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Praxis, Erfahrung und Zukunft

Analgosedierung während der Bronchoskopie

<p class="article-intro">Die Analgosedierung von Patienten während flexibler Bronchoskopien wird in der Schweiz sehr unterschiedlich gehandhabt. Es gibt weder Richtlinien für die einheitliche Durchführung noch für eine allgemein anerkannte und strukturierte Sedationsausbildung in diesem Bereich. Insbesondere die Applikation von Propofol durch Nichtanästhesisten ist häufig Gegenstand von Diskussionen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Im Jahr 2015 wurden Schweizer Pneumologen zur Analgosedierung w&auml;hrend der Bronchoskopie befragt, und die Daten wurden einem internationalen Vergleich unterzogen. Im Folgenden werden Vor- und Nachteile verschiedener Sedierungstechniken diskutiert sowie Vorschl&auml;ge f&uuml;r die Zukunft unterbreitet.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite40.jpg" alt="" width="776" height="345" /></p> <h2>(Analgo-)Sedierung w&auml;hrend der Bronchoskopie</h2> <p>Die flexible Bronchoskopie ist ein unverzichtbarer Teil der medizinischen Diagnostik und nimmt einen zentralen Stellenwert in der modernen Pneumologie ein. Aufgrund von langj&auml;hrigen Erfahrungen und offensichtlichen Vorteilen f&uuml;r Patient und Arzt wird die Bronchoskopie normalerweise unter (Analgo-)Sedierung durchgef&uuml;hrt. Mehrere Fachgesellschaften, darunter das American College for Chest Physicians und die British Thoracic Society, empfehlen grunds&auml;tzlich eine Sedierung w&auml;hrend der ganzen Prozedur, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Geringer Konsens besteht jedoch bei der Wahl des ad&auml;quaten Sedativums oder Hypnotikums. Der Umstand, dass die meis&shy;ten Komplikationen w&auml;hrend Bronchoskopien auf unerw&uuml;nschte Arzneiwirkungen des Sedativums zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sind, verlangt nach einer sorgf&auml;ltigen G&uuml;terabw&auml;gung und einer robusten Ausbildung des verantwortlichen Facharztes in der Technik der Sedierung und in der Beherrschung allf&auml;lliger Zwischenf&auml;lle.<br /> <br /> Die rasante Entwicklung der Bronchoskopie und die damit einhergehende Verlagerung in den ambulanten Bereich brachten einige Ver&auml;nderungen mit sich. Aus &ouml;konomischen und personellen Gr&uuml;nden &uuml;bernehmen bronchoskopisch t&auml;tige &Auml;rzte zusehends auch die Verantwortung f&uuml;r die Sedierung w&auml;hrend der von ihnen durchgef&uuml;hrten Prozeduren. An&auml;sthesisten werden heutzutage seltener hinzugezogen. Eine liberale Gesetzgebung in der Schweiz erm&ouml;glicht auch den Einsatz von Propofol (2,6-Diisopropylphenol) durch interventionell t&auml;tige Mediziner. Das Hypnotikum zeichnet sich durch ideale pharmakokinetische Eigenschaften f&uuml;r ambulante Prozeduren aus: rascher Wirkungseintritt, direkte Steuerbarkeit und schnell eintretende Erholungsphase. Viele Studien bescheinigen dem Hypnotikum signifikante Vorteile gegen&uuml;ber Benzodiazepinen.