
Die Aufrechterhaltung der Abstinenz als motivationale Höchstleistung
Leading Opinions
Autor:
Martin Fleckenstein
Leitung Stationäre Therapie<br> Klinik Im Hasel, Gontenschwil
Autor:
Dr. Susanne Rösner
Leitung Forschung<br> Forel Klinik, Ellikon a.d. Thur<br> E-Mail: susanne.roesner@forel-klinik.ch
30
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28.02.2019
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<p class="article-intro">Weite Teile der Allgemeinbevölkerung, aber auch Angehörige von Abhängigen können oft nicht nachvollziehen, warum es Personen mit Abhängigkeitserkrankungen offensichtlich schwerfällt, ihren Konsum langfristig einzuschränken. Neurobiologische und -kognitive Modelle der Abhängigkeitsentwicklung können ein vorurteilsfreies Verständnis von Abhängigkeitserkrankungen, Programme wie die «Leistungssensible Suchttherapie» eine wertschätzende Haltung gegenüber der Aufrechterhaltung des Abstinenzziels vermitteln, welches aus motivationspsychologischer Sicht eine enorme motivationale Leistung darstellt.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Knapp 50 % der deutschen Bevölkerung betrachten Alkoholabhängigkeit als Ausdruck einer «Willens- bzw. Charakterschwäche».</li> <li>Dabei wird oft übersehen, dass sich die Überwindung abhängigen Verhaltens qualitativ von Willensleistungen in nicht abhängigen Verhaltensbereichen unterscheidet.</li> <li>Dafür verantwortlich sind unter anderem Sensibilisierungsprozesse im mesolimbischen Dopamin-System, welche zu einem übersteigerten Anreizwert des Alkohols führen.</li> <li>Programme wie die «Leistungssensible Suchttherapie » nach Fleckenstein & Heer (2013) helfen, bei den Betroffenen, deren Angehörigen, aber auch beim medizinischen Fachpersonal eine Wertschätzung der Abstinenzleistung zu vermitteln.</li> </ul> </div> <h2>Wo ein Wille, da ein Weg …?</h2> <p>An der Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen sind Veränderungen in verschiedenen Regelsystemen des Gehirns beteiligt, die unter anderem auch für Lern-, Motivations- und Gedächtnisprozesse verantwortlich sind.<sup>1</sup> Trotz empirisch belegter Erklärungsmodelle, die ein aufgeklärtes Verständnis von Abhängigkeitserkrankungen vermitteln, wird die Diagnose Alkoholabhängigkeit von einem beträchtlichen Teil der Gesellschaft immer noch als selbstverschuldet wahrgenommen. Wie eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage aus Deutschland zeigt, sind 45,1 % der Befragten der Meinung, Alkoholabhängigkeit sei ein Ausdruck von Charakterschwäche, und 35,1 % sehen die Erkrankung als eine Folge mangelnder Disziplin.<sup>2, 3</sup> Selbst unter medizinischen Fachpersonen sind negative Haltungen gegenüber Patienten mit Alkoholabhängigkeit verbreitet.<sup>4</sup></p> <p>Über die Ursachen der Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Erklärungsmodellen und subjektiven Krankheitstheorien ist bislang wenig bekannt. Möglicherweise spielt hierbei die Generalisierung eigener Alkoholerfahrungen eine wichtige Rolle. So werden Trinkereignisse von nicht abhängigen Personen mit überwiegend positiven Aspekten wie Geselligkeit, Entspannung, Genuss und guter Stimmung assoziiert.<sup>5, 6</sup> Trotz der positiven Assoziation gelingt es Personen mit unproblematischem Konsum, Trinkereignisse auf ausgewählte Situationen zu beschränken, auch um negativen sozialen, beruflichen und gesundheitlichen Konsequenzen vorzubeugen.