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Patellofemorale Instabilität: eine Übersicht

<p class="article-intro">Bei der patellofemoralen Instabilität liegt eine multifaktorielle Pathomorphologie mit mehreren destabilisierenden Faktoren vor. Die optimale Therapie setzt ein analytisches Verständnis der pathologischen Zusammenhänge voraus. In diesem Artikel wird das strukturelle Vorgehen dargestellt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die PFI muss als multifaktorielles Problem betrachtet werden.</li> <li>Die Analyse des haupts&auml;chlichen destabilisierenden Faktors ist von zentraler Bedeutung in der Entscheidungsfindung hinsichtlich der optimalen Therapie.</li> </ul> </div> <p>Die Luxation, die Subluxation und das Maltracking der Patella zur Trochlea werden als patellofemorale Instabilit&auml;t (PFI) bezeichnet. Diese Problematik tritt mit einer Inzidenz von 7 pro 100 000 Einwohner auf.<sup>1, 2</sup> Zum Zeitpunkt der Erstluxation sind die Betroffenen durchschnittlich 21,5 Jahre alt.3 In 72 % der F&auml;lle tritt die Erstluxation bei k&ouml;rperlich belastender oder sportlicher Bet&auml;tigung und nur in 7 % durch direktes Anpralltrauma auf.<sup>1, 3</sup> Die Patella muss, als gr&ouml;sstes Sesambein des K&ouml;rpers, bei der Knieflexion eine sehr umfangreiche zentrische Umlenkbewegung &uuml;ber die Trochlea gew&auml;hrleisten. Physiologisch gleitet die Patella bei der Knieflexion ab ca. 20&deg;&ndash;30&deg; in die proximale Trochlea und wird dabei medialisiert und in der Trochlea zentriert. Bei der weiteren Flexion bis 100&deg; wird die Patella von der lateralen Trochleafacette gef&uuml;hrt.<sup>4</sup><br /> F&uuml;r die stabile F&uuml;hrung der Patella werden mehrere stabilisierende Faktoren betrachtet. Dazu geh&ouml;ren die aktiven Stabilisatoren (Muskeln), die passiven Stabilisatoren (Kapsel, Ligamente) und die statischen Stabilisatoren (kn&ouml;cherne Strukturen).<sup>5, 6</sup> Diese Stabilisatoren ergeben die biomechanischen Voraussetzungen f&uuml;r das Containment und Alignment.<sup>7</sup> Der Quadrizeps mit seinen vier Muskelb&auml;uchen ist der dynamische aktive Stabilisator. W&auml;hrend der Rectus femoris und der Vastus intermedius einen geraden Kraftvektor auf die Patella haben, besteht bei Vastus lateralis und Vastus medialis ein spitzer Winkel zur Patella. Daher wird dem Quadrizeps nur eine untergeordnete Rolle in der mediolateralen F&uuml;hrung der Patella zugeschrieben. Bei den passiven Stabilisatoren wird das mediale patellofemorale Ligament (MPFL) als wichtigste Struktur angesehen. Die statischen Stabilisatoren werden von der Trochlea, der Beinachse und der Femur/Tibia-Rotation gebildet. In der sagittalen Ebene bilden die Trochlea und die Patella das Containment, w&auml;hrend die sagittale und koronare Beinachse, die Femur/Tibia-Rotation, die TT-TG-Distanz (&laquo;tibial tuberosity to trochlear groove&raquo;) und der Q-Winkel das Alignment definieren.<br /> Die gr&ouml;sste Herausforderung bei der Diagnostik und Indikationsstellung sind die Analyse und Definition der destabilisierenden Faktoren. Um das Risiko einer Reluxation einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen, m&uuml;ssen alle einzelnen Pathomorphologien in ihrer Bedeutung eingestuft werden. Balcarek et al. entwickelten dazu einen &laquo;Patella Instability Severity Score&raquo;.