pa) in der unmittelbar zuvor durchgef&uuml;hrten Endposition der Reposition fixiert.<br /><br /><strong>Implantate</strong><br /> Die operative Stabilisierung erfolgt mit den kleinstm&ouml;glichen Implantaten, mit 3&ndash;4 Kirschnerdr&auml;hten mit Gewinde an der Spitze im Durchmesser von 2,5mm, wie sie &uuml;blicherweise als F&uuml;hrungsdraht der Kopfschrauben/Kopfklingen handels&uuml;blicher Osteosynthesematerialien f&uuml;r h&uuml;ftgelenksnahe Frakturen Verwendung finden. Die Dr&auml;hte sollten deutlich &uuml;ber Knochenniveau gek&uuml;rzt und umgebogen werden, um ein Wandern und Einwachsen in den Knochen infolge des L&auml;ngenwachstums der Schenkelhalsregion zu verhindern. Das zu erwartende L&auml;ngenwachstum des Schenkelhalses erfordert daher eine parallele Einbringung der Implantate.<br /> Alternativ k&ouml;nnen auch Schraubensysteme, kan&uuml;liert oder nicht kan&uuml;liert in Gro&szlig;fragmentausf&uuml;hrung, und Spongiosaschrauben mit kurzem Gewinde verwendet werden, sofern die Stabilit&auml;t bei massiver Adipositas dies erfordert. Hierbei sollten zumindest zwei Schrauben verwendet werden. In unserem Krankenkollektiv zeigte sich bei zwei Patienten bei liegenden Implantaten eine Dynamik im Sinne eines Repositionsverlustes. Diese beiden Kinder waren &uuml;bergewichtig (12a: 96kg, 18a: 120kg &ndash; siehe Abb. 1&ndash;4) und die verwendeten Implantate offenbar unterdimensioniert.<br /><br /><strong> Additive OP-Verfahren</strong><br /> Arthroskopie<br /> Manche Autoren bevorzugen eine additive Arthroskopie.<sup>10, 20, 21</sup> Fraglich ist deren Nutzen insofern, als nach Reposition und entsprechender Lagerung die Frakturzone innerhalb des Acetabulums zu liegen kommt. Um innerhalb der Acetabulumregion einsehen zu k&ouml;nnen, m&uuml;sste intraoperativ ein aktiver, starker Extensionszug angelegt werden &ndash; die kurz zuvor reponierte Epiphysenl&ouml;sung kann dislozieren.<br /><br /> Repositionsman&ouml;ver<br /> Ist die Wachstumsfuge mit einfachen Ma&szlig;nahmen nicht reponierbar, d&uuml;rfen nur behutsame Repositionsman&ouml;ver<sup>22</sup> ausgef&uuml;hrt werden. Bei gewaltsamer Einrichtung in eine vermeintliche anatomische Position wurden schwere Deformit&auml;ten des Kopfes bis zur Kopfnekrose beobachtet.<sup>23</sup><br /><br /> Umstellungsosteotomie<br /> Bei protrahierten Verl&auml;ufen mit sp&auml;ter Diagnosestellung ist eine anatomische Reposition nicht mehr m&ouml;glich. Eine etwaige Gelenksstufe ist wom&ouml;glich bereits fixiert und begleitende Osteophyten bilden eine inkongruente Gelenksfl&auml;che des Oberschenkelkopfes. Die Umstellungsosteotomie stellt die Therapie der Wahl dar, wie prim&auml;r von Dunn<sup>24&ndash;27</sup> oder Imh&auml;user<sup>28</sup> beschrieben. Hierbei wird der betroffene Anteil der Gelenksstufe des Kopfes aus der Belastungszone herausgeschwenkt bzw. damit entfernt. Eine weitere Zerst&ouml;rung des Gelenkes soll damit minimiert werden. Auch wenn die traumatische Genese im Vordergrund stehen sollte, so wird die weitere Behandlung analog dem Therapiepfad der nicht traumatisch bedingten Epiphysenl&ouml;sungen durchzuf&uuml;hren sein. Dies ist hinreichend in zahlreichen Publikationen beschrieben.<br /><br /> Prophylaxe der Gegenseite<br /> Bei einer rein traumatischen Epiphysenl&ouml;sung durch ad&auml;quate Traumen bei einem normalgewichtigen, sonst gesunden Jugendlichen ist eine prophylaktische Stabilisierung der Gegenseite nicht notwendig (in unserem Krankenkollektiv ist es in keinem Fall zu einer Epiphysenl&ouml;sung der Gegenseite gekommen). Ist das betroffene Kind/der betroffene Jugendliche augenscheinlich &uuml;bergewichtig, ist dies jedoch durchaus empfehlenswert. So wie zuvor ausgef&uuml;hrt, f&uuml;hrt banales Stolpern<sup>7</sup> auch ohne kleinste Hindernisse zu Belastungsspitzen vom bis zu neunfachen K&ouml;rpergewicht. Die verletzte Seite darf nicht oder kaum belastet werden. Der Patient ist in einem Zustand st&auml;ndigen Stolperns! Die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r eine Epiphysiolyse der Gegenseite steigt bei einem Body- Mass-Index jenseits der 85. Perzentile an, Kinder mit einem BMI jenseits der 95. Perzentile zeigen fast ausnahmslos beidseitige Epiphysiolysen des Femurkopfes.