Update zum chronischen Husten
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Ein paneuropäisches Hustenregister zeigte kaum nennenswerte Therapieerfolge über ein Jahr sowie minimale Zufriedenheit der Betroffenen. Auch die Diagnosestellung ist häufig unpräzise und hängt vom verwendeten Algorithmus ab, wie eine polnische Gruppe feststellte. Erste Real-World-Daten zu Gefapixant deuten allerdings in Richtung eines erfolgreichen Hustenmanagements mit dem P2X3-Antagonisten.
Registerdaten zum chronischen Husten im klinischen Alltag
Die NEw Understanding in the tReatment Of COUGH (NEuroCOUGH) Clinical Research Collaboration (CRC) ist ein paneuropäisches, multizentrisches Netzwerk mit dem Ziel, das Management von Husten zu verbessern. Dazu zählte von Anfang an die Errichtung eines europaweiten Registers für Patienten mit chronischem Husten, das klinische, physiologische und biologische Daten zu dieser Indikation sammelt und auswertet.
Im Rahmen des ERS 2024 stellte Dr. Peter Cho vom King’s College London eine deskriptive Analyse der klinischen Charakteristika der Patienten im Register bei Einschluss sowie nach 12 Monaten Follow-up vor. Die Teilnehmer wurden in Hustenzentren in 10 europäischen Ländern rekrutiert. Sowohl bei Einschluss als auch nach einem Jahr wurden klinische Daten und «patient-reported outcomes» (PRO) gesammelt: Der Schweregrad des Hustens wurde anhand der Visual Analogue Scale (VAS) sowie des Leicester Cough Questionnaire (LCQ) als hustenspezifischer Gesundheitsstatus evaluiert.
Insgesamt wurden für diese Auswertung 598 Teilnehmer berücksichtigt, von denen für 126 (21%) ein vollständiges Follow-up von 08/2021 bis 12/2023 vorhanden war. Das mittlere Alter lag bei 60 Jahren und 442 der Teilnehmer (74%) waren Frauen. Der häufigste Grund für die Aufnahme in das Register (41%) war refraktärer chronischer Husten. Nahezu alle Patienten gaben Hypersensitivität mit mindestens einem Trigger (wie z.B. kalte Luft) an, im Median wurden allerdings fünf Trigger genannt. Die Teilnehmer betrachteten die bisherigen Behandlungsversuche als nicht effektiv. Weniger als 1% berichteten von vollständigem Ansprechen. Häufige Komplikationen waren Erbrechen (50%), Inkontinenz (44%) sowie Synkopen (14%). Der Schweregrad des Hustens, der Gesundheitsstatus und die PRO veränderten sich über das einjährige Follow-up praktisch nicht. Cho: «Das erste paneuropäische Register mit unselektierten Hustenpatienten, die Hustenkliniken aufsuchen, zeigt hinsichtlich Demografie, Komorbiditäten und Belastung durch den Husten ähnliche Ergebnisse wie ältere, kleinere Studien. Bei rund einem Drittel der Teilnehmer dürfte refraktärer chronischer Husten vorliegen.»1
Diagnose des chronischen Hustens im Klinikalltag
Eine polnische Gruppe ging der Frage nach, wie häufig refraktärer oder unerklärbarer chronischer Husten in der Patientenpopulation einer Hustenklinik diagnostiziert wird.2 Dabei betonten die Autoren, dass die Definitionen für refraktären chronischen Husten (RCC) vom verwendeten Diagnosealgorithmus abhängen und im klinischen Alltag oft unpräzise sind. Für ihre Kohortenstudie definierten die Forscher RCC als persistierenden Husten, bei dem keine oder allenfalls eine minimale Verbesserung (<30mm Reduktion auf der VAS) nach mindestens zwei Therapieversuchen erreicht werden konnte. Die Schwere der Symptome muss dabei mit mindestens 40/100mm auf der VAS angegeben werden. In die Studie wurden alle Patienten eingeschlossen, die in den Jahren 2018 bis 2022 an der Hustenambulanz der Medizin-Universität Warschau diagnostiziert wurden. Das Ansprechen wurde basierend auf der Schwere des Hustens, der Husten-bedingten Lebensqualität (gemessen mittels VAS) sowie dem LCQ gemessen.
Von 202 Patienten (weiblich: n=37; männlich n=65; medianes Alter 59,5 Jahre; mediane Hustendauer 48 Monate), die wegen chronischen Hustens behandelt wurden, hatten nur drei die Diagnose eines unerklärbaren Hustens. Von 164 Patienten, die im Hinblick auf ihr Therapieansprechen ausgewertet werden konnten, erreichten 71 (43,3%) eine Reduktion der Hustensymptomatik von mindestens 30mm VAS, eine Verbesserung des LCQ um mindestens 1,5 Punkte wurde bei 100 (61%) Patienten erreicht. Nach der zuvor angeführten Definition wurde bei 54 von 164 Patienten (32,9%) ein refraktärer chronischer Husten diagnostiziert. Wurden strengere Kriterien angelegt (persistierender schwerer Husten von mehr als 40mm VAS, unzureichendes Therapieansprechen von weniger als 30mm VAS und weniger als 1,5 Punkte Verbesserung im LCQ), konnte nur bei 45 Personen (27%) die Diagnose eines refraktären chronischen Hustens gestellt werden.