<sup>8</sup></p> <h2>Destabilisierende Faktoren</h2> <p>Bei der Analyse der Instabilit&auml;t m&uuml;ssen alle aktiven, passiven und statischen Faktoren beurteilt werden. <br /><br /><strong>Aktive Faktoren</strong><br /> Der Quadrizeps sollte beurteilt werden, im Besonderen, ob eine muskul&auml;re Dysbalance zwischen dem Vastus lateralis und dem Vastus medialis vorliegt. Dies kann durch Muskelabrisse des Vastus medialis oder partielle L&auml;sionen der medialen Quadrizepssehne bedingt sein, welche eine vermehrte Lateralisation der Patella in der Initialphase der Knieflexion bedingen k&ouml;nnen.<br /><br /> <strong>Passive Faktoren</strong><br /> Das MPFL als wichtigster passiver Stabilisator hat die gr&ouml;sste Bedeutung in der Knieflexion von 20&deg;&ndash;30&deg;, wenn die Patella in die proximale Trochlea hineingef&uuml;hrt werden muss.<sup>9, 10</sup> Das laterale Retinaculum wurde lange als Problemstruktur bei PFI angesehen und mit einem Release durchtrennt. Man erhoffte sich dadurch eine Medialisierung der Patellaf&uuml;hrung, was durch biomechanische Studien widerlegt wurde.<sup>11, 12</sup><br /><br /> <strong>Statische Faktoren</strong><br /> Henri D&eacute;jour und Gilles Walch fanden in 85 % der F&auml;lle mit PFI eine Trochleadysplasie. <sup>13</sup> Physiologisch gew&auml;hrleistet die konkave Trochleaform das Containment der Patellaf&uuml;hrung ab einer Knieflexion von 20&deg;&ndash;30&deg;. Die Anstiege der lateralen und medialen Patellafacette ergeben den Trochleawinkel. Die laterale Facette ist der wichtigste statische Stabilisator und somit die bedeutendste Komponente des Containments. Sie ist in sagittaler Ebene l&auml;nger und in axialer Ebene breiter als die mediale. Die Trochlea ist vom hyalinen Knorpel bedeckt, welcher der kn&ouml;chernen Form folgt.<sup>9</sup><br /> Der Anstieg der lateralen Trochleafacette wird als lateraler Trochlea-Inklinationswinkel (LTI) definiert und physiologisch mit &gt;15&deg; angegeben.<sup>6, 14</sup> Bei der Trochleadysplasie kann der LTI deutlich unter 15&deg; bis sogar negativ dokumentiert werden. Je nach Auspr&auml;gung der Dysplasie zeigt sich eine zentrale &Uuml;berh&ouml;hung mit abgeflachter oder konvexer Form der proximalen Trochlea. Henri D&eacute;jour et al. untersuchten die Trochleaform anhand streng seitlicher R&ouml;ntgenbilder und definierten 3 Typen, je nach sagittaler Position des von ihnen bezeichneten &laquo;crossing signs&raquo;.<sup>15</sup> Die als &laquo;Bump&raquo; bezeichnete Struktur bedeutet eine &Uuml;berh&ouml;hung der proximalen zentralen Trochlealinie zur anterioren Femurebene. David D&eacute;jour et al. erweiterten die Einteilung auf 4 Typen (A&ndash;D) und beschrieben den Typ D als Typ C mit einem zus&auml;tzlichen &laquo;Bump&raquo;, bei deutlicher zentraler &Uuml;berh&ouml;hung (Abb. 1).<sup>16</sup><br /> Die Typen B&ndash;D werden als schwere Dysplasie, mit fehlendem proximalem Trochlea-Sulcus oder sogar h&ouml;herem Sulcus- Niveau zum lateralen Trochlearand, bezeichnet. In mediolateraler Ebene zeigt sich der distale Trochlea-Sulcus im Vergleich zur physiologischen Anatomie allerdings medialisiert. Der destabilisierende Risikofaktor bei der Trochleadysplasie ist schon in der Initialphase der Knieflexion bedeutend, da die Patella praktisch erst auf die zentrale &Uuml;berh&ouml;hung der Trochlea im Vergleich zur Femurebene hochgezogen wird. Auf H&ouml;he der proximalen Trochlea fehlt bei der Dysplasie der zentrale Sulcus und somit die laterale F&uuml;hrung durch die laterale Trochleafacette. Dadurch steht die Patella praktisch wie ein Ball auf einem H&uuml;gel und kann nur durch die medialen und lateralen Bandstrukturen als Z&uuml;gel im Zentrum gehalten werden. In dieser Phase ist der Quadrizeps aufgrund der neutralen bis spitzen Kraftvektoren kaum in der Lage, eine zus&auml;tzliche dynamische Stabilisation zu erreichen. Erst in der weiteren Flexion kann durch den weiter distal vorhandenen Trochlea-Sulcus wieder ein Containment erreicht werden.