<sup>1</sup> Jedoch ist das therapeutische Fenster von Propofol f&uuml;r eine Sedierung klein. Zudem gibt es im Gegensatz zu den Benzodiazepinen kein Antidot f&uuml;r Propofol, was die Notwendigkeit einer fundierten Ausbildung im Umgang mit diesem Medikament unterstreicht. So machte Propofol nach dem Tod von Michael Jackson immer wieder Schlagzeilen und sorgt f&uuml;r viele, unter anderem emotional getriebene Diskussionen, auch unter &Auml;rzten. In den USA ist der Einsatz von Propofol durch Nichtan&auml;sthesisten in vielen Bundesstaaten untersagt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite41_1.jpg" alt="" width="783" height="503" /></p> <h2>Die Swiss Pneumo Sedation and Monitoring Study 2015</h2> <p>In einer aktuellen repr&auml;sentativen Umfrage unter knapp 300 Schweizer Pneumologen (Antwortrate 78 % , Abb. 1) zeigte sich, dass Propofol das am h&auml;ufigsten eingesetzte Hypnotikum f&uuml;r die Sedierung w&auml;hrend der flexiblen Bronchoskopie in der Schweiz ist (Abb. 2).<sup>2</sup> Mehr als drei Viertel aller bronchoskopisch t&auml;tigen Pneumologen geben an, Propofol entweder als Monotherapie oder in Kombination mit einem Opiat/Benzodiazepin routinem&auml;&szlig;ig zu verwenden (Abb. 3).<sup>2</sup> Nur in circa einem F&uuml;nftel der F&auml;lle wurde die Propofol-Sedierung durch einen An&auml;sthesisten vorgenommen.<sup>2</sup> Bei niedergelassenen Pneumologen mit eigener Praxis ist die Tendenz sogar noch h&ouml;her (ca. 50 % ). Interessanterweise wird Propofol vor allem von &bdquo;Karriere-jungen&ldquo; Pneumologen (gerechnet wird die Zeit ab der Facharztpr&uuml;fung) favorisiert (p&lt;0,001), sodass das Hypnotikum in absehbarer Zukunft in der Schweiz noch mehr an Popularit&auml;t gewinnen wird.<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite41_2.jpg" alt="" width="787" height="644" /></p> <p>Diese Zahlen sorgen vor allem in denjenigen L&auml;ndern f&uuml;r Aufsehen, in welchen die Applikation von Propofol ausschlie&szlig;lich den Fach&auml;rzten f&uuml;r An&auml;sthesie (oder &Auml;rzten mit vergleichbarer Erfahrung) vorbehalten ist. In den meisten europ&auml;ischen L&auml;ndern sind Kombinationen von Benzodiazepinen und Opiaten, verabreicht durch einen Nichtan&auml;sthesisten, State of the Art. Seit mehr als 20 Jahren jedoch wird Propofol in der Schweiz vor allem f&uuml;r gastroenterologische Endoskopien mit Erfolg eingesetzt. Umfragen unter den Schweizer Gastroenterologen konnten n&auml;mlich schon sehr fr&uuml;h aufzeigen, dass die Verabreichung von Propofol durch Nichtan&auml;sthesisten mit keinem erh&ouml;hten Sicherheitsrisiko einhergeht und zugleich kosteneffektiv ist.<sup>3</sup> In der Pneumologie hingegen wird Propofol erst seit circa 8&ndash;10 Jahren eingesetzt. Die Tendenz der zunehmenden Propofol-Sedierung zeigt jedoch die gleiche Entwicklung wie damals in der Gastroenterologie.<sup>4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite42_1.jpg" alt="" width="791" height="708" /></p> <h2>Zukunftsaussichten</h2> <p>Die enge therapeutische Breite sowie die fehlende Antagonisierbarkeit bergen einige offene Fragen in Bezug auf die Ausbildung im Umgang mit Propofol. Von den in der Schweiz befragten Pneumologen, welche Propofol verwenden, gaben nur 43 % an, von einem An&auml;sthesisten bei der Einf&uuml;hrung von Propofol unterst&uuml;tzt worden zu sein.<sup>2</sup> Die Mehrheit w&uuml;nscht sich aber eine fundiertere Ausbildung im Umgang mit Propofol. Auf die Frage &bdquo;Woher beziehen Sie Ihr Wissen bez&uuml;glich Propofolsedierung?&ldquo; gaben 20 % &bdquo;learning by doing&ldquo; an (Abb. 4).<sup>2</sup> Auf Erfahrung in einer Intensivstation oder einer Rotationsstelle als An&auml;sthesist konnten nur 61 % der Pneumologen zur&uuml;ckgreifen.