<p class="article-intro">Die digitale Mukoidzyste (Myxomatosis nodularis cutanea) wurde 1883 erstmalig von I. N. Hyde als synoviale Läsion der Cutis beschrieben.<sup>1</sup> Diese gutartigen Zysten entstehen in aller Regel im distalen Interphalangealgelenk (DIP-Gelenk) der Finger oder im Interphalangealgelenk (IP-Gelenk) des Daumens und zeigen sich als 3 bis 15mm große, opaleszente Blasen radial oder ulnar der Medianlinie über dem streckseitigen Endglied. </p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Grundsätzlich können sie auch an den proximalen Interphalangealgelenken (PIP-Gelenke) auftreten, dies ist jedoch deutlich seltener der Fall. In mehr als einem Drittel der Fälle ist der Mittelfinger (38 % ) betroffen, gefolgt von Zeigefinger (26 % ), Daumen (18 % ), Ringfinger (9 % ) und Kleinfinger (8 % ).<sup>2</sup> Mukoidzysten entstehen überwiegend zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer (3:1).<sup>3</sup><br /> Die Ätiologie der Mukoidzyste ist noch nicht abschließend geklärt. Vieles spricht jedoch dafür, dass sie das Resultat einer mukoiden Degeneration der Gelenkskapsel auf Grundlage osteoarthrotischer Veränderungen ist, zumal eine Verbindung zwischen Zyste und Gelenkspalt besteht.<sup>4, 5</sup> Die Ausbildung von Osteophyten und die Zunahme an Synovialflüssigkeit im Zuge der arthrotischen Grunderkrankung begünstigen die Entstehung von Mukoidzysten zusätzlich, was durch ihre hohe Prävalenz bei Patienten mit Heberden-Arthrosen (64 bis 93 % ) dokumentiert ist.<sup>6</sup> Histologisch findet sich ein durch dichtes Bindegewebe abgegrenzter Hohlraum. Eine synoviale Auskleidung lässt sich weder immunhistochemisch noch elektronenmikroskopisch nachweisen, sodass die Mukoidzyste die gleichen histologischen und ultrastrukturellen Charakteristika wie ein Ganglion aufweist. <br /> Mukoidzysten sind häufig asymptomatisch, können aber auch mit Schmerzen und Nageldeformitäten einhergehen, wenn die Zyste einen lokalen Druck auf die germinative Nagelmatrix ausübt. Die Nageldeformität stellt sich als breite Rinne dar, deutlich seltener in einer Rillen- und Wellenform (Abb. 1). Problematisch können bei ausgedünnter Dermis das Einreißen der Mukoidzyste durch Bagatelltraumata, die spontane Perforation bzw. die unsachgemäße Punktion sein, da es zur Ausbildung eines Gelenkempyems bis hin zum Verlust des Endglieds kommen kann. Dem Patienten sollte, unabhängig von der gewählten Behandlungsmethode, bewusst sein, dass die Behandlung der Mukoidzyste nicht zwangsläufig auch zu einer Schmerzfreiheit führt, da häufig die zugrunde liegende Gelenksarthrose schmerzauslösend ist.</p>
<p class="article-intro">Die digitale Mukoidzyste (Myxomatosis nodularis cutanea) wurde 1883 erstmalig von I. N. Hyde als synoviale Läsion der Cutis beschrieben.<sup>1</sup> Diese gutartigen Zysten entstehen in aller Regel im distalen Interphalangealgelenk (DIP-Gelenk) der Finger oder im Interphalangealgelenk (IP-Gelenk) des Daumens und zeigen sich als 3 bis 15mm große, opaleszente Blasen radial oder ulnar der Medianlinie über dem streckseitigen Endglied. </p>