<br /><br /> Die Patella kann die retropatellare Stabilit&auml;t durch Form und Tilt mit beeinflussen. Die Patellaform wird nach Wiberg anhand der Position des Patellafirstes klassifiziert. Der Patella-Tilt wird weitestgehend von der Trochleaform vorgegeben und ver&auml;ndert sich bei Pathologien des MPFL oder lateralen Retinaculums. Die wichtigste Komponente ist die Position der Patella zur Trochlea in der Sagittalebene (Patellah&ouml;he). Die H&ouml;he kann nach Insall und Salvati, nach Caton und Deschamps oder nach Blackburne und Peel bestimmt werden. Je h&ouml;her die Patella bei Streckstellung des Kniegelenkes in Position zur Trochlea steht (Patella alta), umso vulnerabler ist die retropatellare Stabilit&auml;t w&auml;hrend der Initialphase der Knieflexion.<br /> Der durch die Beinachse und die femorale/ tibiale Rotation mitbestimmte QWinkel wird als Winkel zwischen dem Quadrizeps-Kraftvektor und dem Verlauf des Ligamentum patellae bestimmt und mit Normwerten von 12&deg;&ndash;15&deg; bei M&auml;nnern und 15&deg;&ndash;18&deg; bei Frauen angegeben. Um Messfehler des Untersuchers je nach Muskelspannung des Quadrizeps zu vermeiden, wird die TT-TG- oder alternativ die TT-PCL(&laquo;tuberositas tibiae to posterior cruciate ligament&raquo;)-Distanz anhand zweier axialer, &uuml;bereinander projizierter CToder MRI-Schnitte gemessen. Beim TT-TG sollte m&ouml;glichst weit proximal die &laquo;trochlear groove&raquo; in einem und die Tuberositas tibiae bei der gr&ouml;ssten Prominenz im anderen Schnittbild dargestellt werden.<sup>17</sup> Als pathologisch werden erst Werte von &gt;20mm f&uuml;r eine chirurgische Korrektur in Betracht gezogen.<sup>13</sup> Da bei einer vorliegenden Trochleadysplasie die proximale &laquo;trochlear groove&raquo; nicht messbar und weiter distal die Trochlea eher medialisiert angelegt ist, bietet sich die TT-PCL-Distanz als Messmethode an. Bei dieser Messung wird das Schnittbild auf H&ouml;he der femoralen Fixation des hinteren Kreuzbandes ausgerichtet.<sup>18</sup><br /> Die Rotation des Femurs kann bei einer erh&ouml;hten Antetorsion eine Medialisierung der Trochlea verursachen, wobei eine vermehrte Aussenrotation der Tibia eine Lateralisation der Tuberositas tibiae zur Folge hat. Beide Eigenschaften beeinflussen somit die TT-TG-Distanz.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1801_Weblinks_s6_abb1.jpg" alt="" width="992" height="843" /></p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Die Anamnese sollte Auskunft &uuml;ber folgende Punkte geben: ad&auml;quates Trauma, akut/rezidivierend/ chronisch/permanent, Instabilit&auml;tsrichtung (fast ausschliesslich lateral), Repositionsman&ouml;ver, Schmerzlokalisation, Schmerz oder Instabilit&auml;t als Hauptsymptom, generalisierte Hypermobilit&auml;t/Laxizit&auml;t, famili&auml;re H&auml;ufung,<sup>19, 20</sup> sportliche/ berufliche Aktivit&auml;ten und mentale Verfassung/Compliance. Bei der klinischen Diagnostik sollten folgende Fragestellungen evaluiert werden:<sup>21</sup></p> <ul> <li>plantigrader Stand mit parallelen F&uuml;ssen: