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Kritik an Lockerung des Vertragszwangs

Die Motion zur Lockerung des Vertragszwangs wurde von der zuständigen Kommission angenommen. Spitäler und Sozialdemokrat:innen kritisieren dies und warnen vor den Auswirkungen.

Bern. Massive Bürokratisierung, steigende Kosten und eine weniger effiziente Versorgung – das befürchtet der Spitalverband «H+ Die Spitäler der Schweiz» (H+), nachdem die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) eine Motion zur Lockerung des Vertragszwangs angenommen hat. Die Motion, eingebracht von Peter Hegglin (EVP), gefährdet laut dem Spitalsverband die Versorgungssicherheit und die freie Wahl der Leistungserbringer durch die Patient:innen. Zudem würde so der Einfluss der Krankenversicherer auf die Steuerung der Gesundheitsversorgung bedrohlich zunehmen. Die Lockerung des Vertragszwangs würde in erster Linie einen erheblichen administrativen Mehraufwand für alle Beteiligten bedeuten, was wiederum zu mehr Kosten und weniger Effizienz führt.

Mit der kürzlich in Kraft getretenen Zulassungssteuerung wurde laut H+ bereits eine effektive Regulierung eingeführt, die nun von den Kantonen umgesetzt wird. Es bestünde somit keine Notwendigkeit beziehungsweise sei es gar kontraproduktiv, eine zusätzliche Regulierung zu schaffen und mit weiteren Eingriffen die bestehenden Strukturen zu destabilisieren. Im schweizerischen System sind die Kantone für die Spitalplanung zuständig. Wenn nun die Krankenversicherer jeweils selbst festlegen, mit welchen Spitälern und Kliniken sie zusammenarbeiten wollen, werde eine parallele Planung durch die Krankenversicherer geschaffen. Dies würde deren Einfluss erheblich ausweiten und die Gefahr einer Risikoselektion durch Versicherer verstärken. Es besteht laut H+ die reale Gefahr, dass Verträge vor allem mit günstigen Leistungserbringern abgeschlossen werden, ohne dabei die Qualität der Versorgung oder das Patientenkollektiv zu berücksichtigen. Der Spitalverband ruft das Parlament deshalb zur «Vernunft» auf und fordert vielmehr, dass zukünftige Gesetzesrevisionen auf die Stärkung der Gesundheitsversorgung und die Entlastung der Fachkräfte abzielen, anstatt diese durch neue administrative Hürden weiter zu belasten.

Kritik an der Annahme der Motion kommt auch von der SP. Für die Sozialdemokrat:innen ging der Entscheid der Mitte-rechts-Mehrheit in der SGK-N zugunsten einer 2-Klassen-Medizin. «Es ist klar, weshalb die Gesundheitslobby den Vertragszwang aufheben will: Neu würden die Krankenkassen entscheiden, welche Arzt- und Spitalrechnungen sie bezahlen wollen – und welche nicht. Das führt zum Ende der freien Arztwahl», sagte SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Zudem würde ein intensiver Preiskampf zwischen Leistungserbringern dazu führen, dass die Qualität der Versorgung für alle Versicherten leidet und insbesondere chronisch kranke Menschen benachteiligt werden könnten. (red)

Quelle: H+, SP

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