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Neue Daten zu Biologika bei schwerem Asthma
Bericht:
Reno Barth
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Im Rahmen des ERS-Kongresses wurden natürlich auch rezente Daten zu Biologika, die bei schwerem Asthma Einsatz finden, thematisiert. Heuer standen unter anderem Benralizumab und Tezepelumab im Fokus, wie in der Session „Biological treatments for asthma: a new era in severe asthma management“ diskutiert wurde.
Unterschiedliche Definitionen von Remission
Remission bei Asthma sei aktuell ein heißes Thema und würde unter anderem in der neuen deutschen Asthma-Leitlinie1 ausführlich behandelt, so Prof. Dr. Marek Lommatzsch,Universitätsmedizin Rostock, im Rahmen einer Session beim ERS-Kongress. Dabei wird von einer Vier-Punkte-Definition von Remission ausgegangen, die
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das Fehlen von Exazerbationen,
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keinen oralen Steroidgebrauch,
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≤10% FEV1 und
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minimale Symptomatik (Asthma Control Questionnaire[ACQ]-6 Score <1,5) verlangt.
Daneben sind auch Remissionskriterien mit drei Parametern in Verwendung, bei denen auf das Lungenfunktionskriterium verzichtet wird. Lommatzsch unterstrich allerdings die Bedeutung der Lungenfunktion für die Definition von Remission. Verändere sich die Lungenfunktion, so habe man vielleicht gute Krankheitskontrolle, man sollte allerdings nicht von Remission sprechen, da sich der Zustand des Patienten verschlechtert, so der Experte.
Remission auch im 2. Jahr
Daten hinsichtlich der beiden unterschiedlichen Definitionen von Remission wurden im Rahmen der BORA-Studie ausgewertet und nun von Lommatzsch präsentiert.2 BORA ist die Verlängerungsstudie der beiden Phase-III-Studien SIROCCO und CALIMA (SIR/CAL), auf denen die Zulassung von Benralizumab basiert. Benralizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der spezifisch an die Alpha-Untereinheit des menschlichen Interleukin-5-Rezeptors (IL-5Rα) bindet, der auf der Oberfläche von Eosinophilen und Basophilen exprimiert wird.
Patienten aus SIR/CAL wurden in die Verlängerungsstudie BORA aufgenommen, die die längerfristige Wirksamkeit und Sicherheit von Benralizumab untersuchte. Dabei erwies sich Benralizumab nicht nur als wirksam, innerhalb der 12 Monate der kontrollierten Studien erreichte nach beiden Definitionen jeweils knapp ein Drittel der Patienten Remission. Unter weiterer Behandlung mit Benralizumab in der offenen Verlängerungsstudie nahm der Anteil der Patienten in Remission weiter zu. Von jenen Patienten, die am Ende der kontrollierten Studien in Remission nach der Vier-Punkte-Definition waren, blieben 73% auch im zweiten Behandlungsjahr in Remission. Darüber hinaus erreichten 26% der Patienten, die am Ende der kontrollierten Studien nicht in Remission waren, im zweiten Behandlungsjahr erstmals Remission (Abb. 1).