Beinl&auml;ngenausgleich, Beinachse/QWinkel, Genu recurvatum, Patellah&ouml;he, zueinander rotierte Patellae, beidbeinige/ einbeinige Kniebeuge, vermehrte Pronation im USG, Pes planovalgus et abductus</li> <li>Schritt und Ganganalyse: Ausfallschritt, Stufenschritt, &laquo;Kneeing in&raquo;, funktioneller Knievalgus, funktioneller Pes planovalgus et abductus</li> <li>sitzende Untersuchung: Patellaposition, &laquo;J sign&raquo; oder &laquo;reversed J Sign&raquo; bei Patellazentrierung in Flexion, Krepitation/ retropatellare Dolenz w&auml;hrend der Extension gegen Widerstand, Kraft der H&uuml;ftabduktoren und Aussenrotatoren</li> <li>R&uuml;ckenlage: Gelenkserguss, Patella alta, Patella-Tilt, Lateralisation der Patella bei Quadrizepskontraktion, mediolaterale Verschiebe- und Apprehensiontests, Zohlen-Zeichen</li> <li>Seitenlage: Verk&uuml;rzung des Tractus iliotibialis (Ober-Test)22</li> <li>Bauchlage: Femur-/Tibia-Rotation, Quadrizepsverk&uuml;rzung</li> </ul> <p>Bei akuten Luxationsereignissen ist die klinische Untersuchung limitiert.<br /><br /> <strong>Radiologische Diagnostik</strong><br /> Um die oben genannten destabilisierenden Faktoren beurteilen zu k&ouml;nnen, werden in unserer Klinik bei akuten und rezidivierenden Ereignissen der PFI anteroposteriore, streng seitliche und patella-axiale R&ouml;ntgenaufnahmen bei ca. 45&deg; Flexion des betroffenen Kniegelenkes durchgef&uuml;hrt. In der weiteren Abkl&auml;rung wird ein Orthoradiogramm mit plantigradem Parallelstand veranlasst. Als Schichtbildgebung f&uuml;hren wir ein MRI durch, wobei darauf geachtet wird, dass die axialen Schnitte perpendikular zur Beinachse dargestellt werden. Bei Verdacht auf Frakturen oder Rotationsfehlstellungen von Femur und Tibia beauftragen wir noch ein CT (sofern ein erweitertes MRI nicht aussagekr&auml;ftig oder m&ouml;glich ist).</p> <h2>Therapie</h2> <p><strong>Entscheidungsfindung</strong><br /> Als hilfreich erachten wir die Klassifikation der Patellaluxation nach Frosch et al. in 5 Typen anhand der Kriterien Instabilit&auml;t, Maltracking und Verlust des Trackings.<sup>2</sup><br /> Bei St.n. Erstluxation kann das Risiko einer Reluxation mit anamnestischen, klinischen und radiologischen Befunden anhand des Patellar Instability Severity Score (PIS) analysiert werden.<sup>8</sup> Bei einer m&ouml;glichen Gesamtpunktzahl von 7 wird ein Wert von =3 als geringes und einer von =4 als 5-fach erh&ouml;htes Reluxationsrisiko eingesch&auml;tzt. Bei PIS =3 kann eine konservative Therapie erfolgen. Zeigt sich im R&ouml;ntgen eine Flake-Fraktur an der medialen Patella oder der lateralen Trochlea, wird zur Abkl&auml;rung der vorliegenden Pathomorphologie der PFI noch ein MRI veranlasst und anschliessend die Indikation zur fr&uuml;hzeitigen operativen Therapie grossz&uuml;gig gestellt. Liegt zus&auml;tzlich eine Trochleadysplasie Typ B&ndash;D vor (PIS =4), reicht eine reine Flake-/ MPFL-Refixation nicht aus. In diesen F&auml;llen f&uuml;hren wir zus&auml;tzlich auch eine Trochleaplastik durch. Bei PIS =4 ohne Flake- Fraktur empfehlen wir f&uuml;r ca. 6 Wochen ein konservatives Vorgehen zur Abschwellung und Reduktion der posttraumatischen Inflammation und zur besseren subjektiven und objektiven klinischen Abkl&auml;rung im Verlauf. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass der Patient ein besseres Verst&auml;ndnis der Problematik aufbauen kann und im Fall eines weiteren Unsicherheitsbis Instabilit&auml;tsgef&uuml;hls eine gr&ouml;ssere Compliance f&uuml;r ein sekund&auml;res operatives Vorgehen aufbringt.