<br /> Wenn unproblematische Trinker ihre eigene Motivlage auf alkoholabhängige Personen generalisieren, könnte dies zur Annahme führen, Personen mit abhängigem Alkoholkonsum würden sich bewusst für einen hochfrequenten Alkoholkonsum entscheiden und dabei die negativen Konsequenzen für sich und andere billigend in Kauf nehmen. Auch sollte ein bereits entstandenes Alkoholproblem unter Gültigkeit des Grundsatzes «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg» durch Willensanstrengung wieder veränderbar sein. Sollte dies nicht gelingen, könnte man im Umkehrschluss folgern, der Betroffene hätte keine echte Absicht verfolgt oder zu wenig Anstrengung investiert. Auch könnte die Tatsache, dass die Veränderung abhängigen Verhaltens keine komplexen Handlungsabläufe, sondern lediglich das Unterlassen eines Verhaltens erfordert, zur Schlussfolgerung verleiten, bei der Einhaltung abstinenten Verhaltens würde es sich um eine relativ «einfache» Willensleistung handeln, die eigentlich selbstverständlich sein müsste.</p> <h2>Transtheoretisches Modell: Abstinenz leicht gemacht?</h2> <p>Selbst etablierte psychologische Erklärungsmodelle wie das Stufenmodell der Verhaltensänderung («Stages of Change») 7, 8,das auch als Transtheoretisches Modell (TTM) bekannt ist, gehen davon aus, dass einer Verhaltensänderung sukzessive aufeinander aufbauende Stufen der Einsicht und Planung vorausgehen. Während nach einer Phase der «Sorglosigkeit» (Precontemplation-Phase) in der anschliessenden Contemplation-Phase die Vorteile einer Verhaltensänderung erkannt werden, müssen anschliessend eine Planung der Veränderungen (Preparation-Phase), deren Umsetzung (Action-Phase) und Stabilisierung (Maintenance-Phase) erfolgen. Dabei kann es zwar Rückschritte geben, sodass einzelne Phasen mehrfach durchlaufen werden müssen,<sup>8–11</sup> nach Abschluss der Maintenance- Phase sollte das neue Verhalten aber etabliert sein.<br /> Aufgrund seiner intuitiven Plausibilität ist das TTM auf grosse Resonanz gestossen.<sup>12</sup> Gleichzeitig wurde auf methodische und konzeptuelle Schwachstellen des Modells hingewiesen<sup>13–14</sup> sowie eine Erweiterung des Modells für den Bereich abhängigen Verhaltens gefordert.<sup>15–16</sup> Übereinstimmend dazu zeigen die Ergebnisse unserer klinikeigenen Forschung, dass die Berücksichtigung des Abstinenz-Commitments zu einer Verbesserung des Vorhersagewerts der Modellphasen des TTM beiträgt.<sup>17</sup> Eine weitere Einschränkung des Modells zur Erklärung abhängigen Verhaltens bzw. dessen Veränderung dürfte darin liegen, dass das TTM intentionale Prozesse, d. h. Prozesse der Absichtsbildung, fokussiert, während volitionale Prozesse, also Prozesse der Absichtsrealisierung, nur einen untergeordneten Stellenwert einnehmen.</p> <h2>Die Bedeutung volitionaler Prozesse</h2> <p>Aus theoretischer Sicht ist die Berücksichtigung volitionaler Prozesse für die Kontrolle abhängigen Verhaltens unverzichtbar. Volitionale Prozesse begleiten die Umsetzung einer Absicht (wie die Absicht, auf Alkohol zu verzichten) und sorgen dafür, dass diese gegenüber konkurrierenden Handlungstendenzen (z. B. der Tendenz, dem Alkohol-Craving nachzugeben) erfolgreich abgeschirmt werden.<sup>18</sup> Aus neurobiologischer Sicht können volitionale Prozesse auch als Prozesse der Selbstregulierung verstanden werden, die auf einer Top-down-Kontrolle präfrontaler Areale über sukortikale Regionen basieren.