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Tumoren, die zu Knochenverlust führen
Jatros
30
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21.09.2017
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<p class="article-intro">Der Orthopäde, Unfallchirurg oder Osteologe stößt im Röntgen gelegentlich auf fragliche Knochenbefunde, die nicht unmittelbar in sein Fachgebiet gehören. Für das geschulte Auge ist eine klare Diagnose oft auch ohne CT, MRT, PET oder Szintigrafie möglich. So wie bei bestimmten onkologischen Therapien, die zu Knochenschwund führen, ist auch hier interdisziplinäres Denken gefragt.</p>
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<p class="article-content"><p>Knochenläsionen oder eine Knochenverdichtung können auf einen gut oder einen bösartigen Tumor hindeuten. Primäre Knochengeschwulste sind meistens gutartig und betreffen nur etwa 1 % aller Knochentumoren. Da sie oft klinisch stumm sind, handelt es sich meist um Zufallsbefunde. 33 % aller Knochentumoren finden sich in der Knieregion, eine Metastasierung bzw. Infiltration ist eher selten. „Primär benigne Tumoren können aber maligne entarten, etwa durch inadäquate Therapie nach Rezidiven oder auch spontan“, erklärt Prof. Dr. Andreas Kurth, Asklepios Klinik Birkenwerder, Berlin. 40–50 % dieser Geschwulste treten in den ersten beiden Lebensjahrzehnten auf, bei den malignen Formen steigt ab dem 60. Lebensjahr mit dem Chondrosarkom die Inzidenz erneut an. Auch das Chondrosarkom ist stumm und wird im jugendlichen Alter meist übersehen.<br /> Der multimodale Therapieansatz, vor allem bei malignen Knochentumoren, besteht in erster Linie aus Operation (radikal, mit weiten Grenzen zum Tumor und wenn möglich funktionserhaltend) und Chemotherapie (neoadjuvant, adjuvant, palliativ). Als zusätzliche Maßnahmen können eine regionale Hyperthermie (EORTC 62961/ESHO-RHT-95), eine isolierte Extremitätenperfusion (lokale Tumorkontrolle, keine Beeinflussung des metastasenfreien Überlebens) oder eine Strahlentherapie (neoadjuvant, adjuvant, perkutan vs. interstitielle Brachytherapie oder intraoperative Bestrahlung) durchgeführt werden.</p> <h2>Differenzialdiagnosen bei Knochentumoren</h2> <p>Dazu ein Beispiel: Ein Patient kommt mit einem Schulterschmerz in die Ambulanz. Auf dem Röntgenbild wird eine zentrale Verkalkung des Knochens (Enchondrom) sichtbar. Auf eine maligne Transformation weisen eine weite Ausdehnung, Ausdünnung der Kortikalis, Schmerzen, ein Weichteiltumor oder lytische Komponenten hin. Da diese Veränderungen mit einem erhöhten Knochenstoffwechsel einhergehen, kann eine Skelettszintigrafie mehr Aufschluss geben. Eine zentrale Verkalkung im Knochen kann auf ein Chondrosarkom, ein Osteosarkom, eine Knochennekrose oder eine fibröse Dysplasie hinweisen. Mitunter stellt sich der vermeintliche Tumor auch als intramedullärer Knocheninfarkt heraus. „Dieser tritt häufig nach Chemotherapie bei Leukämien im Kindesalter oder bei einem Lupus erythematodes auf und darf auf keinen Fall falsch eingeschätzt werden“, so Kurth. Enchondromatosen sind meist mit anderen klinischen Parametern vergesellschaftet, beim Morbus Ollier oder dem Maffucci- Syndrom treten (multiple) Enchondrome und Hämangiome mit einem 30 % igen Risiko für maligne Entartung auf. Eine zentrale Verkalkung im Knie spricht für einen Knorpeltumor. Ist er zusätzlich aufballoniert mit einer angegriffenen Kortikalis, ist er meist bösartig.