<br /> Bei Rezidivluxationen empfehlen wir die komplette Diagnostik, um die m&ouml;glichen multifaktoriellen Risikofaktoren analysieren und ihre Wertigkeit als destabilisierender Faktor einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen. Da in 85 % der F&auml;lle eine Trochleadysplasie vorliegt, ist die korrekte Beurteilung des Trochleatyps und des LTI von grosser Bedeutung.<sup>13</sup> Dazu empfehlen wir, die proximale Trochlea als &laquo;zone of interest&raquo; zu betrachten und auf H&ouml;he der proximalen Trochlea in mehreren (3&ndash;4) axialen MRI-Schnittbildern jeweils den LTI zu bestimmen. Wir betrachten, wie auch Carrillon et al., einen LTI von 11&deg;&ndash;15&deg; als wenig und einen von &lt;11&deg; als deutlich pathologisch. 14 Wenn die Trochleadysplasie als Hauptproblematik definiert wird, und bei einem LTI &lt;11&deg; wird von uns die Trochleaplastik modifiziert als &laquo;Churer/Bereiter- Methode&raquo; angewendet.<sup>23</sup> Bei einer PFI ohne ausgepr&auml;gte Trochleadysplasie oder Achsen- und Rotationsfehlstellungen empfehlen wir die augmentierte MPFL-Rekonstruktion. Hierbei gilt es zu pr&uuml;fen, ob zus&auml;tzlich bei einem kontrakten lateralen Retinaculum auch eine laterale Verl&auml;ngerungsplastik zur Patellazentrierung und Vermeidung einer retropatellaren Hyperpression durchgef&uuml;hrt werden muss.<br /> Bei grossen Fehlstellungen des Alignments als Hauptursache der PFI m&uuml;ssen Korrekturosteotomien (OT) in Betracht gezogen werden, z.B.: Tuberositastibiae- OT medialisierend bei TT-TG &gt;20mm, zus&auml;tzlich distalisierend bei Patella alta; varisierende Femur- oder Tibia-OT bei Genu valgum; Aussenrotationsfemur- OT bei pathologischer Femurantetorsion; 24 Innenrotationstibia- OT bei pathologischer Tibia-Aussenrotation<sup>24</sup>.<br /><br /> <strong>Konservative Therapie</strong><br /> Es gilt bei diesem therapeutischen Vorgehen, den retropatellaren Schmerz zu vermeiden. Anfangs oder tempor&auml;r k&ouml;nnen Orthesen oder Taping-Techniken<sup>25</sup> bei der Stabilisation helfen. Empfehlenswert f&uuml;r die bessere Zentrierung der Patella und Propriozeption sind physiotherapeutische Massnahmen zur Kr&auml;ftigung des Vastus medialis obliquus als medialer aktiver Stabilisator und &Uuml;bungen zur Dehnung kontrakter knienaher Strukturen. Bei der Physiotherapie m&uuml;ssen zwingend auch die Becken- und Sprunggelenksstabilisatoren mit adressiert werden. Sollte eine vermehrte Fusspronation mit Knick-Senkfuss-Komponente bestehen, wird eine Schuheinlagenanpassung empfohlen.<br /><br /> <strong>Operative Therapie</strong><br /> Prim&auml;re MPFL-Naht/Flake-Refixation<br /> Bei dehiszenter patellarer MPFL-L&auml;sion mit oder ohne oss&auml;ren Ausriss f&uuml;hren wir die transoss&auml;re Refixation mit einem Fibrewire durch. Die osteocartilagin&auml;ren Flakes k&ouml;nnen bei einer soliden Knochenschuppe mit &laquo;Bio-Compression Screw&raquo; (Arthrex<sup>&reg;</sup>) oder bei d&uuml;nnen Flakes mit &uuml;berkreuzenden transoss&auml;ren Osteosuturen (Vicryl) in &laquo;Spiderweb-Technik&raquo; fixiert werden.<br /><br /> <strong>Tuberositas-tibiae-Osteotomie</strong> <br />Bei erh&ouml;htem Q-Winkel/TT-TG/TT-PCL als haupts&auml;chliche destabilisierende Pathologie wird mit der Tuberositas-tibiae- Osteotomie eine Medialisierung der Patellaf&uuml;hrung angestrebt.