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Inhalationstherapie bei zystischer Fibrose
Jatros
Autor:
Marlies Wagner, MSc
Klinische Abteilung für Pädiatrische Pulmonologie und Allergologie<br> Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz
30
Min. Lesezeit
23.03.2017
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<p class="article-intro">Die Inhalationstherapie stellt eine der Hauptsäulen der täglichen Therapie von Patienten mit zystischer Fibrose („cystic fibrosis“, CF) dar. Im folgenden Artikel werden moderne Methoden der inhalativen Therapie bei CF-Patienten, unterschiedliche Inhalationsbehelfe sowie verschiedene Darreichungsformen von inhalativen Antibiotika und mukoaktiven Substanzen dargestellt.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Aufgrund der topischen Anwendung von Inhalativa kommt es zu weniger systemischen Nebenwirkungen.</li> <li>Die Therapieadhärenz des Patienten ist entscheidend für den Erfolg einer Inhalationstherapie.</li> <li>Idealerweise unterstützen Arzt und Betreuerteam den Patienten durch individuelle Anpassung der Therapie an dessen Lebensumstände und Bedürfnisse.</li> </ul> </div> <h2>Einleitung</h2> <p>Im Vergleich zur systemischen Gabe von Medikamenten ist die Medikamentenkonzentration in den Atemwegen bei inhalativer Applikation wesentlich höher. Damit werden durch die topische Anwendung die systemischen Nebenwirkungen gering gehalten. Je nach Art des Medikaments kann sich die Wirkung auch schneller entfalten, und nicht zuletzt ist es auch möglich, durch definierte Teilchengrößen im Aerosol ein Medikament am gewünschten Ort zu deponieren.</p> <h2>Vernebler</h2> <p>Die Art des Verneblers beeinflusst maßgebend die Effektivität der Inhalation und die Deposition des Medikaments. Der traditionelle Jet-Vernebler ist ein weitverbreitetes verlässliches Gerät. Er wurde jedoch in den letzten Jahren von kleineren und schnelleren Inhalationsgeräten abgelöst.</p> <p>Mit der Entwicklung der sogenannten Vibrating-Mesh-Technologie können ein dichteres Aerosol und kleinere Partikel erzeugt werden. Dies steigert die Deposition des Aerosols und verringert die Inhalationsdauer, wodurch der tägliche zeitliche Therapieaufwand deutlich vermindert werden kann. Durch diese Technologie wird die geometrische Standardabweichung des Aerosols beeinflusst. Dies führt zu einer homogeneren Teilchengröße im Aerosol und hat somit eine positive Auswirkung auf die Deposition.</p> <p>Das sogenannte „adaptive aerosol delivery (AAD) system“ passt die Medikamentenabgabe an die individuelle Inspiration der Patienten an. Das bedeutet, dass nicht nur ausschließlich in der Inspiration Medikament vernebelt wird, sondern auch bei jeder einzelnen Inspiration das Medikament nur in einem bestimmten Zeitfenster abgegeben wird, um die Deposition des Aerosols zu optimieren. Zusätzlich ist es vereinzelt auch möglich, Daten über Inhalationshäufigkeit, Inhalationsdauer und Effizienz der Inhalation aus dem Gerät auszulesen. Die Kombination dieser beiden Verneblertechnologien (Vibrating-Mesh-Technologie und AAD) ist derzeit noch an bestimmte Medikamente gebunden, wird in der Zukunft jedoch sehr wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen.</p> <h2>Trockenpulverinhalatoren</h2> <p>Alternativ kann ein Wirkstoff auch in Pulverform mittels eines Trockenpulverinhalators („dry powder inhaler“, DPI) verabreicht werden. Diese Option bietet einigen Patienten eine gute Alternative zur Flüssiginhalation. Die Vorteile der Trockenpulverinhalation liegen vor allem im geringen Zeitaufwand für die Vorbereitung des Medikaments, in der kurzen Inhalationszeit und in der Versorgung des Geräts nach der Inhalation. Sehr praktisch ist auch die geringe Größe der Geräte, welche die Flexibilität der Patienten im Alltag sehr unterstützt.