<sup>19</sup> Dabei sind die Anforderungen an die Selbstregulierungsleistung umso höher, umso stärker die absichtskonkurrierende Tendenz und deren Anreizwert bzw. Aufforderungscharakter (= Incentive Salience) ist. Übertragen auf den Bereich der Alkoholkonsumstörungen bedeutet dies, dass mit zunehmendem Anreizwert des Alkohols auch die Anforderungen an die Handlungskontrolle steigen.</p> <h2>Pathologische Erhöhung des Anreizwerts</h2> <p>Dass es im Rahmen einer Abhängigkeitsentwicklung zu einer Übersteigerung des Anreizwerts von Alkohol und Drogen kommt, machen neurobiologische Modelle wie das Incentive-Modell der Abhängigkeitsentwicklung von Robinson & Berridge deutlich.<sup>20–22</sup> Das Modell erklärt Prozesse der Abhängigkeitsentwicklung als Folge neurobiologischer Adaptionsprozesse im mesolimbischen Dopamin-System, welches wesentlich an der Vermittlung motivationaler Prozesse beteiligt ist.<br /> Das mesolimbische Dopamin-System wird in erster Linie durch primäre Verstärker wie Nahrungsaufnahme, sexuelle Aktivität und elterliches Fürsorgeverhalten aktiviert.<sup>23, 24</sup> Der Aktivierung geht ein Deprivationszustand voraus, bei Freisetzung von Dopamin findet eine Zentrierung von Aufmerksamkeit und Motorik auf den Verstärker statt, die zusätzlich von einem Gefühl des «Wollens» begleitet wird. Dadurch wird die Auftretenswahrscheinlichkeit all jener Verhaltensweisen erhöht, die den Zugang zum Verstärker begünstigen.<sup>25</sup> Somit dient das mesolimbische Dopamin- System evolutionsbiologisch betrachtet der Aufrechterhaltung und Förderung lebensnotwendiger sowie arterhaltender Vorgänge.<sup>26–28</sup><br /> Neben primären Verstärkern werden auch die verstärkenden Eigenschaften von Alkohol und Drogen über das Motivationssystem vermittelt, wobei die Aktivierung des Systems im Vergleich zur natürlichen Verstärkung schneller und intensiver abläuft.<sup>29</sup> Zudem kommt es im Laufe einer Abhängigkeitsentwicklung zu einer Sensibilisierung dopaminerger Neurone im Motivationssystem, d. h. nach chronischem Alkoholgebrauch wird immer mehr Dopamin im Motivationssystem freigesetzt, wenn der Betroffene mit alkoholbezogenen Hinweisreizen oder Gedanken konfrontiert ist.<sup>20–22</sup> Erzeugt die Freisetzung von Dopamin bei natürlichen Verstärkern ein Gefühl des «Wollens», ist nachvollziehbar, dass die gesteigerte Sensibilität und die intensive Ausschüttung des Botenstoffs ein übermächtiges Verlangen auslösen. Robinson & Berridge<sup>21</sup> sprechen in diesem Zusammenhang von einem «pathologischen Wollen», das zu einer exzessiven Fokussierung des Konsums und entsprechender Hinweisreize führt und alternative Verhaltensweisen mit Belohnungswert fast vollständig verdrängt. Dies konnte auch im Tiermodell eindrucksvoll belegt werden: Erhalten Versuchstiere die Möglichkeit, Kokain, Psychostimulanzien oder Opioide freiwillig per Hebeldruck zu applizieren, ist die dadurch erzeugte Verstärkung so ausgeprägt, dass die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zugunsten der Drogenapplikation fast vollständig unterdrückt wird.<sup>30</sup> Die zunehmende Ansprechbarkeit des Dopamin-Systems im Sinne einer Sensibilisierung konnte zudem mittels Mikrodialyse-Technik für Kokain (z. B. Kalivas<sup>31</sup>), Methylphenidat<sup>32</sup>, für Opioide<sup>33</sup> und für Alkohol<sup>34</sup> nachgewiesen werden.