<sup>26, 27</sup> Wenn gleichzeitig eine retropatellare Druck- und Schmerzreduktion angestrebt wird, empfehlen wir die ventralisierende medialisierende Osteotomie nach Fulkerson.<sup>28</sup> Wurden zus&auml;tzlich eine Elongation und Vernarbung des MPFL diagnostiziert, sollte zus&auml;tzlich auch eine Raffnaht durchgef&uuml;hrt werden. Bei Kontinuit&auml;tsunterbruch des MPFL muss an eine Augmentation gedacht werden. Gleichzeitig gilt es zu pr&uuml;fen, ob kontrakte laterale Strukturen vorliegen, welche dann verl&auml;ngert werden m&uuml;ssten.<br /><br /> <strong>MPFL-Rekonstruktion</strong><br /> Da das MPFL haupts&auml;chlich im strecknahen Bereich als wichtigster passiver Stabilisator anzusehen ist, sollte bei Diskontinuit&auml;t alleine als Hauptpathologie oder in Kombination bei weiteren Pathologien (z.B. Trochleadysplasie) eine Rekonstruktion erfolgen. Hier haben sich schon mehrere Methoden, Transplantate und Fixationsimplantate etabliert.<sup>29&ndash;36</sup><br /> Bisher gute Erfahrungen gibt es mit der freien Gracilis-Augmentation. Patellar verwendeten wir die Tunneltechnik und femoral die Fixation mittels Interferenzschraube. Um geringere &laquo;donor-side morbidity&raquo; durch die Gracilis-Entnahme zu verursachen, f&uuml;hren wir seit 1,5 Jahren die Technik nach Fink mit einem Quadrizepsstreifen durch.<sup>37</sup> Folgende Punkte bei der MPFL-Rekonstruktion erachten wir als essenziell: fl&auml;chige Rekonstruktion der Struktur, Einziehen zwischen 2. und 3. Schicht des medialen patellofemoralen Komplexes,<sup>5</sup> Vermeidung der Gelenkskapseler&ouml;ffnung, medialen Patellarand oss&auml;r anfrischen, anatomische Insertionspunkte Patella und Femur, intraoperative R&ouml;ntgenkontrolle/ -dokumentation femoraler Insertionspunkt,<sup>38</sup> Anspannen bei 20&ndash;30&deg; Flexion, lateraler Patellarand &laquo;en niveau&raquo; mit lateralem Trochlearand, femorale Fixation mit Interferenzschraube (&Uuml;berstand der Schraube vermeiden), &Uuml;berpr&uuml;fen der freien Kniebeweglichkeit, &uuml;berpr&uuml;fen, ob laterale Verl&auml;ngerungsplastik notwendig ist.<br /><br /><strong> Trochleaplastik</strong> <br />Um eine V-f&ouml;rmige Vertiefung der Trochlea nach der D&eacute;jour-Methode zu vermeiden und eine bessere Artikulation zwischen Patella und neu geformter proximaler Trochlea zu erreichen, entwickelte Bereiter 1991 die &laquo;Churer/Bereiter-Methode &raquo; als Modifikation.<sup>7, 23, 39</sup> Dabei wird nach Abl&ouml;sen des randst&auml;ndigen Periosts die Trochlea von proximal sukzessiv mit einem Meissel als osteocartilagin&auml;re Schuppe angehoben. Mit der Multifragmentierung des ca. 3mm dicken Knochens unter dem Knorpel gelingt eine gut modulierbare Elastizit&auml;t der Schuppe. Ziel ist es, dass die zentrale Tiefe auf dem Niveau der anterioren femoralen Kortikalis erreicht wird, um ein stufenfreies Patellagleiten in die Trochlea zu erm&ouml;glichen. Diese Position wird als transoss&auml;re Suture fixiert. Randst&auml;ndig wird das Periost readaptiert (Abb. 2&ndash;4).<br /> Essenziell zu beachtende Punkte bei dieser Technik sind: Z-f&ouml;rmige laterale Arthrotomie f&uuml;r m&ouml;gliche Verl&auml;ngerungsplastik, Knochendicke der elastischen Schuppe 2&ndash;4mm, Knorpelperforation vermeiden, zentrale Tiefe auf Femurkortikalis- Niveau erreichen, physiologisch konkave Form der Furche, laterale Trochlearandh&ouml;he erhalten.<br /> Zus&auml;tzliche MPFL-Chirurgie: elongiert &ndash; Raffnaht, patellar abgerissen &ndash; transoss&auml;re Refixation, hypotroph &ndash; Augmentation.