Die Autoren schliessen aus ihren Daten, dass refraktärer im Gegensatz zu unerklärbarem chronischem Husten an einer Hustenklinik häufig ist, wobei die Prävalenz in Abhängigkeit von der Krankheitsdefinition etwas schwanken kann. Daher sei es erforderlich, im klinischen Alltag klare Regeln zur Definition des RCC festzulegen.
Therapie eines belastenden Krankheitsbildes
Der P2X3-Rezeptor-Antagonist Gefapixant ist zugelassen für die Behandlung erwachsener Patienten mit refraktärem oder unerklärbarem chronischem Husten. Die Zulassung beruht auf den Studien COUGH-1 und COUGH-2. In diesen beiden Phase-III-Studien sprachen mehr Patienten auf Gefapixant 45mg zweimal täglich an als auf Placebo, wobei Ansprechen unter anderem definiert war als eine Verbesserung des LCQ-Gesamtscores um mindestens 1,3 Punkte nach 52 Wochen.
Im Rahmen des ERS 2024 präsentierte Dr. Surinder Birring vom King’s College London nun eine Analyse der einzelnen Domänen des LCQ. Dafür wurde entsprechend der Literatur3 Ansprechen in den einzelnen Domänen folgendermassen definiert:
-
sozial ≥0,8 Punkte;
-
psychologisch ≥0,9 Punkte;
-
physisch ≥0,8 Punkte.
Von den 1299 Patienten (Gefapixant n=655; Placebo n=644) sprachen innerhalb von 52 Wochen auch in den einzelnen Domänen mehr Gefapixant- als Placebo-Patienten an. Konkret waren es in der sozialen Domäne 69,5% vs. 59,3%, in der psychologischen Domäne 65,6% vs. 55,1%, in der physischen Domäne 62,1% vs. 52,5%. Die Chancen auf ein klinisch relevantes Ansprechen waren in allen Domänen in der Gefapixant-Gruppe höher als in der Placebo-Gruppe.4
Diese Zahlen sprechen, so Birring, für den breiten Benefit, der mit Gefapixant auf die Husten-spezifische Lebensqualität erreicht werden kann. Birring betonte auch, dass die Ausgangwerte des LCQ zu Beginn der Behandlung in beiden Gruppen für eine massive Belastung durch die Hustensymptomatik sprachen.
Erstmals in Grossbritannien: qualitative Real-World-Daten zu Gefapixant
Gefapixant ist zwar für die Behandlung von refraktärem chronischem Husten zugelassen, in Grossbritannien aktuell jedoch nicht erhältlich. Eine Gruppe der University of Hull hatte allerdings die Möglichkeit, Patienten mit importiertem Gefapixant zu behandeln, und berichtete im Rahmen des ERS 2024 über die ersten britischen Real-World-Daten zu dieser Therapie. Insgesamt 12 Patienten (10 Frauen, 2 Männer) wurden über eine Woche mit 2x 45mg/d Gefapixant behandelt. Endpunkt waren subjektive Angaben zur Hustensymptomatik, die nach einer Woche Behandlung gesammelt wurden. Bereits nach dieser kurzen Zeit zeigten sich im Vergleich zur Ausgangslage signifikante Verbesserungen im LCQ sowie im Hull Airway Reflux Questionnaire (HARQ). Auch die Angaben auf der Numeric Rating Scale zu Hustenfrequenz, Hustenintensität, Wheeze, Atemlosigkeit und Sputum verbesserten sich. Die Verträglichkeit war gut. Drei Patienten brachen die Behandlung wegen gastrointestinaler Nebenwirkungen ab. Mehr als die Hälfte der Patienten erklärten sich schliesslich bereit, die Behandlung auf eigene Kosten von 90 Pfund (ca. 100 Euro) pro Woche weiterzuführen. Die Studienteilnehmer gaben ein weitgehend positives qualitatives Feedback, wie zum Beispiel: «Ich fühle mich selbstsicherer an öffentlichen Orten, in Geschäften und Restaurants, weil ich weiss, dass ich keinen Hustenanfall bekommen werde.» Oder: «Das wichtigste Ereignis für mich in dieser Woche war, dass wir Besuch hatten und ich den Nachmittag ohne zu husten verbrachte und mich an den Gesprächen beteiligen konnte.»
Die Autoren halten fest, dass ungeachtet der kleinen Patientenzahl die Veränderungen der PRO konsistent mit den Ergebnissen der klinischen Studien sind. Die Patienten sprechen schnell und im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte des Hustens an.5
Quelle:
ERS Congress 2024, 7. bis 9. September 2024, Wien
Literatur:
1 Cho P et al.: Characteristics of chronic cough patients across Europe: A descriptive analysis from the ERS NEuroCOUGH CRC Registry. ERS 2024; Poster PA2130 2Dąbrowska M et al.: Refractory and unexplained chronic cough in adults treated in a cough centre. ERS 2024; Poster PA332 3 Nguyen AM et al.: Leicester Cough Questionnaire validation and clinically important thresholds for change in refractory or unexplained chronic cough. Ther Adv Respir Dis 2022; 16: 17534666221099737 4 Birring S et al.: Responder analysis of Leicester Cough Questionnaire domains from phase 3 trials of gefapixant (COUGH-1/COUGH-2). ERS 2024; Poster PA323 5 Brindle K et al.: Response to Gefapixant in the cough clinic: a real-world study. ERS 2024; Poster PA2141
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