<sup>15</sup> In unserem Krankenkollektiv (n=14, 1983 bis 2015) wurden lediglich eine Patientin wegen massiven &Uuml;bergewichtes (13a, w, 97kg) und ein weiterer Patient (18a)<sup>29, 30</sup> prophylaktisch auf der Gegenseite stabilisiert. Ein weiteres Kind wurde bei ad&auml;quatem Trauma in einem ausw&auml;rtigen Krankenhaus an der Gegenseite stabilisiert. Dieses Kind war normalgewichtig, die Epiphysenfugenl&ouml;sung heilte ad integrum aus. Infolge der Metallentfernung an der Gegenseite kam es zu einem iatrogenen Knochendefekt. Dies f&uuml;hrte wenig sp&auml;ter (8 Wochen nach Metallentfernung) zu einem subtrochant&auml;ren Bruch &ndash; einer schweren Komplikation.<sup>31, 32</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1701_Weblinks_s22_abb1-2.jpg" alt="" width="1417" height="826" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1701_Weblinks_s22_abb3-4.jpg" alt="" width="1417" height="819" /></p> <h2>Nachbehandlung</h2> <p>Postoperativ wird eine entlastende Mobilisation f&uuml;r 6 Wochen ab operativer Stabilisierung empfohlen. Die Belastung kann kontinuierlich von Sohlenkontakt bis zur Vollbelastung nach der 12. postoperativen Woche gesteigert werden. Die Implantate k&ouml;nnen nach 6 Monaten gefahrlos entfernt werden, sofern eine rein traumatische Ursache der Epiphysenl&ouml;sung nachgewiesen wird.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Die traumatische Epiphysenfugenl&ouml;sung des Femurkopfes ist dringlich zu versorgen. Die rasche Reposition und operative Stabilisierung mit 3&ndash;4 St&uuml;ck parallel eingebrachten 2,5mm-Gewinde-Kirschnerdr&auml;hten ist anzustreben. In den ersten 6 Wochen nach der Operation darf nur mit Sohlenkontakt ohne Belastung mobilisiert werden. Implantate k&ouml;nnen fr&uuml;hestens nach 6 Monaten entfernt werden. Auf die korrekte Lage der Implantate ist besonders zu achten.<sup>23, 33</sup><br /> Bei &Uuml;bergewicht ist eine prophylaktische Stabilisierung der Gegenseite empfehlenswert. Die Implantatdimensionen sind dem K&ouml;rpergewicht anzupassen.<br /> Die Behandlung protrahierter Verl&auml;ufe orientiert sich an der Vorgehensweise anderer Formen der Epiphysiolyse des Femurkopfes. Dies ist in der Literatur hinreichend beschrieben.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Trueta J: J Bone Joint Surg Br 1957; 39-B(1): 3-5 <strong>2</strong> Gautier E et al: J Bone Joint Surg Br 2000; 82(5): 679-83 <strong>3</strong> Trueta J: J Bone Joint Surg Br 1957; 39-B(2): 358-94 <strong>4</strong> Moser M, Hein W: Beitr Orthop Traumatol 1987; 34(4): 179-89 <strong>5</strong> Rab GT: J Pediatr Orthop 1999; 19(4): 419-24 <strong>6</strong> Moser M, Hein W: Beitr Orthop Traumatol 1987; 34(2): 83-92 <strong>7</strong> Bergmann G et al: Langenbecks Arch Surg 2004; 389(1): 53-9 <strong>8</strong> Leunig M et al: Acta Orthop Scand 2000; 71(4): 370-5 <strong>9</strong> Jofe MH et al: J Pediatr Orthop B 2004; 13(1): 29-31 <strong>10</strong> Futam T et al: J Pediatr Orthop 1992; 12(5): 592-7 <strong>11</strong> Egkher A et al: Acta Chir Orthop Traumatol Cech 2012; 79(2): 114-8 <strong>12</strong> Schur MD et al: J Pediatr 2016; 177: 250-4 <strong>13</strong> Tang S, Xin Y: Indian J Pediatr 2016; 83(7): 750-1 <strong>14</strong> Jingushi S, Suenaga E: J Orthop Sci 2004; 9(2): 214-9 <strong>15</strong> Aversano MW et al: J Child Orthop 2016; 10(3): 209-13 <strong>16</strong> Kocher MS et al: Pediatrics 2004; 113(4): e322-5 <strong>17</strong> Graf R: Radiologe 2002; 42(6): 467-73 <strong>18</strong> Schittich I: Orthopade 2001; 30(8): 519-27 <strong>19</strong> Harland U, Krappel FA: Orthopade 2002; 31(9): 851-6 <strong>20</strong> Tscholl PM et al: J Child Orthop 2016; 10(1): 25-30 <strong>21</strong> Basheer SZ et al: Bone Joint J 2016; 98-B(1): 21-7 <strong>22</strong> Fallath S, Letts M: Can J Surg 2004; 47(4): 284-9 <strong>23</strong> Narayanan UG: J Bone Joint Surg Am 2004; 86-A(2): 437; author reply 437 <strong>24</strong> Dunn DM: J Bone Joint Surg Br 1964; 46: 621-9 <strong>25</strong> Johari AN, Pandey RA: World J Orthop 2016; 7(2): 78-81 <strong>26</strong> A rmstrong D G: C lin O rthop R elat R es 2 016; 474(8): 1845-6 <strong>27</strong> Slongo T et al: J Bone Joint Surg Am 2010; 92(18): 2898-908 <strong>28</strong> Schai PA, Exner GU: Orthopade 2002; 31(9): 900-7 <strong>29</strong> Kocher MS et al: J Bone Joint Surg Am 2004; 86-A(12): 2658-65 <strong>30</strong> Whyte N, Sullivan C: Pediatr Ann 2016; 45(4): e128-34 <strong>31</strong> Hafez MA, Templeton PA: Injury 2004; 35(9): 953 <strong>32</strong> Wolfle-Roos JV et al: J Pediatr Orthop B 2016; 25(3): 197-201 <strong>33</strong> Prasad P: J Pediatr Orthop B 2004; 13(5): 346; author reply 347</p> </div> </p>
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