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<p class="article-content"><p>Grundsätzlich können sie auch an den proximalen Interphalangealgelenken (PIP-Gelenke) auftreten, dies ist jedoch deutlich seltener der Fall. In mehr als einem Drittel der Fälle ist der Mittelfinger (38 % ) betroffen, gefolgt von Zeigefinger (26 % ), Daumen (18 % ), Ringfinger (9 % ) und Kleinfinger (8 % ).<sup>2</sup> Mukoidzysten entstehen überwiegend zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer (3:1).<sup>3</sup><br /> Die Ätiologie der Mukoidzyste ist noch nicht abschließend geklärt. Vieles spricht jedoch dafür, dass sie das Resultat einer mukoiden Degeneration der Gelenkskapsel auf Grundlage osteoarthrotischer Veränderungen ist, zumal eine Verbindung zwischen Zyste und Gelenkspalt besteht.<sup>4, 5</sup> Die Ausbildung von Osteophyten und die Zunahme an Synovialflüssigkeit im Zuge der arthrotischen Grunderkrankung begünstigen die Entstehung von Mukoidzysten zusätzlich, was durch ihre hohe Prävalenz bei Patienten mit Heberden-Arthrosen (64 bis 93 % ) dokumentiert ist.<sup>6</sup> Histologisch findet sich ein durch dichtes Bindegewebe abgegrenzter Hohlraum. Eine synoviale Auskleidung lässt sich weder immunhistochemisch noch elektronenmikroskopisch nachweisen, sodass die Mukoidzyste die gleichen histologischen und ultrastrukturellen Charakteristika wie ein Ganglion aufweist. <br /> Mukoidzysten sind häufig asymptomatisch, können aber auch mit Schmerzen und Nageldeformitäten einhergehen, wenn die Zyste einen lokalen Druck auf die germinative Nagelmatrix ausübt. Die Nageldeformität stellt sich als breite Rinne dar, deutlich seltener in einer Rillen- und Wellenform (Abb. 1). Problematisch können bei ausgedünnter Dermis das Einreißen der Mukoidzyste durch Bagatelltraumata, die spontane Perforation bzw. die unsachgemäße Punktion sein, da es zur Ausbildung eines Gelenkempyems bis hin zum Verlust des Endglieds kommen kann. Dem Patienten sollte, unabhängig von der gewählten Behandlungsmethode, bewusst sein, dass die Behandlung der Mukoidzyste nicht zwangsläufig auch zu einer Schmerzfreiheit führt, da häufig die zugrunde liegende Gelenksarthrose schmerzauslösend ist.</p> <p> <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s67.jpg" alt="" width="684" height="867" /></p> <h2>Therapieoptionen</h2> <p>Die spontane Regression einer Mukoidzyste ist zwar beschrieben, dürfte jedoch nur in Einzelfällen vorkommen.<sup>7</sup> Ausgehend von einer rezenten Metaanalyse von Jabbour et al. sind die fünf häufigsten Techniken zur Behandlung der Mukoidzyste in absteigender Zahl die chirurgische Exzision, die Expression des Zysteninhalts, die Sklerotherapie, weiters die Injektion von Kortikoiden und schließlich die Kryotherapie.<sup>2</sup> Die zum Einsatz kommenden Operationstechniken zeigen hierbei eine hohe Variabilität, ihre Gemeinsamkeit liegt jedoch in der vollständigen Exzision der Mukoidzyste und dem gleichzeitigen Abtragen der dorsalseitigen Osteophyten.<br /> Die Heilungsrate, definiert als die vollständige Abheilung ohne Rezidivgeschehen innerhalb der angegebenen Nachbeobachtungszeit, beträgt mit chirurgischer Behandlung 95 % , mit Sklerotherapie 77 % , mit Kryotherapie 72 % , mit Kortikoidinjektion 61 % und mit Expression des Zysteninhalts 39 % . Die geringe Rezidivrate bei chirurgischer Behandlung der Mukoidzyste wird in der entsprechenden Literatur bestätigt und macht diese Behandlungsform zur Methode der Wahl.