<br /> Die Flexion von 90&deg; muss intraoperativ gepr&uuml;ft werden, um die zentrale Patellaf&uuml;hrung zu kontrollieren. Durch diese Methode der Trochleaplastik werden neben dem Containment auch der passive Stabilisator und letztendlich auch das Alignment mitbeeinflusst. Durch die Neuformung der &laquo;trochlear groove&raquo; wird der TT-TG ebenfalls gering verringert.<br /><br /><strong> Achsenosteotomien</strong> <br />Eine operative Indikation zur Korrekturosteotomie sehen wir nur bei ausgepr&auml;gten Valgus- und Rotationsdeformit&auml;ten von Femur und/oder Tibia.<sup>2</sup> <strong>Resultate</strong> &Uuml;ber 300 Trochleaplastiken wurden in der oben beschriebenen Technik in unserem Haus bisher durchgef&uuml;hrt. Nach Erarbeitung unseres Konzeptes zur Behandlung der PFI zeigte sich, dass 80 % mittels Trochleaplastik, 18 % mittels alleiniger MPFL-Rekonstruktion und 2 % mit Umstellungsosteotomien als Prim&auml;reingriff stabilisiert werden. Bei der Nachkontrolle zeigte sich, dass alle Patienten mit Trochleaplastik keine Rezidivinstabilit&auml;t aufwiesen. <sup>6, 40, 41</sup> Der Apprehensiontest war zur Jahreskontrolle nur noch bei sehr wenigen Patienten positiv, wobei 20 % noch retropatellaren Schmerz beschrieben (11 % vermehrt, 9 % identisch zu pr&auml;operativ). &Uuml;ber 80 % konnten das Aktivit&auml;tsniveau zu pr&auml;operativ steigern.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1801_Weblinks_s6_abb2.jpg" alt="" width="992" height="861" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1801_Weblinks_s6_abb3.jpg" alt="" width="992" height="849" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1801_Weblinks_s6_abb4.jpg" alt="" width="991" height="981" /></p> <h2>Komplikationen und Limits</h2> <p>Von &uuml;ber 300 Trochleaplastiken wurden neben 5 Revisionen bei postoperativem H&auml;matom/ H&auml;marthrose, 2 Revisionen bei extraartikul&auml;rem Wundinfekt und 3 Mobilisationen in Narkose keine weiteren Fr&uuml;hinterventionen notwendig. Im mittel- und langfristigen Verlauf mussten bisher 18 Kniearthroskopien zur Entfernung freier Gelenksk&ouml;rper oder einer hypertrophen Narbenplica durchgef&uuml;hrt werden. Zur Jahreskontrolle wurde in ca. 50&ndash;60 % der F&auml;lle noch ein retropatellares Krepitieren festgestellt, welches von den wenigsten Patienten als funktionell st&ouml;rend empfunden wurde. Erfreulicherweise zeigten alle Patienten eine oss&auml;re Einheilung der Trochleaschuppe, ohne Osteolyse oder Osteonekrose.<br /> Unsere relativen Kontraindikationen sind offene Epiphysenfugen bei Kindern und subchondrale Sklerose/Chondropathien 3&deg;&ndash;4&deg; der Trochlea.<br /> Erfahrungsgem&auml;ss zeigen sich bei Patienten, die &auml;lter als 30 Jahre sind, schon erste degenerative Ver&auml;nderungen, welche die Trochleaplastik limitieren. Die Indikation beruht im Wesentlichen auf der Qualit&auml;t des Trochleaknorpels.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Atkin DM et al.: Am J Sports Med 2000; 28(4): 472-9 <strong>2</strong> Frosch KH et al.: Der Chirurg 2014; 10 <strong>3</strong> Frosch S et al.: Z Orthop Unfall 20111; 149(6): 630-45 <strong>4</strong> Amis AA et al.: Orthop Res 2006; 24(12): 2201-11 <strong>5</strong> Schmeling A: Aktuelle Aspekte der patellofemoralen Instabilit&auml;t. 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SGOT-Kongress 2013</p> </div> </p>
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