</p> <p>Allerdings ist auf die Inhalationstechnik besonderes Augenmerk zu legen. Der Inhalation muss eine gute Exspiration vorausgehen. Anschließend ist eine langsame und tiefe Inspiration zu empfehlen, um die Deposition des Pulvers im Oropharynx und in den zentralen Luftwegen zu vermindern und in den peripheren Luftwegen zu begünstigen. Eine möglichst lange endinspiratorische Pause begünstigt die Sedimentation (Ablagerung) des Wirkstoffs in den Atemwegen. Wenn der Patient die Inhalation technisch nicht einwandfrei durchführen kann, sollte von der Verwendung eines Trockenpulverinhalators Abstand genommen werden.</p> <p>Die Lagerung des Medikaments und des Geräts sollte nicht an einem Ort mit hoher Luftfeuchtigkeit (z.B. Badezimmer; Urlaubsorte in den Tropen) erfolgen, um ein Verklumpen des Pulvers zu verhindern.</p> <h2>Antibiotika</h2> <p>Die chronische Atemwegsinfektion bei CF-Patienten wird durch verschiedenste Erreger hervorgerufen. Einer der häufigsten Keime in der Lunge von erwachsenen CF-Patienten ist <em>Pseudomonas aeruginosa</em>, welcher mit Reduktion der Lungenfunktion, vermehrter Anzahl von Exazerbationen und höherer Mortalitätsrate assoziiert ist. Die Inhalation von Antibiotika gegen <em>P. aeruginosa</em> ist in der Behandlung von CF-Patienten also ein essenzielles Thema. In Tabelle 1 sind inhalative Antibiotika, welche gegen pathogene Keime im Respirationstrakt eingesetzt werden, aufgelistet. Bei jeglicher Art von Antibiotikainhalation sind auch diverse potenzielle Nebenwirkungen zu beachten. Im Vordergrund steht dabei die Bronchokonstriktion bei Vorliegen einer bronchialen Hyperreagibilität.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s35_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="855" /></p> <h2>Hydratatoren</h2> <p>Zu dieser Gruppe von Medikamenten zählt einerseits die hypertone Kochsalzlösung, welche in verschiedenen Konzentrationen (z.B. 3 % , 6 % , 7 % ) als Feuchtinhalation angeboten wird, und andererseits der Wirkstoff Mannitol (ein Alkoholzucker), welcher in Form einer Trockenpulverinhalation erhältlich ist. Diese Substanzen dienen der Steigerung des Wasseranteils des periziliären Flüssigkeitsfilms. Zu den unerwünschten Begleiterscheinungen zählen der salzige Geschmack der Kochsalzlösung, Hustenreiz und die mögliche Bronchokonstriktion durch beide Substanzen.</p> <h2>Mukolytikum</h2> <p>Die rekombinante humane (rh)DNase wird schon seit den frühen 90er-Jahren aufgrund ihrer mukolytischen Wirkung eingesetzt. Es konnte in vielen Studien gezeigt werden, dass die Inhalation von rhDNase langfristig zu einer Verbesserung der Lungenfunktion führt und mit einer Reduktion der chronischen Entzündung in den Atemwegen einhergeht.</p> <h2>Optimierung der Anwendung</h2> <p>Um eine möglichst sichere Anwendung inhalativer Medikamente, welche potenziell eine Bronchokonstriktion hervorrufen können, zu gewährleisten, eignet sich die Austestung des Wirkstoffs mithilfe der Lungenfunktionsdiagnostik. In erster Linie sind diverse Antibiotika, hypertone Kochsalzlösungen und Mannitol in diese Medikamentengruppe einzuordnen. Die Verwendung eines Protokolls für die Erstaustestung eines inhalativen, potenziell zu einer Bronchokonstriktion führenden Medikaments ist empfehlenswert.