<sup>8</sup> In Fällen, in denen eine operative Behandlung nicht möglich ist, können die Sklero- und Kryotherapie als einfach durchzuführende und günstige Therapiealternativen mit einer akzeptablen Heilungsrate dienen. Ein Nachteil beider Verfahren ist die Tatsache, dass mehrere Therapiesitzungen notwendig sein können, bis sich der Erfolg einstellt. <br /> Bei Betrachtung der wissenschaftlichen Datenlage zur Behandlung der digitalen Mukoidzyste muss man einschränkend festhalten, dass die meisten Studien retrospektive Untersuchungen sind und prospektive, randomisierte Studien fehlen. Eine evidenzbasierte Überlegenheit einer Behandlungsmethode gibt es somit nicht.</p> <h2>Chirurgische Behandlung</h2> <p>Abgesehen von kleinen Mukoidzysten, bei denen nach einer inselförmigen Exzision ein Direktverschluss möglich ist, ist die Verwendung von Rotations- oder Vorschublappen zur Defektdeckung nach Exzision einer größeren Mukoidzyste eine gängige Behandlungsstrategie, die zu hoher Patientenzufriedenheit führt und mit einer geringen Rezidivrate von unter 5 % verbunden ist.<sup>9</sup> Zahlreiche lokale Lappenplastiken stehen dem Operateur hierfür zur Verfügung, wobei die Deckung mit Rotationslappen aufgrund der Anatomie häufig einfacher durchzuführen ist (Abb. 2a–d). Für die Deckung von großen Resektionsdefekten hat sich als sehr zuverlässige Lappenplastik der Vorschublappen vom streckseitigen Mittelglied erwiesen, wie er 2007 von Shin und Jupiter als Modifikation eines ursprünglich von Kleinert beschriebenen Rotationslappens publiziert wurde.<sup>5, 10</sup> Durch den Einsatz dieses extendierten Vorschublappens kann die Gefahr der Minderdurchblutung bzw. der Lappennekrose reduziert und das Spannungsverhältnis der Haut bei Flexion des Endgelenks günstig verteilt werden.</p> <p> <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s67_2.jpg" alt="" width="1417" height="762" /></p> <h2>Indikation/Kontraindikation</h2> <p>Die digitale Mukoidzyste bedarf nicht zwangsläufig einer Behandlung. Relative Operationsindikationen stellen eine drohende Ruptur aufgrund der ausgedünnten Dermis und eine zunehmende Nageldeformität dar. Auch Schmerzen können ein operatives Vorgehen rechtfertigen, wenngleich diese häufiger durch die zugrunde liegende Arthrose des Endgelenks verursacht werden. Absolute Kontraindikationen gibt es wenige, da die Operation in einem ambulanten Setting und in einer Oberst’schen Leitungsanästhesie durchgeführt werden kann. Bei einer weit fortgeschrittenen Arthrose des DIP-Gelenks kann in gleicher Sitzung eine Arthrodese durchgeführt werden.</p> <h2> </h2> <p> </p> <h2>Operationstechnik</h2> <p>Die Operation wird in Oberst’scher Leitungsanästhesie und in Fingerblutleere durchgeführt. Die Blutleere wird durch ein Tourniquet oder durch einen nach proximal aufgerollten Finger eines sterilen Handschuhs gewährleistet. Das Lappendesign wird wesentlich durch die Lage der Mukoidzyste bestimmt. Liegt die Mukoidzyste über dem ulnodorsalen Endglied, so hat der Vorschublappen seine Stielung auf der radialen Seite des Mittelglieds und umgekehrt (Abb. 3). Dies erlaubt eine größere Verschiebestrecke des Hautlappens auf der Defektseite. Die Mukoidzyste wird mit einer horizontalen und spindelförmigen Hautinsel mitsamt dem Stiel zum Endgelenk exzidiert. Die streckseitige Gelenkskapsel und das Synovialgewebe werden ebenfalls reseziert. Osteophytäre Ausziehungen