Abb. 1: Remission unter Benralizumab: Daten aus der BORA-Studie (modifiziert nach Lommatzsch M et al. 2023)2
Als Prädiktoren von Remission erwiesen sich die Eosinophilenzahl sowie bessere Asthmakontrolle und geringere Symptomatik bei Einschluss in die Studien. Lommatzsch wies auch darauf hin, dass Exazerbationen, Nasenpolypen und Alter bei Krankheitsbeginn in keiner Weise mit Remission assoziiert waren, und bezeichnet diesen Umstand als „sehr interessant“.2
Hinweise auf Non-T2-Inflammation bei Nicht-Ansprechen auf Benralizumab
Ungeachtet der guten Wirksamkeit moderner Biologika sprechen nicht alle Patienten mit schwerem Asthma auf diese Therapien an. Ein kleiner Prozentsatz erweist sich sogar als vollkommen therapieresistent, obwohl diese Patienten die Voraussetzungen für die Indikation gemäß Zulassung erfüllen. Dies zeigte sich auch in einer kleinen Studie, welche die Wirkung von Benralizumab in einer Population von Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma, das mit Mepolizumab oder Resilizumab nicht kontrolliert werden konnte, untersuchte.3
Von 20 Patienten, die diese Studie abschlossen, konnten 11 mit Benralizumab gut kontrolliert werden, 5 erreichten teilweise Kontrolle und 4 sprachen überhaupt nicht an. Dabei kam es bei allen Patienten, also auch bei den klinischen Non-Respondern, zur Depletion der Eosinophilen. In der Folge wurde versucht, Faktoren zu identifizieren, die mit Nicht-Ansprechen assoziiert waren. Dazu wurden bei 13 Patienten Thorax-CTs durchgeführt, bei denen tatsächlich (bei den Non-Respondern mit höherer Wahrscheinlichkeit, aber nicht in allen Fällen) Bronchozelen gefunden wurden. Darüber hinaus zeigte die Analyse hinsichtlich der Sputum-Zytokine Hinweise auf Non-T2-Marker bei nicht oder schlecht ansprechenden Patienten. So korrelierten erhöhte IL-18- und reduzierte IL-15-Werte mit schlechtem Ansprechen und Asthmasymptomatik. Ebenso nahm unter Therapie mit Benralizumab IL-13 ab, während IL-6 und TNF-alpha zunahmen, was jedoch nicht mit Asthmasymptomen oder dem fraktionierten exhalierten NO (FeNO) assoziiert war. Residuelle Symptome trotz Depletion der Eosinophilen unter Therapie mit Benralizumab können also mit einer Inflammasomaktivierung unter Umgehung von T2-Pathways (IL-18), reduzierter Aktivierung von NK-Zellen (IL-15) sowie Bronchozelen assoziiert sein.3
Tezepelumab: klinischer Effekt auch ein Jahr nach Absetzen
Tezepelumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper (IgG2λ), der gegen das Zytokin TSLP (thymisches stromales Lymphopoietin) gerichtet ist und dessen Interaktion mit dem heterodimeren TSLP-Rezeptor verhindert. TSLP ist in die Entzündungskaskaden aller Asthma-Phänotypen involviert und bietet daher die Option einer breiten Beeinflussung der Asthma-Pathophysiologie. Die Zulassung für Tezepelumab besteht in der Therapie des schweren Asthma bronchiale und beruht auf der Phase-III-Studie NAVIGATOR, in der Tezepelumab in einer Population von Patienten mit schlecht kontrolliertem, schwerem Asthma im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Reduktion der Exazerbationen um mehr als 50% sowie zu einer Verbesserung der Lungenfunktion, gemessen durch die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1), führte.4 Die Wirkung war sowohl in der Studienpopulation mit Blut-Eosinophilenzahlen ≥300Zellen/μL als auch in der Gruppe mit weniger als 300Zellen/μL gegeben. Im Anschluss an NAVIGATOR hatten die Patienten die Möglichkeit, an der ebenfalls placebokontrollierten Verlängerungsstudie DESTINATION (in die auch Teilnehmer der Studie SOURCE aufgenommen wurden) teilzunehmen.5 Dabei zeigte sich über 104 Wochen anhaltende Wirksamkeit im Sinne seltenerer Exazerbationen, verbesserter Lungenfunktion und Symptomkontrolle sowie reduzierter inflammatorischer Biomarker. Nach 104 Wochen wurde Tezepelumab abgesetzt.