<sup>2</sup><br /> In Anbetracht des m&ouml;glichen Gefahrenpotenzials, welches hinter der Sedierung mit Propofol steht, ist dies weder ethisch noch juristisch zu vertreten. So w&uuml;rde doch kaum ein Passagier in ein Flugzeug einsteigen, dessen Pilot sich die Flugkenntnisse autodidaktisch oder durch &bdquo;learning by doing&ldquo; beigebracht hat. Immerhin hat die Schweizerische Gesellschaft f&uuml;r Gastroenterologie daher bereits 2009 einen obligatorischen Sedierungskurs f&uuml;r Gastroenterologen und das endoskopische Assistenzpersonal eingef&uuml;hrt. Die &auml;rztliche Ausbildung in diesem Bereich ist aber nicht einheitlich geregelt. In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft f&uuml;r An&auml;sthesiologie wurden daher in j&uuml;ngster Vergangenheit Leitlinien respektive Mindestanforderungen f&uuml;r die Propofolsedierung, welche f&uuml;r alle Nichtan&auml;sthesiologen gelten, geschaffen. Das Empfehlungsschreiben soll noch dieses Jahr in der &bdquo;Schweizerischen &Auml;rztezeitung&ldquo; publiziert werden. In dieser Publikation wird unter anderem auch die Mindestanforderung bez&uuml;glich Monitoring und des Personals festgelegt.<br /> Aufgrund des in der Umfrage von 2015 aufgezeigten Bedarfes an fundierter Ausbildung in der Propofol-Sedierung wurde am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich ein Pilotprojekt (SafAIRways) geschaffen, um die theoretischen und praktischen Aspekte mit Schwerpunkt auf der Beherrschung der Atemwegssicherung zu vermitteln.<sup>2</sup> Die ersten Auswertungen bez&uuml;glich der Effizienz und der Akzeptanz werden an der diesj&auml;hrigen Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft f&uuml;r Pneumologie vorgestellt werden. Es ist geplant, dass der SafAIRways-Kurs in einer modifizierten Form in die Aus- und Fortbildung von bronchoskopisch t&auml;tigen Pneumologen aufgenommen und dem Assistenzpersonal ge&ouml;ffnet wird. Ein weiterer vielversprechender Fortschritt in der Bronchoskopie- respektive Sedierungsausbildung sind die Ein&uuml;bung und Repetition des Umgangs mit h&auml;ufigen Zwischenf&auml;llen in einer realit&auml;tsnahen Simulation. Am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich werden daher seit einem Jahr in einem eigenen Simulationszentrum (<a href="http://www.simulationszentrum.usz.ch" target="_blank">www.simulationszentrum.usz.ch</a>) entsprechende Szenarien ge&uuml;bt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite42_2.jpg" alt="" width="793" height="568" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Wahidi MM et al: American College of Chest Physicians consensus statement on the use of topical anesthesia, analgesia, and sedation during flexible bronchoscopy in adult patients. Chest 2011; 140(5): 1342-50 <br /><strong>2</strong> Gaisl Thomas et al: Sedation during bronchoscopy: data from a nationwide sedation and monitoring survey. BMC Pulm Med 2016; 16(1): 113 <br /><strong>3</strong> Rex DK et al: Endoscopist-directed administration of propofol: a worldwide safety experience. Gastroenterology 2009; 137(4): 1229-37; quiz 1518-9 <br /><strong>4</strong> Heuss LT et al: Nonanesthesiologist-adminis&shy;tered propofol sedation: from the exception to standard practice. Sedation and monitoring trends over 20 years. Endoscopy 2012; 44(5): 504-11<br /><br /></p> </div> </p>
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