<br /> Im einfachen Röntgenbild erkennbar ist das benigne Chondroblastom. Der Tumor reicht bis in die Epiphyse und demarkiert sich an bestimmten Stellen, z.B. durch einen Sklerosesaum, mit dem sich der Körper gegen das expansive Wachstum wehrt. Das Chondroblastom kann Schmerzen verursachen; seine Entfernung ist nicht wegen Malignität, sondern meist durch eine im MRT abgeklärte Knochenerweichung indiziert.</p> <h2>Androgen- und Östrogenverlust provozieren Knochenschwund</h2> <p>In den letzten Jahrzehnten ist das Bewusstsein, dass bei bestimmten Krebsarten auch die Knochengesundheit eine wichtige Rolle spielt, gewachsen. Beim Mamma- und beim Prostatakarzinom sind Östrogen- bzw. Androgendeprivation die Therapie der Wahl. Sie gehen mit der Entstehung von Osteopenie bzw. Osteoporose und damit einer signifikant erhöhten Frakturrate einher.<br /> In Abhängigkeit vom Krankheitsstadium sind die Überlebenschancen bei Brustkrebs verglichen mit denen bei anderen Tumoren deutlich höher. Die aktuellen Guidelines empfehlen als wirksame Behandlung für postmenopausale Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs eine Therapie mit Aromataseinhibitoren. Aromatase ist ein im Muskel- und Fettgewebe lokalisiertes Enzym, das Androgenvorstufen in Östrogen umwandelt, was zur Senkung des im Serum zirkulierenden Östrogens führt.</p> <h2>Rechtzeitige Therapie verhindert Knochenverlust <br />beim Mammakarzinom …</h2> <p>Der durch eine Krebstherapie aufgrund der Östrogen- bzw. Androgendeprivation induzierte schnelle und ernsthafte Knochenverlust (CTIBL, „cancer treatment-induced bone loss) stellt ein wachsendes Problem dar. „Nicht nur die klassischen Hormontherapien, sondern auch unterschiedliche tumorspezifische Interventionen, wie Chemotherapie oder chirurgische Eingriffe, können zu behandlungsassoziierten Frakturen führen und zu einer schlechten Lebensqualität und einem verminderten Überleben beitragen“, erklärt Prof. Dr. Marija Balic, Klinische Abteilung für Onkologie, Medizinische Universität Graz. Durch die rechtzeitige Gabe von Bisphosphonaten (Zoledronsäure) lässt sich einem Knochenverlust und damit verbundenen Komplikationen vorbeugen. Es kann sogar zu einer Steigerung der Knochendichte kommen, wie durch die ZO-FAST-Studie gezeigt worden ist. Darin kam es durch den Upfront-Einsatz von Zoledronsäure zu einer Knochendichtezunahme im Bereich der Wirbelsäule (+5,9 % nach 12 Monaten, +10 % nach 60 Monaten). <sup>1</sup> „Bei zu später Gabe von Bisphosphonaten kommt es dennoch zu Knochenverlust“, so Balic.<br /> Einen wichtigen Beitrag zu diesem Thema lieferte die Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG). Sie hatte die gleiche Fragestellung bei prämenopausalen Frauen untersucht. Im Follow-up konnte gezeigt werden, dass die frühzeitige Gabe von Zoledronsäure zu einer Zunahme der Knochendichte führt. Der Einsatz von Zoledronsäure führt auch zu einer signifikanten Reduktion der Rezidivrate – ein Endpunkt, der vor allem für Onkologen von Relevanz ist.<sup>2</sup><br /> Mit Denosumab, einem IgG2-anti- RANKL-Antikörper, kann man eine ähnliche Steigerung der Knochendichte bei Patientinnen unter Aromatasehemmern erzielen, wie eine placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2008 zeigen konnte. <sup>3</sup> Dieser Ansatz war auch Inhalt einer randomisierten Untersuchung der ABCSG-Gruppe – Denosumab vs. Placebo –, in der insgesamt 3420 mit Aromatasehemmern behandelte, postmenopausale Patientinnen eingeschlossen worden waren. <sup>4</sup> Zum einen hat man in dieser Studie beobachtet, dass etwa 30 % der Patientinnen Frakturen aufwiesen, wenn sie keine präventive Therapie bekommen hatten. Dieses Risiko wurde durch den Einsatz von Denosumab um die Hälfte gesenkt. Zum anderen wurde auch die Knochendichte durch den Einsatz von Denosumab deutlich gesteigert, und das in allen wichtigen Messpunkten, berichtet Balic.