In einer aktuellen Auswertung von DESTINATION wurde nun untersucht, wie sich Biomarker und klinische Outcomes nach dem Absetzen von Tezepelumab entwickeln. Dazu wurde Teilnehmern aus DESTINATION ein verlängertes Follow-up über weitere 36 Wochen angeboten. Endpunkte waren die Veränderung im ACQ-6 Score, die Eosinophilenzahl im Blut (BEC), das FeNO sowie die FEV1 vor Bronchodilatation (preBD ppFEV1). Während des verlängerten Follow-ups verschlechterten sich alle gemessenen Parameter. Allerdings betonte Studienautor Prof. Dr. Christopher Brightling von der Universität Leicester, UK, in seinem Vortrag, dass ungeachtet der Verschlechterung alle Parameter auch am Ende des Follow-ups besser waren als vor Beginn der Behandlung mit Tezepelumab.6
In weiteren Studien sollte nun untersucht werden, ob es tatsächlich bei allen Patienten nach dem Absetzen von Tezepelumab zu einem neuerlichen Anstieg der Asthmaparameter kommt oder ob Tezepelumab bei manchen Patienten krankheitsmodifizierende Wirkung hat.
Chancen auf Normalisierung der Lungenfunktion
In der Phase-IIb-Studie PATHWAY und der Phase-III-Studie NAVIGATOR verbesserte Tezepelumab bei Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma im Vergleich zu Placebo die Lungenfunktion vor Bronchodilatation, gemessen als Prozentanteil am FEV1-Soll. Im Rahmen des ERS 2023 stellte Prof. Dr. Ian Pavord von der Universität Oxford, UK, nun die Ergebnisse einer gepoolten Analyse dieser beiden Studien vor, die den Effekt von Tezepelumab in bei Einschluss nach Lungenfunktion stratifizierten Subpopulationen der beiden Studien (BD ppFEV1 <80% und ≥80%) untersuchten.7
Die Auswertung ergab, dass in den beiden Studien bei Einschluss in die Verum- und Placebo-Gruppen jeweils rund 85% der Population eine preBD ppFEV1 <80% aufwiesen. Aus diesen Gruppen erreichten in den beiden Studien unter Verum 18,1% bzw. unter Placebo 10,0% nach einem Jahr eine preBD ppFEV1 ≥80% (Abb. 2). In der Gruppe mit einer preBD ppFEV1 ≥80% bei Einschluss zeigten unter Tezepelumab signifikant weniger Patienten eine Verschlechterung der Lungenfunktion. Während bei 29,0% der Placebopatienten die preBD ppFEV1 auf einen Wert <80% abnahm, war dies in der Tezepelumab-Gruppe bei 19,8% der Fall. Studienautor Pavord betonte jedoch, dass sich im Schnitt die preBD ppFEV1 unter Tezepelumab auch in der Gruppe mit preBD ppFEV1 ≥80% verbesserte. Man könne aus diesen Daten schließen, so Pavord, dass auch bei unkontrolliertem Asthma und einer preBD ppFEV1 <80% gute Chancen auf eine Normalisierung der Lungenfunktion bestehen.
ERS-Highlights zu Asthma
Dr. Katharina Marth, Klinik Hietzing und Karl Landsteiner Institut für Klinische und Expertimentelle Pneumologie, Wien, gibt im Videointerview einen Überblick über ihre persönlichen Highlights zum Thema Asthma und stellt einige spannende Studiendaten aus Österreich vor.
Direkt zum Videointerview in unserem ERS-Newsroom!
Quelle:
Session „Biological treatments for asthma: a new era in severe asthma management“, ERS 2023, am 10. September 2023
Literatur:
1 Lommatzsch M et al.: Pneumologie 2023 Aug; 77(8): 461-543 2 Lommatzsch M et al.: Durability of Benralizumab-induced remission in severe asthma: an analysis of the BORA study. ERS 2023; Presentation ID 1420 3 Mukherjee M et al.: Non-T2 cytokines post Benralizumab associate with residual symptoms. ERS 203; Presentation ID 1414 4 Menzies-Gow A et al.: N Engl J Med 2021; 384(19): 1800-9 5 Menzies-Gow A et al.: Lancet Respir Med 2023; 11(5): 425-38 6 Brightling C et al.: Biomarkers and clinical outcomes after cessation of tezepelumab after 2 years of treatment (DESTINATION). ERS 2023; Presentation ID 1415 7 Pavord I et al.: Tezepelumab can restore normal lung function in patients with severe, uncontrolled asthma. ERS 2023; Presentation ID 1417
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