</p> <p>Hier ein Beispiel für ein solches Protokoll:</p> <ol> <li>Bestimmung des FEV<sub>1</sub> (Spirometrie)</li> <li>Inhalation eines Bronchodilatators</li> <li>Inhalation der Testsubstanz</li> <li>Spirometrie direkt nach der Inhalation der Testsubstanz</li> <li>Berechnung der prozentuellen FEV<sub>1</sub>- Veränderung</li> </ol> <p>Die Überwachung der Sauerstoffsättigung ist während der gesamten Prozedur obligat. Bei Beobachtung einer initialen Reaktion wird nach 20–30min erneut das FEV<sub>1</sub> gemessen. Die Veränderungen von FEV<sub>1</sub>- und Sauerstoffsättigungswerten werden für eine individuelle Beurteilung der Nebenwirkungen des inhalierten Medikaments herangezogen.</p> <p>Bei Kindern unter 6 Jahren oder wenn eine aussagekräftige Lungenfunktionsdiagnostik nicht möglich ist, kann zur Beurteilung der bronchialen Reaktion neben der Messung der Sauerstoffsättigung auch die Auskultation herangezogen werden.</p> <p>Für die Gestaltung einer wirkungsvollen Inhalationstherapie gelten einige Grundprinzipien:</p> <ol> <li>Bronchienerweiternde Medikamente werden bei Bedarf vor der Inhalation von Hydratatoren oder Antibiotika verabreicht. Der Einsatz von Bronchodilatatoren wird ebenso als Vorbereitung für eine effektive Atemphysiotherapie empfohlen.</li> <li>Hypertone Kochsalzlösung und Mannitol können als Vorbereitung für die Atemphysiotherapie inhaliert werden; die hypertone Kochsalzlösung kann bei Bedarf auch während der Atemphysiotherapie angewendet werden.</li> <li>Die Inhalation von Antibiotika soll grundsätzlich nach der Atemphysiotherapie stattfinden, um die Deposition des Wirkstoffs auf der Schleimhaut zu begünstigen.</li> <li>Der optimale Zeitpunkt der Inhalation der rhDNase hingegen ist wesentlich schwieriger zu bestimmen, und es bedarf einer individuellen Beurteilung der Wirkung. Es gibt Empfehlungen, rhDNase etwa 1 Stunde vor der Atemphysiotherapie zu inhalieren; wenn der gewünschte Effekt (Mukolyse) in dieser Zeit aber ausbleibt, ist es ratsam, die Inhalation unmittelbar nach der Atemphysiotherapie durchzuführen. In jedem Fall sollte der Abstand zur letzten bzw. nächsten Antibiotikuminhalation mindestens 30min betragen.</li> <li>Wenn Antibiotika im Rahmen einer P.- aeruginosa-Eradikationstherapie eingesetzt werden, sollen diese als Flüssiginhalation verwendet werden, um die Deposition des Wirkstoffs zu begünstigen und Fehlerquellen bei der Inhalationstechnik zu vermeiden.</li> </ol> <p>Der Erfolg einer Inhalationstherapie wird zum Großteil durch die richtige Technik bestimmt. Daher ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, eine intensive Inhalationsschulung durchzuführen und die Technik in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Der Löwenanteil einer erfolgreichen Inhalationstherapie wird allerdings durch die Therapieadhärenz des Patienten bestimmt.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Zusammenfassend ist anzumerken, dass die Verantwortung des Arztes nicht bei Auswahl und Verschreibung des Medikaments endet. Das Anpassen des Inhalationsbehelfs an die Lebensumstände und Bedürfnisse der CF-Patienten spielt eine wichtige Rolle in der Sicherstellung des Erfolgs einer Inhalationstherapie. Bei der Erstellung eines Behandlungsschemas ist es essenziell, den Alltag des Patienten zu berücksichtigen. Nur durch Anpassung der Therapie kann das Betreuerteam gemeinsam mit dem Patienten einen alltagstauglichen individuellen Therapieplan ausarbeiten.</p></p>
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<p>bei der Verfasserin</p>
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