</p> <h2>… und beim Prostatakarzinom</h2> <p>Durch die Unterbindung von Wachstumssignalen durch eine Androgendeprivationstherapie (ADT) wird die Ausbreitung von Prostatakarzinomzellen verhindert. Der Einsatz einer ADT reduziert aber auch die Aktivität der Osteoblasten und verstärkt die Knochenresorption durch Osteoklasten. Die ADT erfolgt entweder in Form einer chirurgischen Kastration (Orchiektomie) oder einer Therapie mit „gonadotropin releasing-hormone (GnRH) agonists“ und GnRH-Antagonisten. Manche Patienten erweisen sich als kastrationsresistent und entwickeln Knochenmetastasen, was mit schwerwiegenden Skelettkomplikationen (SRE, „skeletal-related events“) verbunden ist.<sup>5</sup><br /> Von Männern, die nach der Diagnose mindestens 5 Jahre überlebten, hatten in einer Studie 19,4 % derjenigen, die unter ADT waren, einen Knochenbruch erlitten, versus 12,6 % von denen, die keine ADT erhielten (p<0,001).<sup>6</sup> Das relative Risiko für das Auftreten eines Bruches oder einer Fraktur, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, stieg mit zunehmender Anzahl an Dosen eines GnRH-Agonisten, die im ersten Jahr nach der Diagnose gegeben worden waren (p<0,001 für lineare Tendenz). Das relative Risiko für einen Bruch betrug 1,45 (95 % CI: 1,36–1,56) unter denjenigen, die in den ersten 12 Monaten nach der Diagnose 9 oder mehr Dosen des GnRH-Agonisten erhalten hatten, und 1,54 (95 % CI: 1,42–1,68) für diejenigen, die einer Orchiektomie unterzogen worden waren. „Diese Studie bietet eine Schätzung des auf einer ADT-Behandlung bestehenden Bruchrisikos, indem sie Patienten einbezieht, die keinen Androgenentzug hatten“, sagt Balic.<br /> Eine weitere Studie mit Denosumab vs. Placebo, nunmehr mit 1468 Patienten mit nicht metastasierendem Prostatakarzinom, die mindestens 12 Monate unter ADT gewesen waren, untersuchte als primäre Endpunkte die Knochendichte (BMD, „bone mineral density“) nach 24 Monaten vs. Baseline sowie die Inzidenz neuer Wirbelfrakturen bzw. jeglicher Frakturen nach 36 Monaten. Die Studie ergab, dass Denosumab, schnell und konsequent verabreicht, die BMD für mindestens 36 Monate nach der ersten Dosis verbesserte und langfristigen Schutz vor neuen Wirbelkörperfrakturen bei Patienten unter ADT bot. Signifikante BMD-Zunahmen waren an allen untersuchten Stellen (LWS, Gesamthüfte, Schenkelhals) zu verzeichnen, die Inzidenz neuer Wirbelkörperfrakturen wurde im Vergleich zu Placebo über 36 Monate um 62 % reduziert. Im Gegensatz dazu zeigten Patienten, die Placebo erhalten hatten, einen anhaltenden Rückgang der BMD sowohl an der Lendenwirbelsäule als auch an der Gesamthüfte.<sup>7</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 25. Osteoporoseforum, 20.–22. April 2017, St. Wolfgang
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<p><strong>1</strong> Coleman R et al: Ann Oncol 2 013; 2 4(2): 3 98-405 <strong>2</strong> Gnant M et al: Lancet Oncol 2008; 9(9): 840-9 <strong>3</strong> Ellis GK et al: J Clin Oncol 2008; 26: 4875-82 <strong>4</strong> Gnant M et al: Lancet 2015; 386(9992): 433-43 <strong>5</strong> Abrahamsson PA: Eur Urol Suppl 2009; 8: 821-38 <strong>6</strong> Shahinian VB et al: N Engl J Med 2005; 352(2): 154-64 <strong>7</strong> Smith MR et al: N Engl J Med 2009; 361: 745-55</p>
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