</p> <h2>Abhängigkeit als motivationale Höchstanforderung</h2> <p>Das Incentive-Modell postuliert darüber hinaus eine gegenläufige Entwicklung von Anreizmotivation (im Sinne des Wollens) und Belohnung (im Sinne des Mögens). Nach Robinson & Berridge<sup>20, 21</sup> werden beide Prozesse durch unterschiedliche neuronale Systeme vermittelt. Während es nach chronischem Drogen- oder Alkoholkonsum zu einer exponentiellen Zunahme der Anreizmotivation kommt, nehmen die belohnenden bzw. angenehmen Effekte kontinuierlich ab. Mit der Auflösung der positiven Beziehung zwischen «Mögen» und «Wollen» liefert das Modell zugleich eine Erklärung des Phänomens, dass Patienten ein starkes Verlangen nach Alkohol berichten, der Konsum gleichzeitig als zunehmend aversiv erlebt wird. Unsere klinikeigene Forschung lässt darüber hinaus eine ähnliche Diskrepanz zwischen «Wollen » und «Können» erkennen: So zeigt ein Teil unserer Patienten eine hohe und stabile Abstinenzmotivation, die jedoch nicht statistisch signifikant mit der tatsächlichen Realisierung des Abstinenzvorsatzes korreliert.<br /> Die Befunde zum Anreizwert machen deutlich, dass abhängige Patienten mit einer Extremsituation motivationaler Anforderungen konfrontiert sind. Die Würdigung der Abstinenz als hohe motivationale Leistung kann zu einem verbesserten Verständnis von Abhängigkeit sowohl bei den Behandelnden als auch bei den Betroffenen selbst und deren Angehörigen beitragen. Die Vermittlung dieser Haltung ist zentrales Element der leistungssensiblen Suchttherapie, die von Martin Fleckenstein, Psychologe MSc, und Marlis Heer, Psychologin MSc, entwickelte wurde und bereits in verschiedenen Schweizer Fachkliniken Anwendung findet.</p> <h2>Leistungssensible Suchttherapie</h2> <p>Die Leistungssensible Suchttherapie (LST) ist ein manualisiertes und evidenzbasiertes gruppentherapeutisches Verfahren zur Reduktion von Rückfällen und zur Entstigmatisierung von Betroffenen und ihren Angehörigen. Der Schwerpunkt der LST liegt auf einer Haltungsänderung von Betroffenen gegenüber der eigenen Suchterkrankung. Die Entwicklung dieses neuen Therapieverfahrens basierte auf der Beobachtung, dass eine von Scham besetzte Haltung der Betroffenen bei Therapiebeginn überwiegt und oftmals auch noch nach Abschluss einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung bestehen bleibt. Obwohl von Abhängigkeit betroffene Menschen im Verlauf ihres Suchtausstiegsprozesses häufig Erstaunliches leisten: Sie erreichen ihr Abstinenzziel und können dieses mit viel Anstrengung auch über Wochen und Monate aufrechterhalten. Und dennoch dominiert die Scham über die eigene Erkrankung mögliche positive Gefühle aufgrund der erzielten Abstinenz. LST zielt darauf ab, diese schambesetzte Haltung durch eine «leistungssensible Haltung» der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu ersetzen. Die oben beschriebenen Zusammenhänge auf motivationaler und neurobiologischer Ebene werden mittels Analogien und Metaphern so übersetzt, dass Betroffene und Angehörige ein tiefes Verständnis dafür erlangen, warum Abstinenz für abhängige Menschen eine täglich zu erbringende Leistung darstellt, auf die sie zu Recht stolz sein können. Der Unterschied zum Erleben von gesunden Personen, die Abstinenz als etwas «Selbstverständliches» wahrnehmen, wird thematisiert. Dies mit dem Ziel, die oftmals daraus resultierenden inadäquaten Erwartungen aufseiten der Betroffenen («Es müsste mir doch genauso leicht fallen, den Konsum zu kontrollieren, wie den gesunden Personen in meinem Umfeld») und aufseiten der Angehörigen («Der müsste sich doch nur ein wenig anstrengen, dann würde das schon gehen») aufzudecken und durch leistungssensible Erwartungen zu ersetzen. Die inadäquaten Erwartungen führen ansonsten immer wieder zu Beschämung und Selbstbeschämung, zu Stigmatisierung und Selbststigmatisierung.