werden mit einem feinen Luer geglättet, um die Gefahr eines Rezidivs zu minimieren. Bei der Präparation sollte darauf geachtet werden, die Nagelmatrix nicht zu verletzen, um ein postoperatives Nagelfehlwachstum zu verhindern. Nun wird das Hautläppchen umschnitten, wobei die proximale Begrenzung auf Höhe des streckseitigen PIP-Gelenks in aller Regel ausreichend ist, um einen spannungsfreien Hautverschluss zu gewährleisten. Hierbei ist es nicht in jeder Situation erforderlich, den horizontalen Hautschnitt über dem streckseitigen PIP-Gelenk bis nach mediolateral auszudehnen. Je nach Defektgröße reicht häufig auch eine Inzision bis zur Medianlinie. Die Präparation erfolgt von radial nach ulnar bzw. von ulnar nach radial auf Ebene des Paratenons, sodass sich der Hautlappen wie eine Buchseite heben und leicht in den Defektbereich schwenken lässt (Abb. 4). Die Hautnaht erfolgt mit einem monofilen, nicht resorbierbaren 5/0-Faden mit Einzelknöpfen. Erst am Ende des Eingriffs erfolgen das Öffnen der Blutschranke und die Kontrolle der Lappendurchblutung sowie die Anlage eines Stülpa-Fingerverbandes. Eine Fingerschiene ist nicht zwingend erforderlich. Die Fäden werden nach 14 Tagen entfernt, zu diesem Zeitpunkt erfolgt auch die Freigabe zur Bewegung.</p> <p> <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s67_3.jpg" alt="" width="684" height="1342" /></p> <h2>Komplikationen</h2> <p>Mögliche Komplikationen der chirurgischen Behandlung einer Mukoidzyste sind neben einem Rezidiv die Verletzung der terminalen Strecksehne an der Endgliedbasis, die postoperative Infektion und Bewegungseinschränkung, ein Nagelfehlwachstum, eine lang anhaltende Schwellung bzw. Schmerzen und Sensibilitätsstörungen. Auch wenn das theoretische Risiko einer Lappennekrose besteht, wurde diese aufgrund der breiten Lappenstielung weder bei den eigenen Patienten beobachtet noch in der Literatur berichtet.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Miller PK et al.: Focal mucinosis (myxoid cyst). Surgical therapy. J Dermatol Surg Oncol 1992; 18: 716-9 <strong>2</strong> Jabbour S et al.: Management of digital mucous cysts: a systematic review and treatment algorithm. Int J Dermatol 2017; 56: 701-8 <strong>3</strong> Johnson WC et al.: Cutaneous myxoid cyst. A clinicopathological and histochemical study. JAMA 1965; 191: 15-20 <strong>4</strong> Constant E et al.: Mucous cysts of the fingers. Plast Reconstr Surg 1969; 43: 241-6 <strong>5</strong> Kleinert HE et al.: Etiology and treatment of the so-called mucous cyst of the finger. J Bone Joint Surg Am 1972; 54: 1455-8 <strong>6</strong> Fritz GR et al.: Complications following mucous cyst excision. J Hand Surg Br 1997; 22: 222-5 <strong>7</strong> Lawrence C: Skin excision and osteophyte removal is not required in the surgical treatment of digital myxoid cysts. Arch Dermatol 2005; 141: 1560-4 <strong>8</strong> Budoff JE: Mucous cysts. J Hand Surg Am 2010; 35: 828-30 <strong>9</strong> Hojo J et al.: Patient-based outcomes following surgical debridement and flap coverage of digital mucous cysts. J Plast Surg Hand Surg 2016; 50: 111-4 <strong>10</strong> Shin EK, Jupiter JB: Flap advancement coverage after excision of large mucous cysts. Tech Hand Up Extrem Surg 2007; 11: 159-62</p>
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