<br /> Das bedeutet, dass von Sucht betroffene Menschen nicht nur die Herausforderungen intentionaler und volitionaler Prozesse meistern und dauerhaft der pathologischen Erhöhung des Anreizwerts des Suchtmittels widerstehen müssen. Die Unkenntnis der meisten Betroffenen und ihrer Angehörigen über genau diese komplexen Herausforderungen führt darüber hinaus zu einer Dynamik von Stigmatisierung und Selbststigmatisierung, welche die motivationale Ausgangslage zusätzlich erschwert. Diese Konstellation ist es, die die Erreichung und Aufrechterhaltung des Abstinenzziels zu einer motivationalen Höchstleistung macht.<br /> Tragendes Element der LST ist daher neben der Psychoedukation die Würdigung und Anerkennung der enormen Leistungen von Betroffenen und Angehörigen im oft jahrelang andauernden Suchtausstiegsprozess. Sie fördert adäquate leistungssensible Erwartungen bei allen Beteiligten und unterstützt damit ein wertschätzendes Klima zwischen Betroffenen und ihren Angehörigen. Die LST besteht aus drei Gruppensitzungen, wobei die nahestehenden Personen zur dritten Sitzung ebenfalls eingeladen werden. Zusätzlich zu den drei Sitzungen haben die Betroffenen während der vierwöchigen Dauer des Programms die Möglichkeit, an täglichen Kurzinterventionen teilzunehmen, mit dem Ziel, die leistungssensible Haltung vertieft zu integrieren.<br /> In zwei Wirksamkeitsüberprüfungen der LST wies die Interventionsgruppe während der Behandlungsdauer eine signifikant tiefere Rückfallhäufigkeit auf als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse wurden im Setting einer 4- bis 6-wöchigen qualifizierten Entzugsbehandlung<sup>35</sup> und im Setting einer 24-wöchigen Entwöhnungsbehandlung<sup>36</sup> erzielt. Die Rückfallhäufigkeit während der Behandlung kann nach Küfner et al.<sup>37</sup> als Prädiktor für die Abstinenzsicherheit nach Austritt betrachtet werden. Tendenziell verstärkt LST emotionale Kompetenzen. Zudem erreicht die Intervention bei der Evaluation der Patientenzufriedenheit und der Zufriedenheit der Angehörigen sehr gute Werte. Um eine leistungssensible Haltung bei Betroffenen und Angehörigen zu vermitteln, wäre eine flächendeckende Integration der Leistungssensibilität in die Fort- und Ausbildungsprogramme medizinischen und therapeutischen Fachpersonals wünschenswert.</p> <h2>Ausblick</h2> <p>Neurobiologische und -kognitive Modelle der Abhängigkeitsentwicklung machen deutlich, dass abhängige Patienten mit einer Extremsituation motivationaler Anforderungen konfrontiert sind. Interventionen wie die LST vermitteln Betroffenen und deren Angehörigen ein rationales und vorurteilsfreies Verständnis von Abhängigkeit und schaffen damit möglicherweise auch veränderte Voraussetzungen für die Wirksamkeit weiterer therapeutischer Interventionen. Darüber hinaus kann die Therapie abhängigen Verhaltens von der Entwicklung motivationaler Ansätze profitieren, die intentionale und volitionale Prozesse in ein therapeutisches Gesamtkonzept integrieren und so systematisch zur Stärkung einzelner Komponenten der Absichtsbildung und -realisierung beitragen.</p></p>
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